06.04.2020Fachbeitrag

Newsletter Health Care, Pharma & Life Sciences 2/2020

Auftraggeber dürfen Eignungsanforderungen individuell auf den Auftrag zuschneiden

Die Vergabekammer Sachsen entschied mit Beschluss vom 11. Juni 2019 (Az.: 1/SVK/012-19), dass das Eignungserfordernis in Form einer mindestens zweijährigen Berufserfahrung von 60 % der Mitarbeiter zulässig sein kann, sofern besonders sensible und leistungsprägende Schwerpunkte eines Dienstleistungsauftrags vorliegen. Ebenfalls kann eine Abdeckung von insgesamt sechs Kriterien bei einer Referenzanforderung nach dem Beschluss der Vergabekammer Sachsen dann gerechtfertigt sein, wenn der ausgeschriebene Auftrag komplexe, medizinische Aufgaben betrifft, die besondere Erfahrung erfordern.

Eine Klinik schrieb mit Auftragsbekanntmachung vom 28. März 2019 die Vergabe eines Dienstleistungsauftrags zur Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen aus, welcher zwei Zuschlagskriterien zugrunde lagen. Zum einen wurde vom Bewerber verlangt, mindestens ein vergleichbares Referenzprojekt anzugeben. Als ein solches galten all die Projekte, die mindestens die Erbringung eines Empfangs- und Informationsdienstes, Sicherheitsdienstes, Schließdienstes, Interventionsdienstes, Parkraumanagements oder die Betreuung eines Hubschrauberlandeplatzes/Aviationsservices zum Inhalt hatten und ein bestimmtes jährliches Mindestauftragsvolumen aufwiesen. Zum anderen bestand die Anforderung, dass mindestens 60 % der für den Einsatz vorgesehenen Mitarbeiter/innen seit bereits zwei Jahren im Sicherheitsdienst einer Klinik tätig gewesen sein müssen.

Ein Bewerber rügte diese Anforderungskriterien als vergaberechtswidrig, da das dadurch festgesetzte Anforderungsprofil den Wettbewerb zu stark einschränke. Es seien jene Unternehmen von vornherein ausgeschlossen, die zwar bereits vergleichbare Dienstleistungen für Landes- oder Bundesbehörden für bestimmte Liegenschaften ausgeführt hätten, nicht jedoch für eine medizinische Einrichtung.

Festlegung der Eignungskriterien obliegt dem Auftraggeber

Die Vergabekammer Sachsen wies den Nachprüfungsantrag des Bewerbers als unbegründet zurück. Als Begründung führte sie an, dass sich die Zulässigkeit von Eignungskriterien zunächst anhand von § 122 Abs. 2 Satz 2 GWB bestimme, die Festlegung der jeweiligen Eignungskriterien danach jedoch allein dem Auftraggeber obliege und in dessen Ermessen stehe. Einzig § 122 Abs. 4 GWB ordne an, dass die besagten Kriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu dem Auftragsgegenstand in einem angemessenen Verhältnis stehen müssten.

Gefahrgeneigte Tätigkeit kann besondere Eignungsanforderungen bzgl. Personal begründen

In der Sache stellte die Vergabekammer Sachsen fest, dass insbesondere für den Fall einer besonderen Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit auch strenge (Mindest-)Anforderungen eines potentiellen Auftragnehmers zulässig seien, da dann aufgrund der Natur der zu vergebenden Leistung ein besonderes Maß an Eignung erwartet werden müsse.

Krankenhausumfeld kann spezielle personelle Erfahrung erfordern 

Die im vorliegenden Fall erhobene Forderung nach einer mindestens zweijährigen, einschlägigen Erfahrung von 60 % der für den Einsatz vorgesehenen Mitarbeiter/innen im Sicherheitsdienst stellte nach Ansicht der Vergabekammer eine Eignungsanforderung dar, die die technische und berufliche Leistungsfähigkeit des Bieters betreffe und mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und mit diesem in einem angemessenen Verhältnis nach § 122 Abs. 4 GWB stehe. Begründet wird dies damit, dass der Einsatzbereich der Mitarbeiter in Krankenhäusern und Kliniken, so wegen teils aggressiven Patienten, zunehmend überlasteten Notaufnahmen, dem Einsatz in Psychiatrien und einer Vielzahl von Besuchern nach Auffassung der Vergabekammer ein besonderes, „gefahrgeneigtes“ und sensibles Umfeld darstelle, welches ein verantwortungsvolles Verhalten in Notsituationen erfordere und sich nicht mit Einsatzbereichen beispielsweise in Behörden oder bei Großveranstaltungen gleichsetzen lasse. Auch sei der geforderte Anteil von 60 % der Mitarbeiter, die über einschlägige Erfahrung verfügen sollten, angemessen und verhältnismäßig, da er auf nachvollziehbaren Erkenntnissen des Sicherheitsmanagements beruhe.

Forderung eines Referenzprojekts mit sechs Kriterien nicht unverhältnismäßig

Ferner sieht die Vergabekammer Sachsen die Einschränkung des geforderten Referenzprojekts auf die insgesamt sechs unterschiedlichen genannten Kriterien als nicht unverhältnismäßig an, da die geforderten Tätigkeiten bis auf jene im Zusammenhang mit dem Hubschrauberlandeplatz/Aviationservice für sie nur als „durchschnittlich“ anspruchsvoll gelten. Zudem spricht nach Auffassung der Vergabekammer auch die Tatsache, dass lediglich eine einzige einschlägige Referenz vom Auftraggeber verlangt wurde, gegen eine Unangemessenheit der Referenzforderung.

Fazit

Durch den Beschluss der Vergabekammer Sachsen wird verdeutlicht, dass es Auftraggebern erlaubt ist, die Eignungsanforderungen in dem ihnen zustehenden Ermessen individuell auf den auszuschreibenden Auftrag zuzuschneiden. Dies gilt auch dann, wenn dadurch der potentielle Anbieterkreis eingeschränkt werden sollte, sofern es sachlich gerechtfertigt sowie verhältnismäßig ist und die Kriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu ihm in einem angemessenen Verhältnis stehen.

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