12.03.2021Fachbeitrag

Fachbeitrag Venture Capital-Finanzierungsrunden

Venture Capital-Finanzierungsrunden – Liquidation Preference und Down Round Protection

Die Finanzierung von Start-ups erfolgt häufig im Wege von Finanzierungsrunden mit Venture Capital-Investoren (bspw. Business Angels, VC-Fonds und Corporate VCs). Venture Capital-Finanzierungsrunden weisen eine Vielzahl von besonderen Regelungen auf, mit denen sich die Beteiligten, insbesondere die Gründer, vertraut machen sollten.

Hintergrund einer Reihe dieser Regelungen ist, dass die Unternehmensbewertung von Start-ups, auf deren Grundlage die Investments der Venture Capital-Investoren erfolgen, schwierig ist. Grund hierfür ist, dass es für Start-ups naturgemäß (nahezu) keinerlei historische Zahlen gibt. Bei besonders innovativen Geschäftsmodellen trifft dies oftmals nicht nur auf das einzelne Start-up, sondern auf den gesamten Markt zu, in dem das Start-up tätig ist. Dies ist wohl auch der größte Unterschied zwischen der Bewertung von Start-ups und reifen Unternehmen. Denn im Gegensatz zu reifen Unternehmen, die umfangreiche Zahlen zur bisherigen Geschäftsentwicklung vorlegen können, auf deren Grundlage dann die potentiellen Chancen und Risiken der Geschäftsentwicklung für die Zukunft (Forecast) beurteilt werden können, gestaltet sich ein Forecast für Start-ups schwieriger.

Die Bewertung eines Start-ups ermittelt sich auf der Grundlage verschiedener Faktoren, die Rückschlüsse auf das Potenzial des Start-ups und die Validität seines Geschäftsmodells zulassen. Sie knüpft an eher „weiche“ Faktoren an, wie beispielsweise den Track Record eines Seriengründers und den „Glauben“ des Investors an das (Gründer-)Team. Zudem spielt der Business Plan eine essentielle Rolle. Gründer sollten daher einen detaillierten, überzeugenden und insbesondere plausiblen Business Plan als Grundlage für die Gespräche mit potentiellen Venture Capital-Investoren vorlegen können, so dass diese die Chancen und Risiken des Start-ups aus dem Business Plan heraus bewerten können.

Unsicherheiten bei der Unternehmensbewertung sowie die damit einhergehenden Unsicherheiten bei den Wertsteigerungsmöglichkeiten des Start-ups – und somit auch der Investments – wollen Venture Capital-Investoren u.a. durch die Vereinbarung einer sog. Liquidationspräferenz (Liquidation Preference) und eines Verwässerungsschutzes (Down Round Protection oder Anti Dilution) abfedern. Sowohl bei der Liquidation Preference als auch bei der Down Round Protection gibt es allerdings verschiedene Modelle bzw. Methoden, deren wirtschaftlichen Folgen in einem hohen Maße voneinander divergieren können. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über diese verschiedenen Modelle bzw. Methoden.

LIQUIDATION PREFERENCE

Die Verteilung von Exit-Erlösen ist ein zentraler Verhandlungspunkt im Rahmen von Venture Capital-Finanzierungsrunden.

Die Vereinbarung einer Liquidation Preference soll dabei in erster Linie das Investment des Investors absichern. Hierbei wird zwischen der sog. nicht-anrechenbaren (Participating Preference) und der sog. anrechenbaren (Non-Participating Preference) Liquidationspräferenz unterschieden. Sind mehrere Venture Capital-Investoren beteiligt, erhält in der Regel der zeitlich zuletzt hinzugetretene Investor eine gegenüber den weiteren Investoren vorrangige Liquidationspräferenz (last in, first out).

Bei der Participating Preference wird dem Investor im Falle eines Exits eine Art Prämie auf sein Investment gewährt. Konkret wird dem Investor dabei auf erster Stufe zunächst ein Betrag in Höhe seines Investments (der Vorzugsbetrag) von den Exit-Erlösen ausgezahlt. Denkbar ist sogar ein hiervon abweichender, um einen sog. Multiple erhöhter Betrag, etwa das 1,5 oder 2-fache seines Investments. Auch ist eine Verzinsung des Investments möglich. Solche Multiples oder verzinsliche Liquidationspräferenzen sind in den letzten Jahren – aufgrund des gründerfreundlichen Klimas im VC-Markt, das auch durch die Corona-Krise nicht bzw. zumindest nicht in einem Ausmaß wie zunächst befürchtet getrübt wurde – allerdings kaum noch gefordert worden.

