31.05.2023Fachbeitrag

BGH weist Nichtzulassungsbeschwerde im Zusammenhang mit der Frage nach der Beurkundungsbedürftigkeit eines Wandeldarlehensvertrages zurück

Update vom 31. Mai 2023:

Der zweite Zivilsenat des BGH hat zwischenzeitlich die gegen das unten diskutierte Urteil des OLG Zweibrücken (Az. 8 U 30/19) gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Der BGH sah die Frage der Beurkundung des streitgegenständlichen Wandeldarlehensvertrages im konkreten Fall letztlich nicht mehr als entscheidungserheblich an. Eine höchstrichterliche Klärung dieses sehr praxisrelevanten Themenkomplexes ist also bis auf Weiteres leider nicht in Sicht, obgleich der BGH jedenfalls anmerkt, dass das Urteil des OLG Zweibrücken in Widerspruch zur überwiegenden Meinung im Schrifttum stehe und sich das Berufungsgericht bei seiner Begründung auch nicht auf die herangezogene Entscheidung des OLG München (23 U 5121/04, NZG 2005, 756) stützen könne.

 

Dieser Text wurde am 26. April 2023 veröffentlicht:

Das Wandeldarlehen – alles neu macht(e) der Mai?

Wandeldarlehen sind ein bewährtes und seit Jahren fest etabliertes Finanzierungsinstrument für Start-ups. Ein Wandeldarlehen ist ein (in aller Regel unbesichertes) Darlehen verbunden mit einem Recht oder auch einer Pflicht zur späteren Wandlung der Darlehensforderung (zzgl. aufgelaufener Zinsen) (zumeist im Zuge der nächsten Finanzierungsrunde) in neu an dem Start-up auszugebende Gesellschaftsanteile. Hierbei werden Wandeldarlehen regelmäßig als flexibles Instrument gewählt, um mit geringem Aufwand eine Finanzierung zu erreichen. Seit jeher werden aber die formalen Anforderungen im Zusammenhang mit Wandeldarlehensverträgen kontrovers diskutiert.

I. Die allgemeine Technik eines Wandeldarlehens

Kern eines Wandeldarlehens ist aus rechtlicher Sicht der Wandlungsmechanismus, wobei vorgesehen ist, dass im Wege einer künftigen Kapitalerhöhung neue Anteile an den Darlehensgeber gegen Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruchs (in der Regel nebst Zinsen) ausgegeben werden. Die Ansprüche auf Rückzahlung der Darlehensbeträge zzgl. der Zinsansprüche werden in der Weise an die Gesellschaft abgetreten, dass der Anspruch aufgrund der Identität von Schuldner und Gläubiger erlischt (Konfusion). Die Rückzahlungsbeträge werden dann jeweils in die freie Kapitalrücklage der Gesellschaft i.S.d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB gebucht.

Welche pre-money Bewertung einer Wandlung dann zu Grunde zu legen ist, etwa berechnet durch einen Discount auf die Bewertung einer künftigen Finanzierungsrunde eines dritten Investors, ist Gegenstand der kommerziellen Einigung. Erheblich aus rechtlicher Sicht ist beim Wandlungsmechanismus insbesondere die Frage, ob lediglich dem Darlehensgeber ein Wandlungsrecht zustehen soll, er mithin die Ausgabe neuer Anteile an ihn bei einer künftigen Finanzierungsrunde und/oder bei Eintritt eines bestimmten (zeitlichen) Ereignisses verlangen kann, oder ob zusätzlich eine Wandlungspflicht bestehen soll. Bei einer Wandlungspflicht müsste der Investor bei einer künftigen Kapitalerhöhung neu auszugebende Anteile übernehmen. In der Praxis wird dies häufig vereinbart etwa in Zusammenhang mit einer künftigen Finanzierungsrunde ab einem definierten Mindest-Investment eines Dritten. Der Investor wäre danach verpflichtet neue Anteile gegen Abtretung des Darlehensrückzahlungsanspruchs zu übernehmen, sofern das Start-up von einem dritten Investor ein solches Investment erzielen kann. Die Wandlungspflicht ist aus diesem Gesichtspunkt daher eine Start-up-freundliche Regelung, da ggfs. gegen den Wunsch des Investors die Wandlung und damit das Erlöschen des Darlehensrückzahlungsanspruchs erzielt werden kann.

