06.11.2017Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht November 2017

Verschärfung der Arbeitnehmerentsenderichtlinie

Am 16. Oktober 2017 hat der Beschäftigungsausschuss des EU Parlaments einen Vorschlag der EU-Kommission vom März 2016 zur Verschärfung der EU-Entsenderichtlinie mit großer Mehrheit unterstützt. Der Beschäftigungsausschuss folgte in den Grundzügen der Initiative der EU- Kommission. Eine Woche später hat auch der Ministerrat zu der Causa eine Einigung erzielt. 

Prinzip der Arbeitnehmerentsendung

Gewollt ist eine Verschärfung der EU-Entsenderichtlinie von 1996 (RL 96/71/EG). Der Anwendungsbereich der Richtlinie umfasst Arbeitnehmer, die zur Ausführung eines Auftrages für eine begrenzte Zeit in einen anderen Mitgliedstaat entsandt werden. Dies betrifft insbesondere Bauunternehmer sowie die verarbeitende Industrie. Deutschland ist hiervon stark betroffen, da es zu den größten Empfänger- und Entsendeländern gehört. Gesetzlich ist die Entsendung nach Deutschland im Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) geregelt.

Das Prinzip der Arbeitnehmerentsendung beruht auf dem freien Dienstleistungsverkehr. Danach können Unternehmen verschiedenste Dienstleistungen erbringen, ohne in dem anderen Mitgliedstaat eine Niederlassung eröffnen zu müssen. Die Entsendearbeitnehmer sind jedoch nicht in den Arbeitsmarkt des aufnehmenden Staates integriert und sind daher weiterhin im System der sozialen Sicherheit des Herkunftslandes (Veröffentlichung des Europäischen Parlaments (abgerufen am 18.10.2017)).

Die überarbeitete Richtlinie soll nach Angabe der EU-Kommission dazu beitragen, der steigenden grenzüberschreitenden Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften zu begegnen.

Die Überarbeitung der EU-Entsenderichtlinie umfasst im Wesentlichen die folgenden Punkte (EU-Kommission, Richtlinienvorschlag COM(2016), 128 final vom 8.3.2016):

Anwendung der gleichen Entlohnungsgrundsätze

1. Für entsandte Arbeitnehmer sollen dieselben Entlohnungsgrundsätze wie für lokale Arbeitnehmer gelten. Gemäß Artikel 3 Abs. 1 der bisherigen Richtlinien waren nur die Mindestlohnsätze einschließlich der Überstundensätze umfasst. So sieht es auch das Arbeitnehmerentsendegesetz vor, welches die Richtlinie von 1996 umsetzt.

Die überarbeitete Richtlinie spricht statt von Mindestlohnsätzen jedoch von der „Entlohnung“. Diese soll alle die Entlohnung ausmachenden Bestandteile umfassen soll, welche auf Grund von nationalen Rechtsvorschriften oder für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträgen vorgesehen sind. Damit können entsandte Arbeitnehmer nun auch von bestimmten Zuschlägen, Tagesgeldern oder Sonderzahlungen profitieren. Die einzelnen Lohnbestandteile müssen von dem jeweiligen Mitgliedstaat auf einer offiziellen nationalen Website veröffentlicht werden.

Bezüglich der Entlohnung wurde im Beschäftigungsausschuss noch eine Klarstellung diskutiert, dass Reisekosten, Unterkunftskosten etc. der entsandten Arbeitnehmer nicht vom Arbeitslohn abgezogen werden darf (Briefing des Beschäftigungsausschusses). Eine solche ist im ursprünglichen Vorschlag der Kommission noch nicht zu finden.

