20.12.2018Fachbeitrag

BRX Update: Beihilferecht Dezember 2018

Beihilferecht für Binnenhäfen – eine Einführung

Binnenhäfen sind für die Abfertigung von Gütern von großer Bedeutung. Die meisten Binnenhäfen sind trimodal (Straße, Schiene und Wasserstraße) und verfügen über die notwendige Infrastruktur, um Güter aus aller Welt abfertigen zu können. Neuere Beihilfeprogramme tragen der zunehmenden Bedeutung der Binnenhäfen Rechnung und ermöglichen eine Subventionierung vor allem für den Bau von Infrastrukturen.

Große Bedeutung des Transports von Gütern über Binnenwasserwege

Die aktuelle Niedrigwasserlage der deutschen Flüsse stellt ein Problem für die Binnenschifffahrt dar und zeigt die Bedeutung von Binnenhäfen und Binnenwasserstraßen für die Transport- und Logistikabwicklung von Gütern. In den kommenden Jahren ist mit einem Anstieg des Frachtaufkommens zu rechnen, den die Straßeninfrastruktur nicht wird bewältigen können. Das deutsche Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur betrachtet die Binnenschifffahrt als ein kosteneffizientes Verkehrsmittel, das ideal ist, um den Güterverkehr auf der Straße zu reduzieren.

Errichtung von Hafeninfrastruktur und Betrieb eines Hafens werden beihilferechtlich unabhängig voneinander bewertet

Bei der Beurteilung von Fragen staatlicher Beihilfen im Zusammenhang mit Binnenhäfen ist zwischen (i) der gewerblichen und nicht-gewerblichen Nutzung der Infrastruktur und (ii) dem Bau von Infrastrukturen für gewerbliche Zwecke und dem Betrieb eines Hafens zu unterscheiden. Der Bau der Hafeninfrastruktur und ihre anschließende Nutzung werden unabhängig voneinander aus der Perspektive des Beihilferechts bewertet.

Wirtschaftliche Tätigkeit ist Voraussetzung für die Anwendung des Beihilferechts

Beim Bau von Infrastrukturen in Binnenhäfen stellen sich Fragen staatlicher Beihilfen nur dann, wenn eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt. Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist erforderlich, um die Voraussetzungen des Artikels 107 Abs. 1 AEUV zu erfüllen. Wenn keine wirtschaftliche Tätigkeit gegeben ist, liegt keine Beihilfe vor.

Staatliche Finanzierung für nicht-gewerbliche Infrastruktur stellt keine Beihilfe dar

Eine staatliche Förderung der nicht-gewerblichen Infrastruktur ist jederzeit möglich. Daher wird die für die Ausübung öffentlicher Befugnisse genutzte Infrastruktur (z.B. Verkehrssteuerung und -überwachung, Polizei, Zoll, Überwachung und Sicherheit der Schifffahrt oder Schutz vor Überschwemmungen oder Erosion) nicht gewerblich genutzt. Auch die Infrastruktur für den Zugang zu einem Hafen (z.B. öffentliche Straßen, Eisenbahnen oder Kanäle) kommt der Allgemeinheit zugute und kann daher mit öffentlichen Mitteln bezahlt werden. Dies gilt jedoch nicht für Zugangsinfrastrukturen, die ausschließlich dem Hafen dienen oder auf dem Gelände des Hafens liegen und die daher für gewerbliche Zwecke genutzt werden. In letzterem Fall könnten die Vorschriften für staatliche Beihilfen gelten und eine eingehendere Analyse erfordern.

Zuweisung von Kosten für den jeweiligen Nutzungszweck erforderlich

Dient die Hafeninfrastruktur sowohl gewerblichen als auch nicht- gewerblichen Zwecken, so stellt die öffentliche Finanzierung eine staatliche Beihilfe für diejenigen Kosten dar, die der gewerblichen Nutzung der Infrastruktur zugerechnet werden, da die Quersubventionierung gewerblicher Tätigkeiten durch nicht-gewerbliche Tätigkeiten verboten ist. Daher ist es zwingend erforderlich zu differenzieren und Kosten dem jeweiligen Nutzungszweck zuzuweisen.

Beihilfen für den Eigentümer / Entwickler der Infrastruktur

Liegt eine staatliche Beihilfe vor, ist zu prüfen, ob der Eigentümer oder Entwickler der Hafeninfrastruktur wie ein privater Investor gehandelt hat, der die Risiken trägt und auch von den Vorteilen profitiert. Dazu muss er einen Businessplan ex ante entwickelt haben, der eine positive Rendite für die getätigten Investitionen in einem angemessenen Zeitrahmen vorsieht. Wenn der Staat bei der Finanzierung einer Infrastruktur wie ein privater Investor gehandelt hat, liegt keine staatliche Beihilfe vor.

Wenn der „private investor test“ nicht erfüllt ist, kann die öffentliche Finanzierung dennoch als mit den Beihilfevorschriften vereinbar angesehen werden, sofern sie „zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“; (Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV). Darüber hinaus erkennt die Kommission in einer Mitteilung an, dass der Bau neuer Hafeninfrastrukturen und eine bessere Nutzung der Kapazitäten bestehender Häfen ein Schlüsselelement für die künftige Güterlogistik in Europa ist. Auch diese Verordnung weist darauf hin, dass die Weiterentwicklung der in der Verordnung genannten Häfen ein Ziel von gemeinsamem Interesse der EU ist und zur Entwicklung bestimmter wirtschaftlicher Bereiche – wie in Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV gefordert – beiträgt.

In einem letzten Schritt sind eine mögliche Wettbewerbsverzerrung sowie die Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel zu bewerten, um die Folgen für den Wettbewerb und die Bedeutung der Verfolgung eines gemeinsamen Interesses der EU gegeneinander abzuwägen.

Beihilfen für den Hafenbetreiber

Ein Hafeninfrastrukturbetreiber erhält staatliche Beihilfen, wenn er einen Vorteil erhält, den er unter normalen Marktbedingungen nicht hätte erhalten können. Gewinnt der Betreiber einen Auftrag auf der Grundlage einer wettbewerblichen, transparenten, diskriminierungsfreien und bedingungsfreien Ausschreibung nach den Vorschriften des EU-Vergaberechts, stellen die öffentlichen Mittel keine staatlichen Beihilfen dar. Gab es keine Ausschreibung, kann der Betreiber dennoch nachweisen, dass die für den Betrieb der Infrastruktur entstehenden Kosten auf Marktniveau liegen, z.B. durch Benchmarking oder einer allgemein anerkannten Methode zur Berechnung der Nutzungsgebühr. Es ist jedoch schwieriger, die Vereinbarkeit mit den Beihilfevorschriften nachzuweisen, wenn keine Ausschreibung durchgeführt wurde.

Fazit

In letzter Zeit hat die Kommission die Vereinbarkeit der Vorschriften über staatliche Beihilfen bei der Finanzierung von Infrastrukturen genauer untersucht. Man sollte jedoch bedenken, dass die EU bestrebt ist, die Binnenhäfen als Logistikdrehscheiben und den Gütertransport über die Binnenschifffahrt als alternativen Verkehrsträger zu stärken, um den Straßengüterverkehr zu verringern.

 

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