Da der Investor in jedem Fall der Wandlung künftig Anteile übernehmen wird, stellt sich bereits bei Abschluss des Wandeldarlehensvertrages die Frage, welche rechtliche Governance für bzw. gegenüber dem Investor greift, soweit er die Anteile dann übernommen hat. Gewünscht seitens der Gesellschaft aber auch sämtlicher Altgesellschafter ist die Pflicht des Wandeldarlehensgebers, als Partei einer bestehenden und/oder künftig abzuschließenden Gesellschaftervereinbarung beizutreten. Dies kann (und sollte regelmäßig) in den Wandeldarlehensverträgen derart vereinbart werden.

II. Formfragen – bisheriger Stand

Dem Interesse folgend, dass Wandeldarlehen vorwiegend zu einer flexiblen und kostengünstigen Finanzierung herangezogen werden, besteht dabei der Wunsch meist aller Beteiligten den Aufwand gering zu halten und insbesondere den Wandeldarlehensvertrag nicht notariell zu beurkunden.

Schon immer bestand jedoch ein Meinungsstreit in der juristischen Literatur und Rechtsprechung über die Frage, wann ein Wandeldarlehensvertrag zu beurkunden ist. Zweifelsohne ist dies regelmäßig der Fall, soweit der Wandeldarlehensvertrag eine Verpflichtung zum Beitritt zu einer Gesellschaftervereinbarung enthält, sofern diese selbst beurkundungspflichtige Regelungen enthält (wie etwa eine Mitverkaufspflicht (Drag Along)).

Ob darüber hinaus auch regelmäßig eine Beurkundungs- oder zumindest eine Beglaubigungspflicht für den Fall besteht, dass eine Wandlungspflicht in dem Wandeldarlehensvertrag, mithin die Verpflichtung zur Übernahme von Geschäftsanteilen an einer GmbH, vereinbart wurde, wird kontrovers gesehen. Eine weit verbreitete Auffassung in der Literatur hat dies unter Verweis auf eine Entscheidung des Reichsgerichts bejaht (RG Urt. v. 13.12.1935 – II 161/35, RGZ 149, 385 (395); Rowedder/Schmidt-Leithoff/Schnorbus § 55 Rn. 61; BeckOK GmbHG/Ziemons § 55 Rn. 100; Bork/Schäfer/Arnold/Born § 55 Rn. 34), während zahlreiche Kommentatoren dies seit jeher für dogmatisch falsch halten (Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 55 Rn. 33; MüKoGmbHG/Lieder, § 55 Rn. 206; Rowedder/Pentz/Schnorbus, § 55 Rn. 61; Scholz/Priester/Tebben, § 55 Rn. 117; NSH/Servatius, § 55 Rn. 40).

Aufgrund des bestehenden Meinungsstreits erschien eine (vorsorgliche) Beurkundung des Wandeldarlehensvertrages und die Beglaubigung entsprechender Vollmachten anwaltlich nachvollziehbar. Andererseits folgte die VC Praxis einer vorsorglichen Beurkundung oftmals nicht und es bestanden seit jeher Möglichkeiten in der rechtlichen Strukturierung, durch die eine Beurkundungspflicht vertretbar vermieden werden konnte. Die Relevanz von Details des Einzelfalls für die bedeutende Frage der Formwirksamkeit des Wandeldarlehensvertrages erschien insbesondere für Investoren/Business Angels oftmals als eher ungewolltes Thema in Verhandlungen.

III. Neubewertung der Formfragen aufgrund der Rspr. des OLG Zweibrücken?

Ein gewisses Umdenken findet diesbezüglich seit Mai 2022 statt, ausgelöst durch das (aktuell noch nicht rechtskräftige) Urteil des Oberlandesgerichtes Zweibrücken (Az. 8 U 30/19). Der Ausgangspunkt der Entscheidung hat vor allem für Gründer-Geschäftsführer eine erhebliche Relevanz. Der Insolvenzverwalter klagte gegen die früheren Geschäftsführer wegen Haftungsansprüchen aufgrund eines pflichtwidrig zu spät gestellten Insolvenzantrags. Die Haftung trifft damit nach dem insolvenzrechtlichen Haftungsregime die Geschäftsführer persönlich und unbeschränkt. Die vorgezogene Insolvenzantragspflicht begründete der Insolvenzverwalter mit einem formnichtigen, weil nicht beurkundeten Wandeldarlehensvertrag. Damit, so das stattgebende OLG, bestand latent seit Unterzeichnung ein Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers aus dem formunwirksamen Wandeldarlehensvertrag und führte daher die Unwirksamkeit zur persönlichen Haftung der Geschäftsführer.

