06.01.2017Fachbeitrag

Update Compliance 1/2017

BaFin führt elektronisches Meldesystem zur Abgabe anonymer Hinweise auf Verstöße ein

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat zum 1. Januar 2017 ein elektronisches Meldesystem eingeführt, das die Anonymität von Hinweisgebern gewährleisten soll. Die BaFin könne trotz der anonymen Meldung jedoch im Kontakt mit dem Whistleblower bleiben, um Rückfragen zu stellen. Die bisherigen Kommunikationskanäle (Post, E-Mail, telefonisch, persönlich) bleiben bestehen.

Die BaFin ist gem. § 4d Abs. 1 Satz 1 FinDAG verpflichtet, eine Hinweisgeberstelle einzurichten, an die Verstöße gegen Vorschriften, deren Einhaltung die BaFin zu beaufsichtigen hat, gemeldet werden können. Damit will die BaFin sich die Kenntnisse von Personen mit erschließen, die als Angestellte oder weil sie in einer Vertrags- oder Vertrauensbeziehung zu kapitalmarktorientierten Unternehmen stehen besondere Einblicke in Interna dieser Firmen haben.

Um auch solchen Hinweisgebern, die negative Konsequenzen einer Meldung fürchten, größtmöglichen Schutz zu gewähren, ist auch eine anonyme Meldung möglich (§ 4d Abs. 1 Satz 2 FinDAG). Das neue System soll die Anonymität des Hinweisgebers gewährleisten, gleichzeitig aber eine Kontaktaufnahme der BaFin zum Zwecke von Rückfragen ermöglichen.

Zwar darf die BaFin gem. § 4d Abs. 3 Satz 1 FinDAG ohnehin die Identität eines Hinweisgebers nicht preisgeben, ohne zuvor dessen ausdrückliche Zustimmung einzuholen. Eine Ausnahme besteht allerdings für Strafverfolgungsmaßnahmen, im Rahmen derer die Identität mitgeteilt werden muss.

Die Einführung eines Meldesystems, das es ermöglicht, dass die BaFin die Identität des Whistleblowers selbst nicht erfährt, begegnet zwar Bedenken. Denn anonyme Hinweise sind schon strukturell unzuverlässig: Nicht selten nutzen rachsüchtige Mitarbeiter, geschasste Arbeitnehmer, Konkurrenten oder sonst Böswillige die Anonymität dazu, unliebsame Dritte anzuschwärzen. Denn Konsequenzen wegen Verleumdung, falscher Verdächtigung oder Kreditgefährdung drohen nicht, solange die Identität geheim bleibt.

Allerdings mildert die Einführung des anonymen Hinweisgebersystems der BaFin diese Nachteile insoweit ab, als die Behörde Kontakt zu anonymen Meldenden aufnehmen und nachhaken, Vorwürfe ggf. falsifizieren oder Belastendes substantiieren kann.

Im Aufsichtsverfahren dürfte das Hinweisgebersystem sicherlich Hilfe bieten, wird die BaFin doch auf potentielle Missstände hingewiesen, die sie mit verwaltungsrechtlichen Mitteln beseitigen kann. Im Bußgeld- oder Strafverfahren wird die anonyme Meldung indes kaum zum tauglichen Beweismittel werden. Die Identität des Belastungszeugen, die Motivation seiner Auskunft und die Umstände, unter denen er seine Aussage macht, sind von erheblicher Bedeutung für seine Glaubwürdigkeit und damit auch die Glaubhaftigkeit seiner Meldung. Eine anonyme Meldung (allein) kann damit allenfalls - aber immerhin! - Anstoß für Ermittlungen geben.

Praxishinweis: Hinweisgebersysteme sind auch für Unternehmen eine effektive Möglichkeit, frühzeitig von Schädigungen oder gar Straftaten innerhalb ihres Betriebes Kenntnis zu nehmen. Für Unternehmen, die der BaFin-Aufsicht unterliegen, ist ein eigenes Hinweisgebersystem schon deshalb zu empfehlen, damit sie whistle blowern eine eigene Plattform bieten, Meldungen abzugeben. So erfährt nicht die Finanzmarktaufsicht als erstes von den Missständen, sondern das Unternehmen - und kann schnell Abhilfe schaffen.

Die Einrichtung von Hinweisgebersystemen bedarf der Beachtung arbeitsrechtlicher, datenschutzrechtlicher und strafprozessrechtlicher Aspekte. Derzeit wird die Frage, ob und inwieweit die Dokumentation von whistle-blower-Meldungen sicher vor dem Zugriff von Strafverfolgungsbehörden ist, intensiv diskutiert.

HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK ist als externe Meldestelle für diverse Unternehmen tätig. Die Anwälte der Praxisgruppe Wirtschafts- und Steuerstrafrecht befassen sich regelmäßig mit Fragen der Einführung und Unterhaltung von whistle blower-Hotlines. Für Ihre Rückfragen stehen sie Ihnen unter compliance(at)heuking.de zur Verfügung.

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