Schon vergeben?

Der Vergaberecht-Podcast von Heuking Kühn Lüer Wojtek

Unter dem Titel „Schon vergeben – Der Vergaberecht-Podcast von Heuking Kühn Lüer Wojtek“ erklärt der Podcast alle zwei Wochen praxisnah und auch für Einsteiger verständlich die Grundzüge des Vergaberechts.

19.04.2022

Folge 22: Lieferkettengesetz

In der 22. Folge unseres Vergaberechts-Podcasts geben Sarah Rose und Moritz von Voß einen Überblick über das Lieferkettengesetz und seine Auswirkungen auf das Vergabeverfahren.

Sarah Rose und Moritz von Voß sprechen in dieser Folge insbesondere folgende Punkte an:

  • Ziel und Anwendungsbereich
    Ziel des Lieferkettengesetzes (Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten) ist es, menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken in globalen Lieferketten vorzubeugen, sie zu minimieren oder ihren Eintritt zu beenden. Hierzu werden den Unternehmen im Anwendungsbereich des Lieferkettengesetzes menschenrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichten auferlegt. Der Anwendungsbereich umfasst alle Unternehmen – unabhängig von ihrer Rechtsform – mit in der Regel mehr als 3.000 Arbeitnehmern im Inland und einer Hauptverwaltung, Haupt- oder Zweigniederlassung oder einem Sitz im Inland. Das Gesetz tritt am 01.01.2023 in Kraft. Ab dem 01.01.2024 sinkt die Schwelle auf 1.000 Arbeitnehmer. Die Lieferkette im Sinne des Gesetzes bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Lieferung an den Endkunden.
  • Geschützte Rechtspositionen und Sorgfaltspflichten
    Bezugspunkt für die geschützten Rechtspositionen sind völkerrechtliche Übereinkommen, die im Anhang des Gesetzes aufgelistet sind. Die geschützten Rechtspositionen werden im Gesetz in Form von Verboten konkretisiert. Zu den menschenrechtlichen Risiken zählen danach z.B. drohende Verstöße gegen die Verbote der Kinderarbeit, der Zwangsarbeit und der Missachtung des Arbeitsschutzes. Zu den umweltbezogenen Verboten gehören u.a. das Verbot der Produktion und Verwendung bestimmter Chemikalien sowie das Verbot der nicht umweltgerechten Handhabung, Sammlung, Lagerung und Entsorgung von Abfällen. Ziel der den Unternehmen auferlegten Sorgfaltspflichten ist es, Verstößen gegen diese Verbote vorzubeugen, sie zu minimieren und zu beenden. Der Umfang der zu ergreifenden Sorgfaltsmaßnahmen findet seine Grenze im tatsächlich und rechtlich Machbaren. Zudem müssen die Unternehmen nur die Maßnahmen ergreifen, die im Einzelfall angemessen sind. Hierbei gilt ein abgestufter Sorgfaltsmaßstab, der danach differenziert, ob es sich um Risiken im eigenen Geschäftsbereich des Unternehmens handelt oder um solche im Geschäftsbereich der unmittelbaren und mittelbaren Zulieferer. Die Sorgfaltspflichten umfassen u.a. Dokumentations- und Berichtspflichten, ein Risikomanagement mit regelmäßiger Risikoanalyse, Präventions- und Abhilfemaßnahmen. 
  • Auswirkungen auf das Vergabeverfahren
    Welche Bedeutung hat das Gesetz für öffentliche Auftraggeber und die Ausgestaltung von Vergabeverfahren? Das Lieferkettengesetz nimmt unmittelbaren Bezug auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen in § 22, wonach Unternehmen bei rechtskräftig festgestellten erheblichen Verstößen bis zu einem Zeitraum von drei Jahren von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden sollen. Weitergehende Bedeutung hat das Lieferkettengesetz, soweit sich öffentliche Auftraggeber selbst als „Unternehmen“ an die Sorgfaltspflichten halten müssen. Nach der Gesetzesbegründung können unter den Begriff der Unternehmen auch juristische Personen des öffentlichen Rechts fallen, die Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Maßgeblich ist, ob die juristische Person „unternehmerische Tätigkeiten am Markt“ ausübt. Ist bereits die Beschaffung am Markt eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Lieferkettengesetzes? Damit wäre jeder Beschaffungsvorgang als unternehmerische Tätigkeit anzusehen. Der Bieter, der den Zuschlag erhält, würde zum unmittelbaren Zulieferer im Sinne des Lieferkettengesetzes. Nach Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) muss im Einzelfall geprüft werden, ob eine unternehmerische Tätigkeit am Markt ausgeübt wird (Vergabe Aktuell vom 27.09.2021/Lieferkettengesetz:Bindung der öffentlichen Hand.pdf). Anhaltspunkte hierfür seien bspw. die Erbringung entgeltlicher Leistungen, die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, oder die Marktteilnahme als Einkäufer. Das deutet darauf hin, dass ein öffentlicher Auftraggeber (mit entsprechender Arbeitnehmerzahl) an das Lieferkettengesetz gebunden ist, sobald er Leistungen am Markt beschafft. Da das Lieferkettengesetz noch nicht in Kraft getreten ist, fehlt allerdings einschlägige Rechtsprechung, mit deren Hilfe der Anwendungsbereich für die öffentliche Hand konkretisiert werden könnte.

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