27.03.2024Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht März 2024

Keine Vergütung für nicht erbrachte Arbeitsleistung im Homeoffice

LAG Mecklenburg-Vorpommern 28.09.2023 - 5 Sa 15/23

Die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice bietet zweifelsohne evidente Vorteile sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Die Kehrseite hiervon ist für den Arbeitgeber allerdings ebenso offensichtlich: er riskiert und akzeptiert bei der Ermöglichung von Homeoffice die Einschränkung seiner Kontrollmöglichkeiten über die tatsächliche Arbeitsleistung der Angestellten.

Auch im Homeoffice gilt grundsätzlich, dass die Vergütungspflicht des Arbeitgebers entfällt, wenn der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringt (ohne Arbeit kein Lohn). Nach dem LAG Mecklenburg-Vorpommerns trägt der Arbeitgeber allerdings auch im Homeoffice die Darlegungs- und Beweislast, wenn er den Verdacht hegt, dass der Arbeitnehmer seiner Arbeit nicht nachgeht (LAG Mecklenburg-Vorpommern 28.09.2023 - 5 Sa 15/23).

Sachverhalt

Die Klägerin war als Pflegemanagerin und leitende Fachkraft bei der Beklagten in einer Tagespflegeeinrichtung sowie einer Einrichtung des betreuten Wohnens tätig. Sie war verpflichtet, ihre Arbeitszeiten monatlich in einer vorgegebenen Tabelle nach Arbeitsbeginn und Arbeitsende zu erfassen. Ihr war es zudem gestattet, im Homeoffice zu arbeiten. Die Klägerin hatte insbesondere die Aufgabe, das Qualitätshandbuch und andere für das Pflegemanagement erforderliche Unterlagen zu überarbeiten.

Die Klägerin erfasste in den Monaten Dezember 2021 bis März 2022 Arbeitsstunden im Homeoffice und tauschte in diesen Monaten auch regelmäßig Informationen und Dokumente mit anderen Mitarbeitern und Vorgesetzten aus. Ab Ende März war die Klägerin aufgrund eines Arbeitsunfalls krankheitsbedingt arbeitsunfähig.

Die Beklagte kündigte der Klägerin noch während der Probezeit und forderte u. a. die Rückzahlung des Bruttolohns für 300,75 Arbeitsstunden im Homeoffice. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Klägerin habe Arbeitszeiten im Homeoffice von insgesamt 300,75 Stunden angegeben, ohne hierfür irgendeinen objektivierbaren Arbeitsnachweis vorzulegen. Die Klägerin hingegen behauptete, während der Zeit gearbeitet zu haben, was sich schon aus dem E-Mail-Verkehr mit den Mitarbeitern und Vorgesetzten ergeben würde.
Das Arbeitsgericht bestätigte die Auffassung der Klägerin und führte aus, diese sei nicht zur Rückzahlung des Entgelts verpflichtet.

Entscheidung

Auch das LAG Mecklenburg-Vorpommern verneinte eine Rückzahlungspflicht der Klägerin für die Vergütung der 300,75 Stunden im Homeoffice.

Grundsätzlich würde der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast tragen, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht im Homeoffice erfülle. Auf diesen Vortrag müsse der Arbeitnehmer dann substantiiert erwidern.

Die Beklagte habe nicht dargelegt, in welchem Umfang die Klägerin im Home-Office keine Arbeitsleistung oder eine Minderleistung erbracht habe. Die Klägerin habe im Homeoffice nachweislich verschiedene Arbeitsleistungen erbracht, was sich insbesondere aus den E-Mails mit den Mitarbeitern und Vorgesetzten ergeben würde. Zwar habe die Klägerin nicht eine vollständig überarbeitete Fassung des Qualitätshandbuchs übersandt. Daraus ließe sich jedoch nicht schlussfolgern, dass die Klägerin im Homeoffice nicht gearbeitet habe. Es komme nicht darauf an, ob die Klägerin die Arbeiten in der gewünschten Zeit oder in dem gewünschten Umfang vollbracht habe. Vielmehr genüge sie ihrer Leistungspflicht, wenn sie unter angemessener Ausschöpfung ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit arbeite.

Fazit und Praxistipp

Ob der Arbeitnehmer im Homeoffice tatsächlich arbeitet, muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen. Damit gilt im Homeoffice die gleiche Darlegungs- und Beweislast wie für die tatsächliche Erbringung der Arbeit im Betrieb.

Das allerdings stellt den Arbeitgeber vor erhebliche Beweisschwierigkeiten, insbesondere angesichts der Tatsache, dass er im Homeoffice keine direkte Kenntnis von der tatsächlichen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers haben kann. Besonders herausfordernd für den Arbeitgeber ist zudem die Abgrenzung zwischen „keine Arbeit“ und „mangelhafter Arbeit“ („low performer“). Nach Auffassung des LAG ist für den Ausschluss der Lohnzahlung nicht ausreichend, dass der Arbeitnehmer den Arbeitsanforderungen zeitlich und inhaltlich nicht gerecht wird. Auf die Effektivität der Arbeit kommt es nicht an. Vielmehr genügt es, wenn er „unter Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit“ arbeitet. Wann die Leistungsfähigkeit eines individuellen Arbeitnehmers ausgeschöpft ist und wann nicht, wird der Arbeitgeber kaum anhand objektiver Kriterien feststellen können.

Effektiver für den Arbeitgeber ist es daher, mit dem Arbeitnehmer konkrete Zielvereinbarungen zu treffen, die der Arbeitnehmer innerhalb von bestimmten Zeiträumen zu erfüllen hat. Die Arbeitsleistungen können dann über einen längeren Zeitraum dokumentiert werden und bei Nichteinhaltung der Zielvereinbarung und Vorliegen ausreichender Beweise eine Abmahnung in Erwägung gezogen werden. Auch könnte dem Arbeitnehmer im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers aufgetragen werden, nur noch bestimmte Arbeiten im Homeoffice zu erbringen.

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