Auf zweiter Stufe erhält der Investor dann von den verbleibenden Exit-Erlösen den auf seine prozentuale Beteiligung am Stammkapital entfallenden Betrag (pro rata), was zu einem sog. Double Dipping (eine Partizipation des Investors über seinen pro rata-Anteil) führen kann. Dieses Modell schmälert für alle übrigen Gesellschafter die Beteiligung an den Exit-Erlösen.

Beispiel A*: Der Investor investiert EUR 5 Mio. auf einer pre money Bewertung des Start-ups in Höhe von EUR 20 Mio. und erhält dafür eine Beteiligung in Höhe von 20 Prozent am Stammkapital des Start-ups. Der Exit erfolgt später zu einem Kaufpreis in Höhe von EUR 50 Mio. für 100 Prozent der Geschäftsanteile am Start-up. Der Investor erhält auf der ersten Stufe von den Exit-Erlösen zunächst sein Investment in Höhe von EUR 5 Mio. aufgrund seiner Liquidationspräferenz. Zudem erhält er auf der zweiten Stufe von den verbleibenden EUR 45 Mio. noch 20 Prozent, also EUR 9 Mio. Insgesamt erhält der Investor also EUR 14 Mio. aus den Exit-Erlösen. Die beiden Gründer, die beim Exit zu je 10 Prozent am Stammkapital des Start-ups beteiligt sind, haben – wie die weiteren Gesellschafter – keine Liquidationspräferenz und erhalten auf der zweiten Stufe jeweils EUR 4,5 Mio.

 

Die Non-Participating Preference sichert dem Investor auf erster Stufe ebenfalls eine Erlösverteilung in Höhe seines Investments. Im Unterschied zur Participating Preference wird die Liquidationspräferenz jedoch auf der zweiten Stufe angerechnet, so dass – bei ausreichend hohen Exit-Erlösen – der Investor letztlich so viel erhält, wie er ohne die Liquidationspräferenz erhalten hätte.

Beispiel B: Im Vergleich zu Beispiel A ändert sich Folgendes: Der Investor erhält auf der ersten Stufe zwar ebenfalls zunächst sein Investment in Höhe von EUR 5 Mio. Dieser Betrag wird jedoch auf der zweiten Stufe auf seinen pro rata-Anteil angerechnet, so dass er davon nur EUR 5 Mio. ausgezahlt erhält. Insgesamt erhält der Investor in diesem Beispiel also EUR 10 Mio. Dies entspricht seinem pro rata-Anteil an den Exit-Erlösen (20 Prozent von EUR 50 Mio.). Die beiden Gründer, die beim Exit zu je 10 Prozent am Stammkapital des Start-ups beteiligt sind, erhalten auf der zweiten Stufe jeweils EUR 5 Mio.

 

Die Non-Participating Preference wird demnach ab einer bestimmten Höhe an Exit-Erlösen – wenn der dem Investor bei einer pro rata-Verteilung zustehende Betrag höher ist, als der Betrag der Liquidation Preference – irrelevant; sie fungiert als reine downside protection. Oftmals findet sich in Gesellschaftervereinbarungen daher auch die Formulierung, dass der Investor „das Höhere von (i) Vorzugsbetrag und (ii) pro rata-Erlös“ erhält.

Eine vermittelnde Gestaltung kann vorsehen, dass ab einer bestimmten Bewertung des Start-ups im Exit von der Participating Preference zur Non-Participating Preference gewechselt wird. Hierdurch wird der Investor einerseits davor geschützt, hinter seinen Renditeerwartungen zurückzubleiben. Die Gründer werden aber andererseits incentiviert, möglichst hohe Exit-Erlöse zu erwirtschaften, da durch Vermeidung des Double Dippings der eigene Anteil an den auf der zweiten Stufe verbleibenden Exit-Erlösen wieder ansteigt.

DOWN ROUND PROTECTION

Ein weiteres klassisches Instrument in VC-Verträgen stellt zudem die sog. Down Round Protection dar. Eine Down Round ist eine Folge-Finanzierungsrunde in der das Start-up geringer bewertet wird als in der vorangegangenen Finanzierungsrunde. Dieses Szenario wird für den Investor dadurch abgesichert, dass er im Falle einer Down Round zusätzliche Anteile an dem Start-up zu nominal erhält. Diese sog. Ausgleichsanteile werden in der Regel durch eine weitere Erhöhung des Stammkapitals bereitgestellt. Die damit einhergehende Veränderung der Beteiligungsverhältnisse geht zulasten der Gründer und der weiteren Gesellschafter, denn die Erhöhung des Stammkapitals durch Ausgabe der Ausgleichsanteile an den Investor führt zu einer Verwässerung der bestehenden Anteile der übrigen Gesellschafter.

