21.06.2023Fachbeitrag

Update Datenschutz Nr. 145, Update Arbeitsrecht Juni 2023

Betriebsratsvorsitzender kann nicht zugleich Datenschutzbeauftragter sein

Kürzlich hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Unvereinbarkeit zweier wichtiger Positionen in Unternehmen festgestellt. Der Vorsitzende des Betriebsrats kann nicht gleichzeitig die Position des Datenschutzbeauftragten bekleiden.

Das Urteil erging, nachdem das BAG zunächst den europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung angerufen hatte. In Folge der Entscheidung des EuGHs im Februar 2023 hat nun auch das BAG im einschlägigen Fall geurteilt.

Die gegenüberstehenden Positionen

In Frage standen vor allem mögliche Interessenskonflikte zwischen der Position des Betriebsratsvorsitzenden und des Datenschutzbeauftragten in einem Unternehmen.

Die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten bestehen unter anderem in der Unterrichtung und Beratung des Unternehmens zu datenschutzrechtlichen Pflichten. Er oder sie überwacht die Einhaltung der DSGVO sowie anderer Datenschutzvorschriften. Hierzu gehört auch die Sensibilisierung und Schulung der an Verarbeitungsvorgängen beteiligten Mitarbeiter. Weiterhin berät er zur Datenschutzfolgenabschätzung und arbeitet mit der zuständigen Aufsichtsbehörde zusammen.

Der Vorsitzende des Betriebsrats vertritt den Betriebsrat im Rahmen der gefassten Beschlüsse. Er beruft unter anderem Sitzungen ein, leitet diese und setzt die Tagesordnung fest. Der Betriebsrat ist jedoch auch mit Entscheidungen über die Verarbeitung personenbezogener Daten befasst.

Gründe für Unvereinbarkeit

Personenbezogene Daten dürfen dem Betriebsrat nur zu den im Gesetz vorgesehenen Zwecken zur Verfügung gestellt werden. Der Betriebsrat entscheidet selbst darüber, welche personenbezogenen Daten er im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben vom Arbeitgeber fordert und auf welche Weise er diese anschließend verarbeitet.

Der Datenschutzbeauftragte wiederum ist gerade dazu eingesetzt,
Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung zu überwachen.

Diese Überlappung der Aufgaben kann zu einem Interessenskonflikt führen. So jedenfalls das BAG.

Ausgangssachverhalt

Dem Urteil des BAG lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Vorsitzender des Betriebsrats eines Unternehmens und in dieser Funktion teilweise von der Arbeit freigestellt. 2015 wurde er zum Datenschutzbeauftragten bestellt. Diese Bestellung wurde 2017 auf Veranlassung des Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit widerrufen. Angeführter Grund war die Inkompatibilität der Position mit dem Betriebsratsvorsitz.

Der Kläger ging gegen den Widerruf gerichtlich vor. Die Vorinstanzen gaben ihm Recht.

Das BAG legte dem EuGH daraufhin eine Auslegungsfrage zur DSGVO und der deutschen Regelung vor. Der EuGH entschied im Februar diesen Jahres.

Urteil des BAG

Am 6. Juni 2023 erging nun das Urteil des BAG. Die Revision hatte Erfolg und die Klage wurde abgewiesen.

Der Vorsitz im Betriebsrat stehe der Wahrnehmung der Aufgaben des Datenschutzbeauftragten typischerweise entgegen und berechtige den Arbeitgeber in der Regel zur Abberufung des Datenschutzbeauftragten.

Ein wichtiger Grund zur Abberufung liege in Form eines Interessenskonflikts vor. Der Betriebsrat entscheidet, welche personenbezogenen Daten er unter welchen Umständen in Ausübung seiner gesetzlichen Aufgaben vom Arbeitgeber fordert und auf welche Weise er diese anschließend verarbeitet. Damit legt er Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten fest.

Der Datenschutzbeauftragte soll seinerseits die Verarbeitung der personenbezogenen Daten unabhängig überwachen können. Handeln hierbei dieselben Personen, müssten diese gewissenmaßen sich selbst überwachen.

Jedenfalls in der herausgehobenen Position des Vorsitzenden des Betriebsrats liegt nach dem BAG ein Interessenskonflikt vor, der einen wichtigen Grund zur Abberufung als Datenschutzbeauftragter darstellt.

Übertragung auf heutige Rechtslage

Die Entscheidung erging noch auf Grundlage alter Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Doch auch nach den Vorschriften der aktuellen DSGVO und dem neugefassten BDSG ist der Interessenskonflikt zwischen den Positionen nicht anders zu bewerten.

Blick auf die Praxis

Mit Blick auf die Praxis ist in vergleichbaren Konstellationen in Unternehmen eine Niederlegung eines der Ämter durch den Amtsinhaber in Erwägung zu ziehen bzw. eine Abberufung als Datenschutzbeauftragter durch den Verantwortlichen.

Ob der Interessenskonflikt auch für andere Mitglieder des Betriebsrats anzunehmen ist, musste das BAG nicht entscheiden. Einiges spricht jedoch dafür. Denn der Vorsitzende des Betriebsrates ist an der Willensbildung nicht stärker beteiligt als andere Mitglieder des Betriebsrats. Es könnten daher ähnlich Argumente für einen Interessenskonflikt auch bei anderen Mitgliedern des Betriebsrats sprechen.

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