05.05.2023Fachbeitrag

Update Gesellschaftsrecht Nr. 39

BGH: Der Schutzbereich des Organ- und Anstellungsverhältnisses zwischen der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer erstreckt sich auf die GmbH & Co. KG

BGH, Urteil vom 14.03.2023, Az. II ZR 162/21

Der zweite Senat des BGH überträgt mit seiner Grundsatzentscheidung vom 14. März 2023 (Az. II ZR 162/21) seine ständige Rechtsprechung zur unmittelbaren Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG wegen sorgfaltswidriger Geschäftsführung nach  § 43 Abs. 2 GmbHG auf die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH, die geschäftsführende Kommanditistin einer Publikums-GmbH & Co. KG ist.

Sachverhalt

Geklagt hatte der Insolvenzverwalter der D. GmbH & Co. KG, einer Publikums-Kommanditgesellschaft. Nach deren Gesellschaftsvertrag war zur Geschäftsführung ausschließlich eine Kommanditistin, die U. GmbH, berechtigt. Der Beklagte wurde zu einem weiteren Geschäftsführer der geschäftsführenden U. GmbH, welche im Übrigen in weiteren Fondsgesellschaften geschäftsführende Kommanditistin war, bestellt. Die D. GmbH & Co. KG warb Anlegergelder ein und stellte diese der mittlerweile insolventen D. AG als Darlehen zum Erwerb von Immobilien zur Verfügung.

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen der Zahlung einer Darlehenstranche der D. GmbH & Co. KG an die D. AG in Anspruch, obwohl der Beklagte an der Zahlung selbst nicht mitgewirkt hat und aufgrund einer Ressortverteilung für die Belange der D. GmbH & Co. KG auch nicht zuständig war. Die streitgegenständliche Zahlung war, wie der Großteil der als Darlehen an die D. AG vergebenen Anlegergelder, vertragswidrig nicht werthaltig besichert worden.

Entscheidung des BGH

Der BGH bejaht – entsprechend den Vorinstanzen – einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den beklagten Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH aus § 43 Abs. 2 GmbHG wegen sorgfaltswidriger Geschäftsführung bei der GmbH & Co. KG.

1.

Der Schutzbereich des zwischen der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses erstreckt sich – im Hinblick auf dessen Haftung gem. § 43 Abs. 2 GmbHG wegen sorgfaltswidriger Geschäftsführung – auf die GmbH & Co. KG, auch wenn die Führung deren Geschäfte nicht die alleinige bzw. wesentliche Aufgabe der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH darstellt.

In ständiger Rechtsprechung bezieht der BGH GmbH & Co. KG in den Schutzbereich des zwischen der (geschäftsführenden) Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses im Hinblick auf die Haftung des Geschäftsführers gem. § 43 Abs. 2 GmbHG ein.

Diese Grundsätze überträgt der BGH nun auf den vorliegenden Fall und bejaht die Haftung des Geschäftsführers der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH gegenüber der GmbH & Co. KG gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Die GmbH & Co. KG sei danach in den Schutzbereich des Organ- und Anstellungsverhältnisses, das zwischen der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH und ihrem Geschäftsführer besteht, einzubeziehen. Eine Schutzwirkung zugunsten Dritter ist aus Sicht des BGH zu bejahen, da der Dritte (mithin die GmbH & Co. KG) vorliegend bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommt, ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Vertrags besteht, der Vertragsschutz nach Treu und Glauben auszudehnen ist und die Einbeziehung Dritter zumindest erkennbar ist. Diesbezüglich schließt sich der BGH nun der herrschenden Literaturmeinung an, nach der der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG gegenüber dieser auch dann nach § 43 Abs. 2 GmbHG haftet, wenn die Wahrnehmung der Geschäftsführung nicht die alleinige, wesentliche Aufgabe der GmbH ist. Der Geschäftsführer hat sich bei Übernahme der Geschäftsführung – unabhängig von Mehrfach-Geschäftsführungen – über den Umfang der damit verbundenen Aufgaben einen Überblick zu verschaffen.

2.

Im Übrigen steht der Haftung des beklagten Geschäftsführers der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH nach § 43 Abs. 2 GmbHG nicht entgegen, dass nach der internen Ressortverteilung die Führung der Geschäfte der GmbH & Co. KG nicht seine wesentliche Aufgabe war. Auch bei einer zulässigen Verteilung von Geschäftsführer-Aufgaben treffen den organisatorisch nicht betroffenen Geschäftsführer wegen seiner Allzuständigkeit Überwachungspflichten. Diesbezüglich ist die Schutzwirkung zugunsten der GmbH & Co. KG weder zu beschränken noch sind die Überwachungspflichten anders zu behandeln als die Geschäftsführerpflichten im Übrigen.

Hinweis

Nach der Entscheidung des BGH ist ein Geschäftsführer einer geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH mit derjenigen der Komplementärgesellschaft in Fragen von Haftung und Pflichtverletzung gleichzusetzen. Das Geschäftsmodell der geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH, die ihre Tätigkeit einer Vielzahl von GmbH & Co. KGs anbietet, gestaltet sich demzufolge nun für die Geschäftsführer solcher GmbHs haftungsträchtiger als bisher.

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