12.12.2023Fachbeitrag

Update IP, Media & Technology Nr. 86

Streit um Domain: Nutzung einer Domain als Weiterleitungsadresse ist zulässig

Die Nutzung einer Domain als reine Weiterleitungsadresse zu einem Drittunternehmen, hat nicht zwingend zur Folge, dass die Domain selbst an ein später eingetragenes Unternehmen verloren geht.

Der BGH hat mit Urteil vom 26.10.2023, Aktenzeichen I ZR 107 / 22, entschieden, dass ein Nutzungsrecht an einer Domain auch bei bloßem wirtschaftlichen Interesse weiterhin bestehen bleiben könne. Das Recht folge aus der Registrierung.

I. Der Fall

Seit 2010 ist ein Rechtsanwalt Inhaber der beiden Domains „energycollect.de“ und „energy-collect.de“, diese waren bei Denic eG registriert. Allerdings führten beide Adressen nicht zu einer mit Inhalten versorgten gleichnamigen Website. Vielmehr landeten Nutzer und Nutzerinnen automatisch auf der Internetseite eines Drittunternehmens, dessen Vorstand der Rechtsanwalt und damit der Inhaber der Domains ist. Dieses ist als Inkasso-Dienstleister in der Energieversorgungsbranche tätig.

Im Sommer 2020 wurde die Firma „energy COLLECT GmbH & Co KG“ ebenfalls als Inkasso-Dienstleister für Energieversorgungsunternehmen, dementsprechend in demselben Geschäftsfeld, tätig. Die Kommanditgesellschaft forderte von dem Rechtsanwalt, Einwilligung zur Löschung seiner Domains zu erteilen. Sowohl vor dem LG Mannheim als auch vor dem OLG Karlsruhe blieb der Rechtsanwalt erfolglos. Erst die Revision vor dem BGH steuerte in die andere Richtung und führte zur Zurückverweisung.

II. Die Gründe: Schutzwürdiges Interesse an Weiterleitungsdomain

Hinsichtlich der Ausführungen über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Satz 1 Fall 2 BGB stimmte der I. Zivilsenat zwar überwiegend dem OLG Karlsruhe zu. Das Namensrecht stehe der „energy Collect GmbH & Co. KG“ zu und es liege auch ein unbefugter Gebrauch des Namens seitens des Rechtsanwalts vor. Ferner entstehe auch eine Zuordnungsverwirrung durch die Weiterleitung an das Drittunternehmen bei den Nutzern und Nutzerinnen. Dennoch betont der BGH, dass keine Verletzung schutzwürdiger Interessen durch das Aufrechterhalten der Domains aufseiten der Namensinhaberin festzustellen sei.

Im Gegensatz zu der Ansicht des OLG Karlsruhe vertreten die Richter und Richterinnen des BGH die Auffassung, dass auch die reine Nutzung der Domains als Weiterleitungsadresse, um auf diesem Wege ein höheres Besucheraufkommen zu generieren, schutzwürdig sei. Das Registrieren einer Domain allein führe schon zur Begründung einer eigentumsfähigen Position im Sinne der Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 GRCh und Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK. So habe ein Dritter, der den Domainnamen nach dessen Registrierung als Unternehmensnamen nutzen möchte, nach dem BGH keinerlei schutzwürdiges Interesse. Letztendlich stände es dem Dritten frei, eine gründliche Recherche durchzuführen, bevor er eine Wahl bezüglich seines Unternehmensnamens trifft. Es bestände mithin die Möglichkeit eine andere Wahl zu treffen.

Das Prioritätsprinzip, das auch im Markenrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz Anwendung findet, lasse sich auch nur in dem Fall durchbrechen, wenn die berechtigte Person die Domain rechtsmissbräuchlich verwendet. Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. Denn auch die Nutzung als bloße Weiterleitungsadresse um bessere Trefferquoten der Zielseite in Suchmaschinen zu erzielen, lasse sich auf ein legitimes wirtschaftliches Interesse zurückführen. Gegenüberzustellen seien somit nicht nur namens- bzw. markenrechtliche Interessen, sondern es seien alle Interessen zu berücksichtigen.

Ob tatsächlich ein, wie von dem Rechtsanwalt vorgebracht, wirtschaftliches Interesse bestehe, ist nun vom OLG Karlsruhe zu prüfen.

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