Die für die Formfrage wesentlichen Leitsätze des Urteils lauten dabei, wie folgt:

„Bei einer Wandeldarlehensvereinbarung mit einer GmbH, in der für bestimmte Fälle eine verbindliche Wandlungsverpflichtung zu Lasten des Darlehensgebers nach einem festgelegten Schlüssel vorgesehen ist, bedarf die Unterschrift des Übernehmers jedenfalls dann der notariellen Beglaubigung gemäß § 55 Abs. 1 GmbHG, sofern es sich bei ihm um eine gesellschaftsfremde Person handelt.“

„Sieht eine Wandeldarlehensvereinbarung mit einseitiger Wandlungsoption für den Darlehensnehmer im Fall der Ausübung des Wandlungsrechtes eine für die Gesellschaft verbindliche satzungsändernde Kapitalerhöhung vor, spricht vieles für eine Pflicht zur notariellen Beurkundung des zu Grunde liegenden Gesellschafterbeschlusses nach § 53 Abs. 2 GmbHG.“

In der juristischen Kommentierung bzw. der VC Praxis (einschließlich von Investoren/Business Angels) führte das Urteil des OLG zu zahlreichen Kommentierungen und bei einigen Marktteilnehmern zu einer Änderung der Praxis bis hin zu einer (vorsorglichen) Beurkundung von Wandeldarlehensverträgen generell.

1. (Analoge) Anwendung des § 55 GmbHG?

Die erste Kernaussage des Urteils betrifft dabei eine Konstellation, die eigentlich auch schon zuvor (nach dem wohl überwiegenden Meinungsstand, so auch das OLG Zweibrücken unter Verweis auf BeckOK GmbHG/Ziemons, 51. Ed. Stand: 01.12.2021 § 55 Rn. 100; Saenger/Inhester, GmbHG 4. Aufl. § 55 Rn. 48; Krampen/Lietzke, RNotZ 2017, 20, 23, und der vorsorglich anwaltlichen Einschätzung folgend) die Hinzuziehung eines Notars erforderlich gemacht hat, nämlich den Fall der Gewährung des Darlehens durch einen gesellschaftsfremden Dritten bei gleichzeitiger Wandlungspflicht.

Da der Darlehensgeber die Verpflichtung eingeht, im Rahmen der künftigen Kapitalerhöhung Anteile zu übernehmen und eine solche Übernahmeerklärung nach § 55 Abs. 1 GmbHG mindestens der notariellen Beglaubigung bedarf, geht das OLG Zweibrücken davon aus, dass auch der Wandeldarlehensvertrag mit entsprechendem Inhalt, nach den Grundsätzen über die Erstreckung des Formerfordernisses auf Vorverträge, notariell zu schließen sei. Ob dabei eine notarielle Beurkundung erforderlich sein soll (so in den Entscheidungsgründen) oder eine Beglaubigung ausreicht (so der zweite Leitsatz) grenzt das Gericht letztlich nicht sauber ab.

Das OLG Zweibrücken stützt sich in seiner Begründung unter anderem auf eine Entscheidung des OLG München (23 U 5121/04, NZG 2005, 756) und zieht aus dieser eine erheblich andere Schlussfolgerung als weite Teile der Literatur.

Das OLG München führt zunächst aus, dass die „Formvorschrift des § 55 I GmbHG […] keine Warnfunktion für den Übernehmer [hat] sondern […] der Aufklärung der Öffentlichkeit über die Kapitalgrundlage der Gesellschaft, dem Schutz des Rechtsverkehrs, der Gläubiger und der zukünftigen Gesellschafter dienen [soll]. Für einen Vorvertrag zwischen den Gesellschaftern [seien] diese Zwecke nicht einschlägig. Deshalb [sei] der Auffassung, dass auch die Verpflichtung zur Übernahme nach § 55 I formbedürftig sei nicht zu folgen“.

Bei isolierter Betrachtung dieser Passage aus der Entscheidung des OLG München und aufgrund des darin wiedergegebenen Formzwecks des § 55 Abs. 1 GmbHG kommen die Kommentatoren der Entscheidung des OLG Zweibrücken sowie weite Teile der Literatur – dogmatisch schlüssig – zu dem Ergebnis, dass ein Formerfordernis bezüglich der Verpflichtung zur Übernahme von Geschäftsanteilen gerade nicht auf § 55 Abs. 1 GmbHG (analog) gestützt werden kann.

