07.06.2014Fachbeitrag

Update Immobilien&Bau 7/2014

Vollmachtsnachweis für WEG-Verwalter gemäß § 174 Satz 1 BGB

Zurückweisung einer durch den WEG-Verwalter erklärten Kündigung wegen fehlendem Vollmachtsnachweis (BGH, Urteil vom 20.02.2014 – III ZR 443/13):

Sachverhalt

Zwischen einer WEG und einem Hausbetreuerservice bestand ein Hausmeistervertrag. Der Vertrag hatte eine Vertragslaufzeit von 5 Jahren und konnte erst zum Ablauf dieser Vertragslaufzeit ordentlich gekündigt werden.

In einer Eigentümerversammlung beschloss die WEG auf-grund Schlechtleistung den Vertrag außerordentlich zu kündigen und beauftragte den Hausverwalter die Kündigung gegenüber dem Hausbetreuerservice auszusprechen. Der WEG-Verwalter teilte dem Hausbetreuerservice schriftlich mit, dass er in Ausführung des Beschlusses der WEG den Haus-meistervertrag fristlos kündige und begründete die fristlose Kündigung mit der permanenten Schlechtleistung der Mitarbeiter des Hausbetreuerservices. Der Kündigung widersprach der Hausbetreuerservice und rügte insbesondere die fehlende „Vollmacht/Vollmachtsvorlage“ des Verwalters.
Mit der anschließend erhobenen Klage machte der Hausbetreuerservice die Zahlung der vertraglichen Vergütung geltend u.a. mit der Begründung, dass die Kündigung nicht wirksam erfolgt sei.

Entscheidung

Gegenstand der Entscheidung des BGH war u.a. die Frage, ob und inwieweit der Verwalter einer WEG bei einer einseitigen Willenserklärung die bestehende Vollmacht durch Vorlage von Originalvollmachtsdokumenten nachzuweisen hat und inwieweit deshalb gemäß § 174 Satz 1 BGB, soweit dies nicht der Fall ist, die Kündigung als unwirksam zurückgewiesen werden kann.

Hierzu stellte der BGH zunächst klar, dass, soweit die Vertretungsmacht auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, eine Zurückweisung gemäß § 174 Satz 1 BGB ausscheidet. Hinter-grund ist derjenige, dass die gesetzliche Vertretungsmacht nicht auf einer Willensentscheidung des Vertretenen beruht, sondern auf einer gesetzlichen Festlegung. Eine solche Vertretungsmacht, so dies denn überhaupt möglich ist, muss nicht durch eine Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden. Sollten diesbezüglich Unsicherheiten bestehen, mutet der BGH diese Unsicherheiten dem Erklärungsempfänger zu.

Dasselbe gilt für die organschaftliche Vertretungsmacht. Die organschaftliche Vertretungsmacht beruht auf der Bestellung des Vertreters zum Organ einer juristischen Person, die nur durch ihre Organe am Rechtsverkehr teilnehmen kann. Der etwaigen Unsicherheit über die in Anspruch genommene organschaftliche Vertretungsmacht wirkt grundsätzlich die vorgeschriebene Eintragung des Vertreters als Organ in ein öffentliches Register entgegen. Aus diesem Register ergeben sich in der Regel die Personen des Organs und der Umfang ihrer Vertretungsmacht, weshalb ein weitergehender Nachweis im Rahmen einer einseitigen Willenserklärung nicht erforderlich ist. Etwas anderes gilt jedoch für die organschaftliche Vertretung von juristischen Personen, für welche es kein öffentliches Register gibt, beispielsweise die BGB-Gesellschaft. Auf die BGB-Gesellschaft wendet der BGH ungeachtet der Tatsache, dass diese teilrechtsfähig ist, § 174 BGB mit der Folge an, dass der jeweils für die Gesellschaft handelnde Geschäftsführer seine Bevollmächtigung nachzuweisen hat.

Für den Verwalter einer WEG stellt der BGH zunächst klar, dass es sich um einen Fall der organschaftlichen Vertretung handelt, da der Verwalter sowohl gesetzlicher Vertreter der Wohnungseigentümer, andererseits auch Organ der Gemeinschaft ist, soweit ihm im Rahmen des § 27 WEG in bestimmtem Umfang Vertretungsbefugnisse eingeräumt sind.

Dies soll, wie der BGH ausführt, selbst für den Fall des § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG gelten, wonach sich die Vertretungsbefugnis nicht allein aus dem Gesetz ergibt, sondern zusätzlich noch einer Vereinbarung bzw. eines Ermächtigungsbeschlusses durch die WEG bedarf.

Da sich jedoch im Fall des § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG weder aus einem Register, noch sonst für den Geschäftsverkehr überprüfbar ergibt, ob und inwieweit tatsächlich dem Verwalter durch eine Vereinbarung oder einen Ermächtigungsbeschluss eine entsprechende Vertretungsmacht eingeräumt ist, sieht der BGH den Schutzzweck des § 174 Satz 1 BGB für eröffnet an und fordert entsprechend § 174 Satz 1 BGB die Vorlage entsprechender Bevollmächtigungsdokumente. Er begründet dies damit, dass der am einseitigen Rechtsgeschäft nicht willentlich Beteiligte ein schützenswertes Interesse an Sicherheit darüber habe, ob der handelnde Verwalter bevollmächtigt war und das Rechtsgeschäft Wirksamkeit er-langt hat.