Anwendung des nationalen Arbeitsrechts des Aufnahmestaates

2. Ab einer bestimmten Entsendungsdauer sollen alle arbeitsrechtlichen Bestimmungen für lokale Arbeitnehmer auch für die entsandten Arbeitnehmer gelten. Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen des Aufnahmelandes sollen aber nur Anwendung finden, falls die Regelungen für die Arbeitnehmer günstiger sind. Mit diesen Vorschriften soll verhindert werden, dass zwingende Arbeitnehmerschutzrechte eines Landes durch die Konstruktion eines Entsendemodells umgangen werden.

Wenn die voraussichtliche oder tatsächliche Dauer der Entsendung 24 Monate überschreitet, soll das nationale Recht des Aufnahmestaates Anwendung finden. Nach zwei Jahren wird der Aufnahmemitgliedstaat als der Staat angesehen, in dem die Arbeit gewöhnlich verrichtet wird. Das Recht des Aufnahmestaates soll ab Beginn der Entsendung gelten, wenn diese von Anfang an für mehr als 24 Monate geplant ist, bzw. ab dem ersten Tag nach Ablauf der 24 Monate, wenn es zu einer tatsächlichen Überschreitung dieses Zeitraums kommt.

Eine Umgehung dieser Regelung soll dadurch ausgeschlossen werden, dass der 24-Monatszeitraum nicht dadurch beendet bzw. unterbrochen wird, dass ein Arbeitnehmer durch einen die gleiche Tätigkeit verrichtenden Arbeitnehmer ersetzt wird. In diesem Fall werden die einzelnen Entsendezeiträume zusammengerechnet. Dies gilt jedoch nur bei Arbeitnehmer, die für mindestens 6 Monate entsandt werden.

Selbstverständlich können sich Unternehmer aber weiterhin, auch nach dem 24-Monatszeitraum, auf die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU berufen. Es findet dann lediglich das Arbeitsrecht des Aufnahmestaates Anwendung.

Der 24-Monatszeitraum ist noch sehr umstritten, einzelne Länder, u.a. Deutschland fordern, diesen auf nur 12 Monate zu verkürzen. Im Ministerrat der EU wurde sich nun auf den kürzeren Zeitraum geeinigt. Dieser soll aber auf Grund einer Ausnahmeregelung im Einzelfall auf 18 Monaten verlängert werden können.

Leiharbeitnehmer

3. Der Grundsatz der Gleichbehandlung soll auch auf entsandte Leiharbeitnehmer angewandt werden. Dies bedeutet, dass auf Arbeitnehmer, die von im Ausland niedergelassenen Leiharbeitsunternehmen entsandt werden, die im Aufnahmeland geltenden Leiharbeitsvorschriften angewandt werden. Dies war bisher nicht der Fall.

Regelungen für Untervergabeketten

4. Der Vorschlag befasst sich zudem noch mit möglichen Untervergabeketten. Demnach können die Mitgliedsstaaten Unternehmen dazu verpflichten, Unteraufträge nur an Unternehmen zu vergeben, die Arbeitnehmern bestimmte, auch für den Auftragnehmer selbst geltende Entlohnungsbedingungen einräumen. Dies kann Konditionen einschließen, die sich aus nicht allgemein verbindlichen Tarifverträgen ergeben.

Fazit

Die EU-Kommission, als auch der Beschäftigungsausschuss des EU-Parlaments, erhoffen sich einen besseren Arbeitnehmerschutz für die entsandten Arbeitnehmer als auch mehr Transparenz in eine größere Rechtsklarheit. Insgesamt werden sich bessere Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen im Binnenmarkt erhofft. Wenn es zu keinem Widerspruch kommt, könnten schon bald erste Trilogverhandlungen bzgl. des Vorhabens beginnen. Unternehmen, welche selbst Arbeitnehmer ins EU-Ausland versenden, sollten diese interessante Entwicklung auf jeden Fall im Auge behalten. Bis Ende 2018 will die EU-Kommission eine Arbeitsbehörde auf den Weg bringen, die die Einhaltung der Regeln überwachen und den Datenaustausch zwischen den Staaten erleichtern soll.

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