12.01.2021Fachbeitrag

Update Compliance 1/2021

Jahressteuergesetz 2020 in Kraft getreten - Verlängerung der Strafverfolgungsverjährung bei Steuerhinterziehung

Pünktlich zum Jahreswechsel ist am 29. Dezember 2020 das Jahressteuergesetz 2020 in Kraft getreten. Neben zahlreichen pandemiebezogenen Regelungen, Regelungen betreffend die Modernisierung des Mehrwertsteuersystems, die Betrugsbekämpfung im grenzüberschreitenden Online-Handel und den Mieterschutz hat der Gesetzgeber die strafrechtlichen Verjährungsfristen für Steuerstraftaten erneut verlängert. Zugleich ist die Anordnung der Einziehung von Taterträgen bereits verjährter Taten im Strafgesetzbuch normiert worden.

Verlängerung der Verjährung bei der besonders schweren Steuerhinterziehung

Nachdem bereits im Sommer durch das Zweite Corona Steuerhilfegesetz die absolute Verjährung der besonders schweren Steuerhinterziehung auf das Zweieinhalbfache, also auf 25 Jahre verlängert wurde, wird mit dem Jahressteuergesetz 2020 die regelmäßige Verjährung von zehn auf 15 Jahre erhöht. Wie bereits im Jahr 2008, als im Zusammenhang mit dem Ankauf von Datenträgern aus Liechtenstein die Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre erhöht wurde, steht auch die jüngste Verlängerung im Zusammenhang mit der Aufarbeitung konkreter Fälle der Steuerhinterziehung: der Aufarbeitung und Aufklärung zahlreicher Cum-Ex Fälle. Insoweit heißt es in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BT Drs. 19/25160), dass die Verschärfung bei der Verfolgung der Cum-Ex Taten ein weiterer wichtiger Baustein sei.

Die Verlängerung der Verjährungsfrist hat zugleich zur Folge, dass sich die absolute Verjährungsfrist von 25 auf 37,5 Jahre verlängert. Die absolute Verjährungsfrist ist die Frist, in der eine Tat – unabhängig von etwaigen Unterbrechungen wie beispielsweise der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens – verjährt.

Die vorgenannten Verjährungsfristen gelten für alle Fälle, in denen eines der in § 370 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AO normierten Regelbeispiele verwirklicht ist. Um einen besonders schweren Fall kann es sich beispielsweise handeln, wenn der Verkürzungsbetrag EUR 50.000,00 übersteigt.

Die neuen Verjährungsregeln finden auf sämtliche zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Regelungen noch nicht verjährte Taten Anwendung.

Einziehung von Taterträgen bereits verjährter Straftaten

Zugleich hat der Gesetzgeber einen neuen § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB eingeführt. Dieser regelt, dass Taterträge auch dann eingezogen werden können, wenn der Anspruch der Verletzten auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Wertersatz durch Verjährung erloschen ist. Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 29. Dezember 2020 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, so ist abweichend von § 2 Abs. 5 StGB § 73e Abs. 1 Satz 2 StGB in der neuen Fassung unter anderem dann anzuwenden, wenn eine Steuerhinterziehung von mehr als EUR 50.000,00 vorliegt. Dies bedeutet im Ergebnis, dass in bestimmten Fällen eine Einziehung für bis zu 30 Jahre möglich ist, im Falle von Unterbrechungshandlungen sogar bis zu 60 Jahre. Ausweislich der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses ist auch diese Regelung den noch aufzuklärenden bzw. nicht ausermittelten Cum-Ex Fällen geschuldet.

Praxishinweis

Schon die bisherige zehnjährige Verjährungsfrist bei besonders schwerer Steuerhinterziehung wich von den allgemeinen Verjährungsregeln des Strafrechts ab. Hinzu kommt, dass die Regelungen wohl primär der Aufklärung von Cum-Ex Fällen dienen; ein (auch verfassungsrechtlich) kritisches Unterfangen. Insoweit weist der Finanzausschuss in seiner Beschlussempfehlung zutreffend auf Folgendes hin:

Die Verjährungsregelungen sind aus rechtsstaatlicher Sicht keine beliebige Variable. Unzureichender Personaleinsatz beider Bewältigung der – seit langem absehbar – komplexen CumEx-Straftaten im Land Nordrhein-Westfalen ist dafür jedenfalls keine sachgerechte, und schon gar keine zwingende Begründung. Dass die Probleme der Strafverfolgung in diesen Fällen auch damit zusammenhängen, dass die Einziehungsvolumina (der Gesamtschaden) bei den rechtswidrigen CumEx/CumCum-Gestaltungen von den die Bundesregierung tragenden Fraktionen der CDU/CSU und der SPD stets deutlich unterschätzt wurden, 2017 der damit befasste Untersuchungsausschuss von der Koalition als nicht erforderlich bewertet worden war (Drs 18/12700 S.379) und keine umfassenden Aktivitäten von Bundesseite zur Stärkung der CumEx Strafverfolgung durch die Länder erfolgt sind, diese damit sozusagen alleingelassen wurden, sei hier erwähnt.

Nichtsdestotrotz müssen sich die Betroffenen mit den Folgen der verlängerten Strafverfolgungsverjährung auseinandersetzen. Auswirkungen ergeben sich zum einen auf die Festsetzungsverjährung. Diese tritt nämlich erst ein, wenn auch die Steuerstraftat verjährt ist.

Zudem wirkt sich die Gesetzesänderung auch auf die Selbstanzeigepraxis aus. Denn eine Selbstanzeige hat nur dann strafbefreiende Wirkung, wenn alle unverjährten Straftaten einer Steuerart berichtigt werden. Somit müssen künftig in Fällen der besonders schweren Steuerhinterziehung nicht nur die Angaben für zehn, sondern für 15 Jahre korrigiert werden, sofern auch in diesen Jahren eine Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall gegeben ist.

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