Was dabei jedoch außer Betracht bleibt, sind die weiteren Erwägungen des OLG München, wonach für „den Fall des Beitritts eines neuen Gesellschafters, […] eine Parallelität zur Gründungsphase nahe liegt.“ In der vom OLG München entschiedenen Konstellation lag ein solcher Fall gerade nicht vor, weshalb das OLG München weiter ausführt, dass „[b]ei Verträgen zwischen Personen, die bereits Gesellschafter der GmbH sind, […] ähnlich wie bei Stimmbindungsverträgen - auch solchen bezogen auf beabsichtigte Satzungsänderungen - ein Grund für die Einhaltung einer bestimmten Form nicht ersichtlich [ist].“ Offen lässt das OLG München – und so interpretiert wohl auch das OLG Zweibrücken die Entscheidung – die Frage, ob eine (analoge) Anwendung des § 55 Abs. 1 GmbHG auch dann ausscheidet, wenn ein gesellschaftsfremder Dritter sich zur Übernahme von Anteilen verpflichtet.

Dies ist nach überzeugenden Stimmen in der Literatur entgegen des OLG Zweibrücken zu bejahen (so etwa MüKoGmbHG/Lieder, § 55 Rn. 206). Auch die Eigenschaft als gesellschaftsfremder Dritter ändert danach nichts daran, dass § 55 Abs. 1 GmbHG keinen individuellen Übereilungsschutz beabsichtigt und der Norm keine Warnfunktion zukommt, zumal eine Beglaubigung (die nach § 55 Abs. 1 GmbHG zunächst ausreichend ist) auch keine notarielle Belehrung und Beratung erforderlich macht. § 55 Abs. 1 GmbHG dient nach seinem Normzweck lediglich der Aufklärung der Öffentlichkeit.

2. Beurkundungserfordernis aufgrund von § 53 Abs. 2 GmbHG?

Weiterhin beschäftigt sich das OLG Zweibrücken – obwohl nicht entscheidungserheblich – mit der Frage, ob der zugrundeliegende Wandeldarlehensvertrag nach § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG beurkundungspflichtig gewesen wäre, da sich die Gesellschaft umgekehrt auch zur Ausgabe neuer Anteile an den Wandeldarlehensgeber verpflichtet hat, mithin also ein Wandlungsrecht des Wandeldarlehensgebers vereinbart wurde. Diesbezüglich geht das OLG Zweibrücken von einem satzungsändernden Beschluss aus, der nach § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG beurkundungspflichtig sei.

Dem wird zurecht entgegengehalten, dass diese Beurkundungspflicht nur dann auf den Wandeldarlehensvertrag durchschlagen könnte, wenn – im Gegensatz zu der vom OLG Zweibrücken beurteilten Konstellation – sämtliche Gesellschafter Partei des Wandeldarlehensvertrages wären und dieser somit einen (antizipierten) Gesellschafterbeschluss enthalten würde. Bei einem Wandeldarlehensvertrag nur zwischen der Gesellschaft und dem Darlehensgeber, könne sich das Beurkundungserfordernis allenfalls auf den (unstreitig erforderlichen) Ermächtigungsbeschluss der Gesellschafter gegenüber der Geschäftsführung zum Abschluss des Wandeldarlehensvertrages beziehen. Die Verpflichtung der am Wandeldarlehensvertrag beteiligten Gesellschafter zur Durchführung der Kapitalerhöhung wäre bei entsprechender Vertragsgestaltung nach überwiegender Ansicht indes nicht als antizipierter Gesellschafterbeschluss, sondern als bloße Stimmbindungsvereinbarung anzusehen, die nach überwiegender Auffassung (so auch OLG München aaO) formfrei möglich ist.

Das OLG Zweibrücken erscheint daher an mehreren Stellen nicht in Einklang mit der herrschenden Ansicht, der das OLG aber ausweislich der Zitierung offenbar folgen wollte. Bei der Beurteilung zur Beurkundungspflicht bei einem bloßen Wandlungsrecht erscheint dies in Abweichung nicht nur der Vertragspraxis, sondern auch der herrschenden Ansicht.

