04.03.2015Fachbeitrag

Newsletter Arbeitsrecht März 2015

Vorsorgliche Kündigung zum nächstzulässigen Termin

BAG Urteil vom 10.4.2014 – 2 AZR 647/13

Auch eine rein vorsorglich („hilfsweise“) erklärte Kündigung zum nächstzulässigen Termin ist wirksam, wenn der Kündigungstermin für den Arbeitnehmer bestimmbar ist.

Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Arbeitnehmer war seit Juli 2000 als Servicetechniker beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sah eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Quartalsende vor und verwies im Übrigen auf Tarifverträge des Hessischen Einzelhandels, wonach eine Kündigungsfrist von 5 Monaten zum Monatsende galt. Die gesetzliche Kündigungsfrist gemäß § 622 BGB betrug 4 Monate zum Monatesende. Im Jahr 2007 traten wirtschaftliche Schwierigkeiten beim Arbeitgeber auf. Dem Arbeitnehmer wurde vorgeschlagen in einem anderen Unternehmen, der H-KG, anzufangen. Die H-KG arbeitete mit der Arbeitgeberin als technischer Kundenservice zusammen. Ohne dass sein altes Arbeitsverhältnis gekündigt oder schriftlich aufgehoben wurde, schloss der Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag mit der H-KG mit Wirkung zum 1. Juli 2007; Zeugnis, Sozialversicherungsnachweis und Lohnsteuerkarte wurden ihm jedoch ausgehändigt. Am 29. Juli 2011 wurde das ursprüngliche Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gekündigt „vorsorglich zum nächstzulässigen Zeitpunkt“..., obwohl wir der Meinung sind, dass das Arbeitsverhältnis bereits in 2007 beendet wurde.“ Das BAG hielt diese Kündigung für wirksam.

Eine „vorsorgliche“ oder „hilfsweise“ ausgesprochene Kündigung ist zulässige Rechtsbedingung im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB

Ausgangspunkt der Überlegungen des BAG ist § 158 Abs. 2 Satz 1 BGB. Wird eine Kündigung „vorsorglich“ oder „hilfsweise“ ausgesprochen, ist dies keine Bedingung, die einer Wirksamkeit der Kündigung entgegenstünde. Der Zusatz „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ mache lediglich deutlich, dass sich der Arbeitgeber in erster Linie auf einen anderen Beendigungstatbestand berufe (vgl. auch BAG vom 23.5.2014 – 2 AZR 54/12). Es handele sich somit um eine zulässige auflösende  Rechtsbedingung i.S.v. § 158 Abs. 2 BGB. Die Wirkung endet, wenn feststeht, dass das Arbeitsverhältnis bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst worden ist. Da im vorliegenden Fall das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zuvor nicht schriftlich gemäß § 623 BGB beendet worden ist, ist diese Rechtsbedingung eingetreten und diese Kündigung stellt den maßgeblichen Beendigungstatbestand dar.

Keine Angabe eines Beendigungszeitpunkts erforderlich, wenn dieser für den Arbeitnehmer bestimmbar ist

Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert nach Ansicht des BAG auch nicht daran, dass im Kündigungsschreiben kein Beendigungszeitpunkt ausdrücklich benannt wurde. Das BAG bestätigt seine Rechtsprechung, wonach ein Kündigungsschreiben nicht unbedingt ein konkretes Datum enthalten muss, wenn der Arbeitnehmer die Frist bestimmen kann, ohne umfassende Ermittlungen anstellen oder schwierige Rechtsfragen beantworten zu müssen. In diesem Zusammenhang ist es laut BAG dem Arbeitnehmer insbesondere auch zumutbar, sich selbst über den Inhalt eines Tarifvertrags zu informieren und aus sich widersprechenden Kündigungsfristen (Vertrag, Gesetz, Tarifvertrag) die richtige Frist zu ermitteln.

Praxisempfehlung

Sofern es sich um eine „Folgekündigung“ eines bereits gekündigten oder anderweitig vermeintlich beendeten Arbeitsverhältnisses handelt, sollte in der Kündigung allerdings klargestellt werden, dass es sich um eine vorsorgliche Kündigung eines etwaig noch bestehenden Arbeitsverhältnisses handelt und nicht das „bestehende“ Arbeitsverhältnis gekündigt wird, wenn die Kündigungsfrist der vorherigen Kündigung bereits abgelaufen ist.

Auch wenn es möglich ist, lediglich zum nächstzulässigen Termin zu kündigen, empfehlen wir zudem die Angabe eines konkreten Beendigungsdatums verbunden mit dem Zusatz, dass die Kündigung vorsorglich zum nächstzulässigen Termin erfolgt.

Fazit

Vorsorgliche Kündigungen sind möglich. Sie sind auch wirksam, wenn drei sich widersprechende Kündigungsfristen einschlägig sind und der Arbeitgeber den Beendigungstermin nicht konkret bezeichnet.

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