17.07.2017Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht Juli 2017

Strenge Mitteilungspflichten beim Erwerb von Aktien einer nicht börsennotierten AG

Die Mitteilungspflichten nach § 20 Abs. 1, 4 AktG werden nur dann ordnungsgemäß erfüllt, wenn die Gesellschaft nicht korrigierend eingreifen muss. Andernfalls ist nach § 20 Abs. 7 AktG die Ausübung der Rechte aus den Aktien ausgeschlossen. Der Zweck der Mitteilungspflichten ist auf die Publikation nach § 20 Abs. 6 AktG ausgerichtet. Die schriftliche Mitteilung muss nach Form und Inhalt vom Vorstand auch als Mitteilung im Sinne von § 20 AktG erfasst werden können. Eine Mitteilung vor Erwerb der Beteiligung ist zur Erfüllung der Mitteilungspflicht grundsätzlich nicht geeignet.

Die ordnungsgemäße Erfüllung der aktienrechtlichen Mitteilungspflichten gemäß § 20 AktG bereitet in der Praxis auch professionellen Anlegern wie etwa Banken oder börsennotierten Unternehmen Schwierigkeiten. Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflichten hat weitreichende Folgen. Gemäß § 20 Abs. 7 AktG droht insbesondere der Verlust des Dividendenbezugsrechts. Daher sind die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Mitteilung stets vor Übersendung zu prüfen. Im Falle der Beherrschung des Aktionärs durch eine oder mehrere Gesellschaften droht auch bei Verletzung deren Mitteilungspflichten der Verlust des Dividendenbezugsrechts. Der Aktionär sollte also die herrschenden Unternehmen zur Erteilung von ordnungsgemäßen Mitteilungen anhalten und sich über die Einhaltung der Mitteilungspflichten erkundigen. Dies gilt selbst dann, wenn das herrschende Unternehmen im Ausland ansässig ist.

Sachverhalt

In dem Revisionsverfahren machte die Klägerin Dividendenrückzahlungsansprüche aus § 62 Abs. 1 i.V.m. § 20 Abs. 7 AktG geltend. Hintergrund war die gerügte Verletzung von Meldepflichten aus § 20 Abs. 1, 4 AktG. Die Beklagte erwarb gegen Ende des Jahres 2002 sämtliche Aktien der Klägerin. Der Verkauf der Aktien bedurfte nach der Satzung der Klägerin der Zustimmung der Hauptversammlung. Mitte Dezember 2002 wurde der Klägerin ein Kaufvertragsentwurf übersandt. In dem Entwurf wurde darauf hingewiesen, dass der Verkauf und die Übertragung mit Wirkung zum 31. Dezember 2002 erfolgen sollen, die Beklagte alleinige Aktionärin der Klägerin sei und die Hauptversammlung satzungsgemäß die Zustimmung zur Übertragung der Aktien beschlossen habe. Knapp drei Jahre danach teilte die Beklagte dem Vorstand der Klägerin unter Hinweis auf § 20 Abs. 4 AktG schriftlich mit, dass ihr unmittelbar eine Mehrheitsbeteiligung an der Klägerin gehöre. Kurz darauf erstattete eine ausländische Gesellschaft, von welcher die Beklagte beherrscht wurde, eine schriftliche Mitteilung dahingehend, dass ihr mittelbar eine Mehrheitsbeteiligung an der Beklagten gehöre. In der Mitteilung wurde auch darauf hingewiesen, dass ihre Beteiligung über eine dreistöckige Beteiligung, die ihr nach § 16 Abs. 4 AktG zuzurechnen sei, erfolgt. Die drei weiteren an der Klägerin mittelbar beteiligten Gesellschaften erteilten keine Mitteilungen.

Entwurf eines Aktienkauf- und Übertragungsvertrages stellt keine Mitteilung dar

Der BGH führte aus, dass die Vorlage des Kaufvertragsentwurfes keine Mitteilung i.S.d. § 20 Abs. 4 AktG darstellt. Denn der vorgesehene Aktienerwerb hing noch von der Zustimmung der Hauptversammlung der Klägerin und darüber hinaus von dem endgültigen Vertragsabschluss ab. Dieser kann sich aus dem bloßen Entwurf naturgemäß nicht ergeben. Auch der Umstand, dass die Klägerin den Erwerbsvorgang weiter beobachten und dessen erfolgreichen Abschluss selbst feststellen konnte, ändert daran nichts. Tatsachen, die die Gesellschaft zwar selbst feststellen, der Mitteilung aber nicht entnehmen kann, sind bei der Prüfung, ob die Mitteilung den gesetzlichen Anforderungen entspricht, nicht zu berücksichtigen.