3. Konsequenz: Gesamtnichtigkeit des Wandeldarlehensvertrages?

Den entscheidenden Grund, warum Wandeldarlehensverträge bis zu einer höchstgerichtlichen Klärung tatsächlich (vorsorglich) beurkundet werden sollten, liefert das OLG Zweibrücken letztlich durch die Konsequenz, die aus der angenommenen Formunwirksamkeit gezogen wird. Das OLG Zweibrücken wendet die Vorschrift des § 139 BGB an, mit der Folge der Gesamtnichtigkeit des Wandeldarlehensvertrages. Dies trotz entsprechender Erhaltungsklausel, was im entschiedenen Fall mit dem (wie bei Wandeldarlehen sehr häufig) vergünstigten Zinssatz begründet wird. Danach könne der Wandeldarlehensvertrag auch nicht in verschiedene selbständige Verträge bzw. Vertragsteile „zerlegt“ werden. Vielmehr ergreife die Formnichtigkeit gemäß § 139 BGB das gesamte Vertragswerk, da der Darlehensvertrag zu derart günstigen Zinskonditionen von 2,5 % nicht von der Wandlungsregelung für die Darlehensgeber getrennt betrachtet werden könne und damit die Vermutungswirkung des § 139 BGB eingreife.

Ob diese Konsequenz im Ergebnis haltbar ist, lässt sich mit Blick auf die Rechtsprechung des BGH bezweifeln. So hat der BGH im Februar letzten Jahres (IX ZR 250/20, NZI 2022, 425) in einem Verfahren, dem derselbe Sachverhalt zugrunde lag und in dem es um die Anfechtung nach § 133 Abs. 1 S. 1 InsO ging, geurteilt, dass der Schluss auf Zahlungsunfähigkeit wegen jederzeitiger Rückzahlungsverpflichtung als Resultat unwirksamer Wandeldarlehensverträge und seiner Nebenabreden (Rangrücktrittsvereinbarungen) nicht zwingend sei. Die (Gesamt-)Unwirksamkeit des Wandeldarlehensvertrags aufgrund von Formmängeln sei eine Rechtsfrage, die höchstrichterlich nicht geklärt sei.

IV. Weitere Formfragen

Weitgehend unstreitig ist über das OLG Zweibrücken hinaus auch eine Beurkundungspflicht (also wegen § 15 Abs. 4 GmbHG nicht eine bloße Beglaubigung) des Vorvertrages in dem eine Pflicht des neu hinzutretenden Gesellschafters enthalten ist, einer bestehenden oder künftigen Gesellschaftervereinbarung beizutreten, soweit in dieser Gesellschaftervereinbarung Klauseln enthalten sind, die eine verpflichtende Anteilsübertragung (z.B. Drag Along) vorsehen. Wie bereits ausgeführt, war die Beitrittsverpflichtung zu einer Gesellschaftervereinbarung mit ausreichender Regelungstiefe und die sich daraus ergebende Beurkundung des Wandeldarlehensvertrages seit jeher empfehlenswert.

Offen ist letztlich weiterhin die Konstellation eines bloßen Wandlungsrechts des Darlehensgebers ohne Beitrittsverpflichtung zu einer Gesellschaftervereinbarung. Das OLG Zweibrücken würde hier wohl § 53 Abs. 2 GmbHG anwenden, da sich die Gesellschaft bei Ausübung des Wandlungsrechts des Darlehensgebers zu einer Ausgabe neuer Anteile verpflichtet und mithin eine Beurkundungspflicht annehmen.

V. Fazit

Soweit ein Wandeldarlehensvertrag nicht ohnehin aus oben genannten Grundsätzen beurkundungspflichtig ist, sollte aufgrund der durch das OLG Zweibrücken verfestigten Unsicherheiten vorsorglich eine notarielle Beurkundung des Wandeldarlehensvertrages erfolgen, jedenfalls bis eine höchstrichterliche Klärung vorliegt. Konsequenterweise, und in Übereinstimmung mit der aktuell wohl vorwiegenden notariellen Praxis, ist die Vollmacht des Darlehensgebers zum Abschluss des Wandeldarlehensvertrages vor dem Hintergrund der Entscheidung des OLG Zweibrücken vorsichtshalber notariell zu beglaubigen.

Wegen der Haftungsrisiken für die (Gründer-)Geschäftsführer (siehe oben) wird regelmäßig eine Beurkundung des Wandeldarlehensvertrages einer Beglaubigung der Unterschriften auf einem Wandeldarlehensvertrag vorzuziehen sein, da die weitere Rechtsprechung hierzu rechtlich nicht absehbar erscheint.

Für die Praxis bleibt zu hoffen, dass der BGH im Rahmen des bzgl. der Entscheidung des OLG Zweibrücken anhängigen Revisionsverfahrens (BGH II ZR 69/22), sowohl die Formfragen als auch die Frage der Gesamtnichtigkeit abschließend klärt.

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