22.12.2020Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Dezember 2020

Frage nach der Religionszugehörigkeit bei Einstellung in den kirchlichen Dienst als Diskriminierungsindiz

Auch in einer Stellenanzeige eines kirchlichen Arbeitgebers stellt die Aufforderung der Konfessionsangabe grundsätzlich ein Indiz für eine Benachteiligung aufgrund der Religion dar. Die Angabe der Konfession ist nur dann gerechtfertigt, wenn sie angesichts des Ethos der Kirche und der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Erbringung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. 

Sachverhalt

Die Beklagte hatte eine Sekretariatsstelle im Büro der geschäftsleitenden Oberkirchenrätin ausgeschrieben. In der Stellenanzeige waren als Tätigkeitsschwerpunkt Sekretariatsaufgaben genannt. Bewerber sollten über eine einschlägige Ausbildung verfügen, professionell im Umgang mit MS-Office-Software sein und sich mit dem Ziel und den Aufgaben der evangelischen Landeskirche Baden identifizieren. Die Bewerbungsunterlagen sollten „unter Angabe der Konfession“ versendet werden. Die Klägerin, eine ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte, bewarb sich auf die Stelle und gab zu ihrer Konfession an: „Ich bin konfessionslos (Atheistin). Laut Homepage unterhält die evangelische Landeskirche Baden aber vielfältige Beziehungen zu anderen Religionen und Konfessionen, weshalb ich überzeugt bin, aufgrund meiner vielfältigen Qualifikationen dennoch die ausgeschriebene Stelle optimal ausfüllen zu können“. Sie wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Auf ihre Angabe der Konfessionslosigkeit angesprochen, hat die Klägerin diese mit ihrem Aufwachsen in der ehemaligen DDR begründet und ergänzt, sie habe keine Vorbehalte gegen die Kirche. Sie wurde nicht eingestellt und begehrt Entschädigung wegen Diskriminierung in Höhe von EUR 10.000,00. Die Beklagte gab an, die Religionszugehörigkeit sei keine Einstellungsvoraussetzung gewesen. Die Auswahl sei ausschließlich nach dem Prinzip der Bestenauslese erfolgt.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht Karlsruhe sprach der Klägerin eine Entschädigung i. H. v. EUR 5.037,00 zu, was dem 1,5-fachen Bruttomonatsgehalt für die zu besetzende Stelle entspricht. Nach der Auffassung des Gerichts sei die Klägerin nach den Vorschriften des AGG wegen der Religion benachteiligt worden. Die Aufforderung zur Angabe der Konfessionszugehörigkeit sei als Indiz für eine Diskriminierung zu werten, welches die Beklagte nicht habe entkräften können. 

Die Beklagte habe zwar nicht unmittelbar zum Ausdruck gebracht, dass die Religionszugehörigkeit eine Voraussetzung für die Besetzung der Stelle sei. Allerdings habe sie die Frage nach der Konfession gestellt und damit signalisiert, dass diese Information bei der Auswahlentscheidung eine Rolle spielen könne. Ansonsten sei nicht erkennbar, wozu die Angabe über die Konfession benötigt würde. Diese Vermutung habe die Beklagte durch ihren Vortrag bestätigt, die Angabe der Konfession sei eine wichtige Angabe zur Überprüfung der uneingeschränkten Loyalität und Identifikation mit den kirchlichen Aufgaben. Die Beklagte, so das Gericht, verknüpfe daher die Frage nach Loyalität mit einer Konfessionszugehörigkeit und knüpfe damit an einen Grund gemäß § 3 Abs. 1 AGG an. Zwar könne sich die Beklagte auf ihr im Grundgesetz verankertes Selbstbestimmungsrecht berufen und grundsätzlich das Leitbild einer christlichen Dienstgemeinschaft verfolgen. Dies rechtfertige jedoch unabhängig von der ausgeübten Tätigkeit und deren Umständen keine Benachteiligung. Warum eine Sekretariatsmitarbeiterin für ihre Tätigkeit über eine Zugehörigkeit zur Kirche verfügen soll oder warum es sich hier um eine verkündigungsnahe Beschäftigung handele, sei unklar geblieben. 

Es ist der Beklagten nicht gelungen, die Diskriminierungsvermutung zu widerlegen. Die Behauptung, die Auswahlentscheidung sei allein nach dem Prinzip der Bestenauslese getroffen worden, widerlegt nicht eine Mitursächlichkeit der Konfessionslosigkeit für die Nichteinstellung und damit für eine Benachteiligung. 

Praxishinweis

Das Selbstbestimmungsrecht der Kirche gemäß § 9 Abs. 1 2. Alt. AGG rechtfertigt nicht eine Benachteiligung, die keinen Zusammenhang mit der angestrebten Position aufweist. Die Religionszugehörigkeit darf deshalb nur dann ein Kriterium bei der Einstellung sein, wenn sie für die jeweilige Position erforderlich ist. Liegt die Vermutung einer Diskriminierung vor, trifft den Arbeitgeber gemäß § 22 AGG die Darlegungs- und Beweislast für die Widerlegung der Vermutung. Somit bleibt für den kirchlichen Arbeitgeber auch mit Blick auf das Selbstbestimmungsrecht der Kirche weniger Spielraum und er muss ebenso bei der Gestaltung einer Stellenausschreibung überlegt handeln. 

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