29.07.2016Fachbeitrag

Sondernewsletter Brexit 29. Juli 2016

Beratungsthemen im Zusammenhang mit einem drohenden Brexit: Rechtswahlklauseln in bestehenden Rechtsbeziehungen und das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht

Die sog. ROM I-Verordnung schafft die Möglichkeit, dass Vertragsparteien aus unterschiedlichen Staaten das auf ihren Vertrag anwendbare Recht selbst festlegen können und bestimmt das anwendbare Recht für den Fall, dass die Parteien keine Rechtswahl getroffen haben. Über die sog. ROM II-Verordnung lässt sich das anwendbare Recht für sog. außervertragliche Schuldverhältnisse, also zum Beispiel für Fälle internationaler Produkthaftung oder für Verkehrsunfälle mit Beteiligten aus verschiedenen Staaten, ermitteln. In Deutschland und anderen Mitgliedstaaten der EU werden diese Verordnungen auch nach einem möglichen Brexit weiterhin anwendbar sein.

  • Nach einem Brexit hätten die ROM I- und ROM II-Verordnungen aus britischer Sicht dagegen keine Geltung und müssten im UK durch nationale Regelungen ersetzt werden, da die ROM-Iund die ROM II-Verordnungen nur geltendes Recht in den Mitgliedstaaten der EU sind. Mit Blick auf die ROM I-Verordnung ist aber davon auszugehen, dass vergleichbare nationale Regelungen in Kraft gesetzt würden, da das UK vor Inkrafttreten der genannten Verordnung bereits Vertragsstaat eines völkerrechtlichen Übereinkommens war, das ähnliche Bestimmungen enthielt. Denkbar wäre sogar, dass das UK die Vorschriften der ROM I-Verordnung in einem nationalen Gesetz übernimmt.

  • Etwas anderes gilt für die ROM II-Verordnung. Diese setzte für eine Reihe von Rechtsinstituten erstmals vereinheitliche Regelungen in Kraft und ging dabei über eine Reihe von Besonderheiten nationaler Rechtsordnungen hinweg. Es ist daher nicht anzunehmen, dass der nationale britische Gesetzgeber in allen Punkten mit der ROM II-Verordnung vergleichbare Bestimmungen in Kraft setzen würde.

  • Bei der Wahl der Anwendbarkeit des englischen Rechts auf einen Vertrag ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem ein möglicher Rechtsstreit zur Entscheidung durch ein Gericht ansteht, so dass die bis dahin eintretenden Änderungen (hier: ausgelöst durch Brexit) zu beachten sind. Nach einem Brexit zählten somit EU-Verordnungen, die innerhalb der EU unmittelbar anwendbares Recht sind, nicht mehr zum englischen Recht. Nationale Regelungen, die in Umsetzung von EU-Richtlinien erlassen wurden, gelten dagegen bis zu ihrer Aufhebung oder Ersetzung durch abweichende Vorschriften weiter.

  • Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten in Bezug auf künftige Veränderungen der Regelungen des englischen Rechts dürfte die Attraktivität der englischen Rechtsordnung im internationalen Handelsverkehr vorübergehend zumindest nicht zunehmen. In vielen Rechtsbereichen wird – zumindest vorübergehend – wohl seltener englisches Recht gewählt werden.
  • Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen eines bestehenden Vertrags können dazu führen, dass die Durchführung dieses Vertragsverhältnisses unwirtschaftlich wird. Ob darin eine Art Wegfall der Geschäftsgrundlage gesehen werden kann, die etwa nach deutschem Recht (vgl. § 313 BGB) einen Rücktrittsgrund vom Vertrag darstellen könnte, ist im Einzelfall zu prüfen.
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