Der abgeschlossene Aktienkauf- und Übertragungsvertrag stellt nur eine Mitteilung dar, wenn er die Anforderung an diese erfüllt

Auch die Vorlage des unterschriebenen Kauf- und Abtretungsvertrags reicht als solche nicht zur Erfüllung der Mitteilungspflicht aus. Die ist nur dann anders, wenn ein (eigenständiges) Übersendungsschreiben beigefügt ist, welches die aktienrechtlichen Anforderungen an eine Mitteilung nach § 20 AktG erfüllt. Denn ein Kauf- und Übertragungsvertrag stellt keine schriftliche (§ 126 BGB) Mitteilung gem. § 20 Abs. 4 AktG dar, da die Vertragsurkunde selbst keine Mitteilung ausweist.

Eine Mitteilung kann nur im Erwerbszeitpunkt oder nach Erwerb erfolgen

Zudem wäre die Vorlage der Vertragsurkunde im entschiedenen Fall auch vor der Übertragung der Aktien erfolgt. Nach dem Wortlaut von § 20 Abs. 4 AktG hat die Mitteilung aber zu erfolgen, „sobald“ die Mehrheitsbeteiligung dem Mitteilungspflichtigen gehört. Eine bereits vor dem Erwerb erfolgte Mitteilung ist mithin zur Erfüllung der Mitteilungspflicht grundsätzlich nicht geeignet. Andernfalls würde der Gesellschaft eine Überwachungspflicht auferlegt werden. Das soll jedoch durch die gesetzliche Ausgestaltung der Mitteilungspflicht gerade vermieden werden. Die Rechtssicherheit gebietet eine klare und eindeutige Handhabung der Mitteilungspflichten aus § 20 AktG.

Auch die Verletzung der Mitteilungspflicht durch mittelbar beteiligte Unternehmen führt im Zweifel zum Rechtsverlust des Aktionärs

Schließlich hat der BGH noch für die erneute Entscheidung durch das Berufungsgericht Hinweise im Hinblick auf die unterbliebenen Mitteilungen der drei weiteren, die Beklagte beherrschenden Gesellschaften erteilt: Auch die Verletzung von Mitteilungspflichten der mittelbar beteiligten Gesellschaften führt im Zweifel zum Verlust des Dividendenbezugsrechts. Das Verschulden der mitteilungspflichtigen Erwerberin wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der AG etwaige Versäumnisse vorzuwerfen wären. Diese ist im Verhältnis zu den Aktionären nicht für die Erfüllung deren Mitteilungspflichten verantwortlich. Das Berufungsgericht hat auch zu prüfen, ob die Beklagte besonderen Erkundigungspflichten hinsichtlich der Mitteilung der mittelbar beteiligten Gesellschaften unterliegt. Es ist vom Berufungsgericht auch zu prüfen, ob ihr sogar bei der Anwendung von § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG die Kenntnisse und die Kenntnismöglichkeiten der über sie mittelbar an der Klägerin beteiligten Unternehmen zuzurechnen sind. Dadurch sollen Wertungswidersprüche vermieden werden, die sich bei der Anwendung von § 62 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 20 Abs. 7 AktG sonst ergeben könnten. Dies ist unabhängig von der Darlegungs- und Beweislast der Klägerin für die Verletzung der Mitteilungspflichten der mittelbar beteiligten Gesellschaften zu prüfen.

Fazit

Hinsichtlich der Erfüllung der aktienrechtlichen Mitteilungspflichten werden strenge Maßstäbe angelegt. Eine Mitteilung i.S.d. § 20 AktG muss eindeutig als solche verifizierbar sein. Aus diesem Grund sollte eine Mitteilung auch als solche überschrieben sein und deutlich auf den mitteilungsbedürftigen Tatbestand nach § 20 AktG hinweisen. Verletzt im Rahmen einer Beteiligungskette auf Seiten des Aktionärs nur eine der mittelbar beteiligten Gesellschaften ihre Mitteilungspflicht, führt dies im Zweifel zum Verlust der Aktionärsrechte des unmittelbaren Aktionärs, also auch zum Verlust des Dividendenbezugsrechts. Ungeklärt ist weiterhin, ob dem unmittelbaren Aktionär Erkundigungspflichten hinsichtlich der Mitteilung der mittelbar beteiligten Gesellschaften obliegen. Noch weitergehend könnten sogar etwaige Kenntnisse oder Kenntnismöglichkeiten dieser Gesellschaften von der Verletzung ihrer Mitteilungspflichten zuzurechnen sein.

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