22.03.2024Fachbeitrag

Update Health Care 1/2024

Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen

Am 13.03.2024 wurde der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) veröffentlicht. Neben der Einteilung der Krankenhäuser in Leistungsgruppen und der Einführung einer Vorhaltefinanzierung ist die Etablierung sektorenübergreifender Versorgungseinrichtungen (Level Ii-Krankenhäuser) eine der großen Änderungen im Rahmen des KHVVG.

Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen sind dabei nach dem KHVVG Plankrankenhäuser, die wohnortnah stationäre Krankenhausbehandlung mit ambulanten und pflegerischen Leistungen verbinden und sind daher als Grundlage für weitere Schritte hin zu einer sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung zu verstehen. Welches Krankenhaus eine sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung wird, wird von den für die Landeskrankenhausplanung zuständigen Behörden im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen durch Bescheid bestimmt. Nach der Gesetzesbegründung sollen sich auch bettenführende Primärversorgungszentren (PVZ), Regionale Gesundheitszentren (RGZ), integrierte Gesundheitszentren oder andere ambulant-stationäre Zentren zu sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen entwickeln können.

Grundsätzliches

Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen sind in erster Linie Krankenhäuser im Sinne von § 107 Abs. 1 SGB V, wobei der Leistungsrahmen im akutstationären Bereich sich voraussichtlich schwerpunktmäßig auf die Leistungsgruppen allgemeine innere Medizin, Geriatrie und allgemeine Chirurgie beschränken wird. Als Krankenhäuser können sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen auch medizinische Versorgungszentren (MVZ) gründen.

Unter sektorenübergreifenden Leistungen versteht man insbesondere:

  • ambulante Leistungen aufgrund einer Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung,
  • ambulantes Operieren,
  • medizinisch-pflegerische Versorgung,
  • belegärztliche Leistungen, soweit vom Versorgungsauftrag des Landes erfasst,
  • Übergangspflege,
  • Kurzzeitpflege,
  • Kurzzeitpflege,
  • Tagespflege und Nachtpflege.

Für sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen werden die medizinisch-pflegerische Versorgung als neue Versorgungsform etabliert sowie zusätzliche ambulante Versorgungsmöglichkeiten, u. a. in der hausärztlichen Versorgung, geschaffen.

Medizinisch-pflegerische Versorgung

Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen können somit eine Krankenbehandlung als medizinisch-pflegerische Versorgung erbringen, wobei diese entweder durch Vertragsärzte verordnet oder durch andere Krankenhäuser veranlasst wird. Voraussetzung ist, dass für die Versicherten eine ambulante ärztliche Behandlung

  • auf Grund ihrer individuellen Verfassung,
  • der persönlichen Lebenssituation oder
  • wegen bestehender Vor- oder Begleiterkrankungen nicht ausreichend ist,

weil neben dem medizinischen Behandlungsanlass ein besonderer pflegerischer Bedarf besteht. Besondere – aber nicht ausschließliche – Zielgruppe der medizinisch-pflegerischen Versorgung sind pflegebedürftige Patientinnen und Patienten

Die ärztlichen Leistungen der medizinisch-pflegerischen Versorgung können auch von Vertragsärzten, mit denen die sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen hat, erbracht werden.

Ambulante Versorgungsmöglichkeiten

Neben der Möglichkeit MVZs zu gründen, sieht das KHVVG noch die Möglichkeit vor, dass Krankenhäuser und sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden. Während bei Krankenhäusern im Vergleich zur aktuellen gesetzlichen Lage lediglich die Überprüfungspflicht nach 2 Jahren entfällt, ist bei sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen die Feststellung einer eingetretenen Unterversorgung nicht erforderlich, sondern es reicht eine festgestellte drohende Unterversorgung aus. Der Anspruch besteht allerdings nur, solange und soweit die Ermächtigung zur Deckung einer (drohenden) Unterversorgung erforderlich ist, so dass eine Leistungserbringung durch niedergelassene Vertragsärzte und medizinische Versorgungszentren vorrangig ist.