Auch bei der Down Round Protection gibt es verschiedene Methoden, um die Interessen der Parteien zu berücksichtigen, wobei zunächst die investorenfreundliche Full Ratchet- und die Average-Methode voneinander zu unterscheiden sind. Soweit man bei der Average-Methode auch die unterschiedlichen Volumina der Finanzierungsrunden berücksichtigt, spricht man von der sog. Weighted Average-Methode, bei der wiederum zwischen der sog. Narrow Based Weighted Average- und der sog. Broad Based Weighted Average-Methodeunterschieden wird.

Full Ratchet bedeutet, dass der Investor im Falle einer zukünftigen Down Round durch Ausgabe von zusätzlichen Anteilen so gestellt wird, als hätte er auf der zwischenzeitlich gesunkenen Bewertung investiert.

Beispiel A: Investor A steigt bei einem Start-up mit einem Stammkapital in Höhe von EUR 25.000,00 auf einer pre money Bewertung in Höhe von EUR 10 Mio. mit einem Investment in Höhe von EUR 1 Mio. ein. Ein Geschäftsanteil kostet den Investor A mithin EUR 400,00. Er erhält für sein Investment 2.500 Geschäftsanteile. Investor B investiert später auf einer pre money Bewertung von „nur“ EUR 9 Mio., weshalb ihm der einzelne Geschäftsanteil „nur“ EUR 327,27 kostet. Hätte Investor A ebenfalls nur den geringeren Preis bezahlen müssen, so hätte er für seine EUR 1 Mio. anstatt 2.500 Geschäftsanteile 3.056 Geschäftsanteile erhalten. Da die Full Ratchet-Methode zur Anwendung kommt, bekommt Investor A im Rahmen der Down Round daher 556 weitere Geschäftsanteile zu nominal (ohne die Verpflichtung zur Zahlung einer weiteren Zuzahlung in die freie Kapitalrücklage des Start-ups).

 

Eine Annäherung der Interessen wird durch eine Verbreiterung der Referenzbewertung erzielt (Average-Methode). Nicht nur die Bewertung des Start-ups im Rahmen der Down Round selbst, sondern auch die Bewertung der vorangegangenen Finanzierungsrunde wird zur Berechnung herangezogen und auf diesem Wege ein Durchschnittspreis ermittelt.

Beispiel B: Im Vergleich zu Beispiel A wird hier der Durchschnittspreis zwischen EUR 400,00 und EUR 327,27 gebildet, also EUR 363,64. Für diesen Preis hätte Investor A 2.750 Geschäftsanteile erhalten. Er bekommt bei der vereinbarten Average-Methode daher „nur“ 250 weitere Geschäftsanteile zu nominal (ohne die Verpflichtung zur Zahlung einer weiteren Zuzahlung in die freie Kapitalrücklage des Start-ups).

 

Bei der Weighted Average-Methode wird im Unterschied zur reinen Average-Methode zusätzlich das Volumen der beiden Finanzierungsrunden berücksichtigt. Hierbei wird wiederum zwischen der Broad Based Weighted Average- und der Narrow Based Weighted Average-Methode unterschieden. Die Broad-Based Weighted Average-Methode berücksichtigt alle Stamm- und Vorzugsgeschäftsanteile sowie zum Beispiel auch virtuelle Geschäftsanteile (bspw. für Mitarbeiterbeteiligungs-Programme), wohingegen die (im derzeitigen Marktumfeld am häufigsten verwendete) Narrow Based Weighted Average-Methode meist nur die Vorzugsgeschäftsanteile der jeweiligen Serie betrachtet. Die Broad Based Weighted Average-Methode stellt die gründerfreundlichste Variante dar. Als Faustregel gilt: Je mehr Anteile und Rechte in die Berechnung einbezogen werden, desto geringer ist die Anzahl der auszugebenden Ausgleichsanteile bei einer Down Round und somit auch die Verwässerung der Gründer und der weiteren Gesellschafter.

Es bestehen zudem noch weitere Möglichkeiten der Begrenzung einer Down Round Protection, bspw. durch die zeitliche Begrenzung des Schutzes oder die Aufnahme einer sog. Pay-to-Play-Regelung, wonach der geschützte Investor pro rata an der Down Round teilnehmen muss um seine Rechte aus der Down Round Protection geltend zu machen.

Die vorstehenden Beispiele zeigen, dass die verschiedenen Modelle bzw. Methoden der Liquidation Preference und der Down Round Protection im Falle von einem Exit oder einer Down Round zu erheblichen wirtschaftlichen Unterschieden führen können. Diese Unterschiede sollten allen Beteiligten – bereits bei der Verhandlung des Term Sheets zur Finanzierungsrunde – bekannt sein.

*Bei den Beispielen in diesem Beitrag handelt es sich um vereinfachte Beispiele, die lediglich die wirtschaftlichen Auswirkungen der verschiedenen Modelle bzw. Methoden aufzeigen sollen. 

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