Zum Anspruch des Verwalters auf Ausstellung einer Vollmachtsurkunde verweist der BGH lapidar auf § 27 Abs. 6 WEG, wonach der Verwalter von den Wohnungseigentümern die Ausstellung einer entsprechenden Vollmachtsurkunde verlangen kann.

Im Ergebnis kommt der BGH deshalb dazu, dass eine Kündigung, die ohne solche entsprechenden Vollmachtsdokumente ausgesprochen worden ist, unter Hinweis auf § 174 BGB zu-rückgewiesen werden kann.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist schlüssig, da sich tatsächlich aus § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG nicht ergibt, inwieweit eine Vertretungsmacht für den Verwalter besteht. Anders als bei der organschaftlichen Vertretung, beispielsweise des Geschäftsführers einer GmbH, die unbeschränkt ist, enthält § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG keine unbegrenzte Vertretungsmacht, sondern fordert darüber hinaus das Vorliegen einer Vereinbarung oder eines Ermächtigungsbeschlusses.

Soweit im Hinblick auf Kündigungen Fristen einzuhalten sind, kann diese Entscheidung schwerwiegende Folgen haben, da, soweit eine Kündigung deshalb zurückgewiesen werden kann, möglicherweise ein Rechtsverhältnis noch über einen längeren Zeitraum fortbesteht und zu einem Schaden desjenigen führt, der die Kündigung erklären wollte. Problematisch ist insoweit, wie in der Kürze der Zeit entsprechende Dokumente gefertigt werden können, um einem entsprechenden Vollmachtsnachweis genüge zu tun. In dieser Hinsicht ist die Entscheidung wenig praxisgerecht und liefert auch keine Hinweise darauf, wie diese Vertretungsdokumente auszusehen haben.

Der BGH weist diesbezüglich zwar auf § 27 Abs. 6 WEG hin, wonach der Verwalter die Ausstellung einer Vollmachts- und Ermächtigungsurkunde verlangen kann. Problematisch ist je-doch, wie ein solches Dokument ausgestellt werden soll. Hierzu sieht § 27 Abs. 6 WEG vor, dass es grundsätzlich von allen Wohnungseigentümern zu unterschreiben ist. Hiervon macht § 27 Abs. 3 Satz 3 WEG eine Ausnahme dahingehend, dass die Wohnungseigentümer durch Beschluss mit Stimmenmehrheit einen oder mehrere Wohnungseigentümer zur Ausstellung ermächtigen können. Dies sollte gemeinsam mit der Ermächtigung zur Kündigung in dem entsprechenden Ermächtigungsbeschluss bereits insoweit geschehen, dass die-se namentlich benannten Personen ermächtigt werden, eine entsprechende Vollmacht an den WEG-Verwalter zu erteilen.

Bei einer großen WEG dürfte es ausgeschlossen sein, dass alle Wohnungseigentümer ein Vollmachtsdokument für den Verwalter unterzeichnen. In der Praxis wird deshalb lediglich in Betracht kommen, dass in einem Mehrheitsbeschluss einzelne Eigentümer ermächtigt werden, ein entsprechendes Vollmachtsdokument für den Verwalter zu erstellen. Liegt ein solches Vollmachtsdokument, welches nur von einzelnen Eigentümern unterzeichnet ist, vor, kann diesem der Rechts-verkehr jedoch dennoch nicht entnehmen, ob sich hieraus eine Vertretungsmacht ergibt oder nicht, ohne dass dem Rechtsverkehr der entsprechende Beschluss der WEG zur Kenntnis gebracht wird. Dem Vollmachtsdokument wäre des-halb, sofern man fordert, dass die Bevollmächtigung auf den Vollmachtsgeber, die WEG, zurückzuführen sein muss, auch der Nachweis beizufügen, dass ein solcher Mehrheitsbeschluss gefasst worden ist. Dies kann wohl nur durch das Protokoll der entsprechenden Sitzung erfolgen.

Damit wäre jedoch weiterhin nicht der Nachweis geführt, dass es sich bei dem Verwalter tatsächlich um den Verwalter der WEG handelt, da nur dieser nach § 27 Abs. 3 WEG bevollmächtigt werden kann. Da sich dies aus einem öffentlichen Register nicht ergibt, müsste fernerhin einem solchen Nachweis auch noch der Nachweis beigefügt werden, dass die entsprechende Person zum Verwalter bestellt ist. Dies könnte, sofern die Bestellung in einer Eigentümerversammlung er-folgt ist, dann wiederum nur durch die Beifügung des damals gefassten Beschlusses erfolgen.

Alle diese Dokumente müssten gemäß § 174 BGB jeweils im Original der Kündigung beigefügt werden.

Konsequent zu Ende gedacht wäre deshalb für die durch den Verwalter auszusprechende Kündigung erforderlich, dass (1) der Beschluss zur Bestellung des Verwalters (2) der Beschluss zur Ermächtigung einzelner Eigentümer ein Vollmachtsdokument für den Verwalter auszustellen (3) der Beschluss, eine Kündigung auszusprechen und (4) das von den Wohnungseigentümern ausgestellte Vollmachtsdokument dem Kündigungsschreiben im Original beigefügt werden.

In der rechtsanwaltlichen Beratung kann deshalb nur empfohlen werden, frühzeitig auf das Vorliegen solcher Dokumente hinzuwirken, da andernfalls notwendige Kündigungsfristen nur schwer einzuhalten sein werden.

Zu diesen praktischen Fragen und insbesondere dazu, ob der Vollmachtsnachweis so umfassend zu verstehen ist, äußert sich der BGH in dem Urteil nicht.

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