Die wichtigste Neuerung ist sicherlich, dass der Zulassungsausschuss sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen in Planbereichen, in denen für die hausärztliche Versorgung keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf deren Antrag zur hausärztlichen Versorgung ermächtigen muss. Anders als bei den vorgenannten Ermächtigungen, die hinsichtlich der Dauer der Ermächtigung an das Bestehen der Unterversorgung, des zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs oder der drohenden Unterversorgung in der jeweiligen ärztlichen Fachgruppe anknüpfen, wird die Ermächtigung zur hausärztlichen Versorgung unbefristet ausgestaltet. Durch die Beteiligung von sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen an der allgemeinmedizinischen Versorgung soll ein dauerhaftes, für die Patientinnen und Patienten verlässliches Versorgungsangebot aufgebaut und eine planbare Weiterbildung für Fachärzte für Allgemeinmedizin geschaffen werden. Vor diesem Hintergrund gilt § 31 Absatz 7 der Zulassungsverordnung für Ärzte für Ermächtigungen nach dieser Vorschrift nicht.

Vergütung

Die Vergütung der meisten sektorenübergreifenden Leistungen erfolgt nach den schon bisher geltenden Regelungen. Die Vergütung der medizinisch-pflegerischen Versorgung sowie die Vergütung der voll- und teilstationären Leistungen erfolgt durch krankenhausindividuelle Tagesentgelte. Die diesbezüglichen Vergütungsregelungen sind komplex, so werden auf Bundesebene die Einzelheiten zu Verhandlungen des Gesamtvolumens und der Bestimmung der krankenhausindividuellen Tagesentgelte festgelegt; anschließend wird auf Ortsebene für die voll- und teilstationären Leistungen sowie die medizinisch-pflegerische Versorgung ein finanzielles Gesamtvolumen vereinbart, welches in

  • ein Tagesentgelt inklusive ärztlicher Leistungen durch Krankenhausärzte sowie dessen Degression
  • ein verringertes Tagesentgelt bei ärztlicher Leistung durch zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte sowie dessen Degression, und
  • soweit es für eine sachgerechte Vergütung erforderlich ist, weitere krankenhausindividuelle Tagesentgelte mit Degression

aufzuteilen ist.

Ausblick

Die Einführung sektorübergreifender Versorgungseinrichtungen markiert einen bedeutenden Schritt hin zu einer sektorübergreifenden Gesundheitsversorgung. Die Integration von Leistungen und Ressourcen über die Sektoren hinweg kann neue Möglichkeiten zur Optimierung der Versorgungsqualität und Effizienz bieten.

Die Herausforderungen liegen nun vor allem in der praktischen Umsetzung, der Sicherstellung der Finanzierung und der Schaffung geeigneter Infrastruktur. Es bleibt insbesondere spannend, wie sich die Pläne, sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen zukünftig fast überall die Möglichkeit zu geben, hausärztliche Versorgung anzubieten, auf die derzeitige hausärztliche Versorgung und deren generelle Sicherstellung auswirken werden.

Angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass bei kleineren Krankenhäusern, welche als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung in Betracht kommen, tendenziell vorgehaltene Fachbereiche zum Teil abgebaut werden und eine stärkere Orientierung zum ambulanten und pflegerischen Bereich stattfinden wird, sollten Träger derartiger Krankenhäuser sich schon jetzt Gedanken machen, welche zusätzlichen Leistungen im ambulant-pflegerischen Bereich ggfs. erbracht werden können und welche Investitionen sinnvoll sind. Hier dürften insbesondere telemedizinische Investitionen interessant sein, da dann aufgrund der Unterstützung kooperierender Krankenhäuser weitere Leistungen außerhalb des zu vereinbarenden Leistungsrahmens erbracht werden können.

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