15.06.2013Fachbeitrag

Update Compliance 150

BGH: Zu den Grenzen privater Ermittlungsmaßnahmen

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil hat sich der BGH mit den Grenzen privater Ermittlungsmaßnahmen auseinandergesetzt. Konkret hat der BGH entschieden, dass sich Privatermittler, die im Auftrag von Unternehmen oder Privatpersonen Nachforschungen anstellen, grundsätzlich gem. §§ 43 Abs. 2 Nr. 1, 44 Abs. 1 BDSG strafbar machen, wenn sie Daten über ihre „Zielpersonen“ mittels GPS-Ortung erheben. Die Entscheidung macht jedoch auch deutlich, unter welchen Umständen die Ermittlungen zulässig sein können. Dies ist auch für sog. Internal Investigations in Unternehmen von Bedeutung.

Nur in engen Ausnahmefällen berechtigtes Interesse an Datenerhebung

Im zu Grunde liegenden Fall hatten der Betreiber einer Detektei und seine Mitarbeiter im Auftrag von Unternehmen und Einzelpersonen Nachforschungen über das berufliche oder private Verhalten bestimmter Personen angestellt. Zu diesem Zweck hatten sie unbemerkt GPS-Empfänger an den Fahrzeugen ihrer „Zielpersonen“ befestigt und die sich daraus ergebenden Bewegungsprofile für ihre Nachforschungen genutzt.

Das LG Mannheim hat die Angeklagten wegen unbefugter Datenerhebung zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt. Der BGH hat diese Verurteilungen nur teilweise bestätigt. Er verwies darauf, dass in engen Ausnahmefällen ein berechtigtes Interesse an einer Datenerhebung durch die Überwachung mittels GPS-Technik bestehen könne. Das berechtigte Interesse könne dazu führen, dass die Datenerhebung nicht, wie vom Tatbestand des § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG gefordert, unbefugt sei.

Der BGH zog zur Auslegung der Erlaubnistatbestände des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG und des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG die EU-Datenschutzrichtlinie heran. Er kam zu dem Ergebnis, dass eine Datenerhebung gestattet sein könne, wenn schutzwürdiges Interesse und die Grundrechte der betroffenen Person das berechtigte Interesse des Auftraggebenden nicht überwiegen. Konkret komme als berechtigtes Interesse des Auftraggebers ein Beweisführungsinteresse in Betracht. Das Interesse an der Datenerhebung zur Beweisführung könne die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen zulässig machen, wenn ex-ante bezogen auf den Zeitpunkt der Datenerhebung 1. ein konkreter Verdacht gegen den Betroffenen besteht, 2. die detektivische Tätigkeit zur Klärung der Beweisfrage erforderlich ist und 3. keine anderen milderen Maßnahmen als genügend erscheinen.

Konkret urteilte der BGH, dass ein Unternehmen ein berechtigtes Interesse an der Datenerhebung haben könne, wenn Mitarbeiter in dem Verdacht stehen, eine Untreue zum Nachteil des Unternehmens zu begehen, im Krankenstand „schwarz“ zu arbeiten oder gegen ein Wettbewerbsverbot zu verstoßen.

Aus diesem Grund hob der BGH das Urteil in den Fällen auf, in denen die Auftrag gebenden Unternehmen aufgrund des Verdachts von Straftaten ihrer (ehemaligen) Mitarbeiter ein finanzielles Interesse an der Beweisführung hatten. Das LG Mannheim muss nun erneut Beweise zu diesen Fällen erheben und klären, ob im Einzelfall die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen aufgrund der berechtigten Interessen der Unternehmen zulässig war.

Ausstrahlungswirkung auf interne Ermittlungen

Die Entscheidung hat Ausstrahlungswirkung für die Reichweite und Grenzen sog. "Internal Investigations":

Der BGH hat unterstrichen, dass Unternehmen ein berechtigtes Interesse an Privatermittlungen über ihre Mitarbeiter haben können, das im Einzelfall auch das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter überwiegt. Dies wird sich regelmäßig jedoch nur dann ergeben, wenn dem Unternehmen ein finanzieller Nachteil aufgrund von Straftaten oder unlauterem Verhalten droht und dem Unternehmen keine anderen geeigneten Erkenntnismöglichkeiten offen stehen. Der BGH hat auch deutlich gemacht, dass der Weg in derartig überwachende Ermittlungen wie im vorliegenden Fall nur offen stehen kann, wenn bereits ein konkreter Verdacht gegen den Mitarbeiter besteht. Ermittlungen „auf gut Glück“ werden immer unzulässig sein.

Praxishinweis

Aus dem Judikat lassen sich auch Rückschlüsse für die rechtliche Bewertung anderer Arten der Datenerhebung im Rahmen von internen Ermittlungen in Unternehmen ziehen. Denn sofern ein Unternehmen sogar im Ausnahmefall Mitarbeiter mit GPS-Sender überwachen darf, muss ihm bei einer entsprechenden Interessenlage erst Recht die Möglichkeit eingeräumt sein, weniger grundrechtsintensive Datenerhebungen zu internen Ermittlungszwecken durchzuführen.

Als PDF herunterladen
Als PDF herunterladen

Sie benutzen aktuell einen veralteten und nicht mehr unterstützten Browser (Internet-Explorer). Um Ihnen die beste Benutzererfahrung zu gewährleisten und mögliche Probleme zu ersparen, empfehlen wir Ihnen einen moderneren Browser zu benutzen.