10.04.2015Fachbeitrag

Newsletter Health Care 1/2015

Bundesverwaltungsgericht begrenzt Sonntagsarbeit

BVerwG, Urteil vom 26.11.2014 – 6 CN 1.13

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat den im Grundgesetz verankerten Schutz des Sonntags gestärkt, indem es am 26. November 2014 entschieden hat, dass die Hessische Bedarfsgewerbeordnung teilweise nichtig ist. Eine Beschäftigung von Arbeitnehmern in Büchereien, Videotheken und Callcentern sei an Sonn- und Feiertagen nicht erforderlich, um besondere Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken.

Die Gewährleistung der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen ist laut Bundesverfassungsgericht eine Schutzpflicht des Staates. Dieser Schutz wird jedoch nicht nur durch die Zunahme von verkaufsoffenen Sonntagen, sondern auch durch landesgesetzliche Verordnungen über die Zulassung der Arbeitnehmerbeschäftigung an Sonn- und Feiertagen aufgeweicht. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung den Sonn- und Feiertagsschutz gestärkt.

Hintergrund

Das Arbeitszeitgesetz legt fest, dass Arbeitnehmer an „Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen“. Hiervon gibt es bereits in § 10 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) selbst eine Reihe von Ausnahmen für bestimmte Tätigkeiten, die typischerweise auch sonntags verrichtet werden müssen wie zum Beispiel bei der Polizei, der Feuerwehr, in Krankenhäusern oder auch in Gaststätten.

Sachverhalt

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) ArbZG dürfen die Bundesländer über die gesetzlichen Ausnahmen hinaus durch Verordnungen weitere Ausnahmen zur Vermeidung von erheblichen Schäden für Betriebe zulassen, in denen die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen zur Befriedigung besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung erforderlich ist und diese Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können.

Die Entscheidung

So hat die Hessische Bedarfsgewerbeordnung bislang die Sonntagsarbeit unter anderem für folgende Bereiche zugelassen: Videotheken, öffentliche Bibliotheken, die Getränkeindustrie, Fabriken zur Herstellung von Roh- und Speiseeis, Buchmachergewerbe, Callcenter sowie Lotto- und Totogesellschaften.

Hiergegen klagten die Gewerkschaft Verdi und zwei evangelische Dekanate. Sie hielten die Ausnahmen, die die Verordnung zugelassen hat, für zu weitreichend und beklagten, dass die gesetzlich geschützte Sonntagsruhe dadurch ausgehöhlt werde.

Das Bundesverwaltungsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und somit den Sonderstatus des Sonntags als weitgehend arbeitsfreien Tag bestätigt. Eine Beschäftigung von Arbeitnehmern in Videotheken, Büchereien, Callcentern und Lotto- und Totogesellschaften sei demnach unzulässig.

Ein alltäglich zu befriedigendes Erwerbsinteresse genügt grundsätzlich nicht, um Ausnahmen vom Sonn- und Feiertagsschutz zu rechtfertigen

Zur Begründung hieß es unter anderem, es stelle keinen erheblichen Schaden dar, wenn der Wunsch, spontan auftretende Bedürfnisse auch sofort erfüllt zu bekommen, hinter den gesetzlich gewährleisteten Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe zurückstehen muss. So können beispielsweise DVDs oder Bücher bereits an Werktagen vorausschauend ausgeliehen werden, um sie an Sonn- und Feiertagen zu nutzen.

Dass der Betrieb von Callcentern erforderlich ist, um besonders hervortretende Bedürfnisse der Bevölkerung an Sonn- und Feiertagen zu befriedigen, sei zudem nicht ersichtlich.

Eine Beschäftigung von Arbeitnehmern in der Getränke- sowie in der Roh- und Speiseeisindustrie sei an Sonn- und Feiertagen nur dann zulässig, wenn die Kapazitäten der Hersteller während der Woche nicht ausreichen, um die Nachfrage zu bedienen, was insbesondere im Sommer bei länger anhaltenden Hitzeperioden der Fall sei. Da es hierzu jedoch an tatsächlichen Feststellungen mangelte, fällte das BVerwG hierüber keine abschließende Entscheidung.

Hinsichtlich des Buchmachergewerbes sei eine Sonntagsarbeit nur dann zulässig, wenn die Wetten am selben Tag stattfinden und am Veranstaltungsort entgegengenommen werden, wie dies zum Beispiel bei Pferderennen der Fall ist. In diesen Fällen handele es sich dann um ein besonders hervortretendes Bedürfnis der Bevölkerung, welches nur an Ort und Stelle befriedigt werden könne.

Fazit

Zwar betrifft die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Hessische Bedarfsgewerbeordnung und somit nur das Land Hessen. Da es in nahezu allen Bundesländern jedoch ähnliche Verordnungen gibt, die bislang nur nicht juristisch angegriffen wurden, ist davon auszugehen, dass das Urteil weite Wellen schlägt und das Thema der Sonntagsarbeit auch in den übrigen Bundesländern aufgegriffen wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass das Urteil die gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände in § 10 ArbZG nicht berührt. So bleibt u. a. eine Beschäftigung in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen auch weiterhin zulässig.

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