09.11.2023Fachbeitrag

Finanzmarktdigitalisierungsgesetz – die deutsche Antwort auf MiCAR, DORA und Co.

Am 23. Oktober 2023 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen („BMF“) einen Referentenentwurf eines Gesetzes über die Digitalisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktdigitalisierungsgesetz, „FinmadiG“). Der Referentenentwurf dient der nationalen  Umsetzung einer Reihe von europäischen Regulierungen, die die Europäische Union („EU“) im Rahmen ihrer Strategie für ein digitales Finanzwesen verabschiedet hat.

Das FinmadiG enthält Regelungen zur nationalen Durchführung der europäischen Verordnung über Märkte für Kryptowerte („MiCAR“, Verordnung EU) 2023/1114), der Verordnung über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers und Transfers bestimmter  Kryptowerte („Geldtransferverordnung“, Verordnung (EU 2023/1113), der Verordnung über digitale operationale Resilienz im Finanzsektor („DORA“, Verordnung (EU) 2022/2554) sowie der Richtlinie hinsichtlich der digitalen operationalen Resilienz im Finanzsektor („DORA-Richtlinie“, Richtlinie EU) 2022/2556). Der deutsche Gesetzgeber muss die bestehende nationale Kryptoregulierung anpassen, um Einklang mit dem genannten europäischen Rahmenwerk herzustellen. Entsprechend schlägt das BMF im  Referentenentwurf die Einführung eines neuen Gesetzes, dem Kryptomärkteaufsichtsgesetz („KMAG-Entwurf“), sowie Änderungen an bestehenden Gesetzen wie dem Gesetz über das Kreditwesen („KWG“), dem Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten („GwG“) und weiteren fnanzmarktrelevanten Gesetzen vor. Das FinmadiG soll parallel mit dem Geltungsbeginn der MiCAR in Kraft treten, also grundsätzlich am 30. Dezember 2024. Die Vorschriften über vermögenswertereferenzierte Token  und E-Geld-Token (beide auch bezeichnet als Stablecoins) treten hingegen – ebenfalls parallel zu den Regelungen der MiCAR – schon am 1. Juli 2024 in Kraft.

1. Vereinheitlichung des Kryptowertebegriffs

Das FinmadiG soll den bestehenden deutschen Begriff der Kryptowerte aus § 1 Absatz 11 Satz 4 KWG mit dem europäischen Begriff der Kryptowerte aus  Artikel 3 Absatz 1 Nummer 5 MiCAR gleichsetzen. Zudem nimmt der deutsche Gesetzgeber den Begriff der  Kryptowerte aus dem Katalog der Finanzinstrumente nach dem KWG heraus. Damit entfällt zukünftig der wesentliche Bezugspunkt für eine regulatorische Erfassung von Kryptowerten unter dem Aufsichtsregime des KWG. Für digitale Vermögenswerte, die der  deutsche Gesetzgeber dennoch regulieren möchte, führt er den neuen Begriff des „kryptografschen Instruments“ im KWG-Entwurf ein. Auf die „neuen“ kryptografischen Instrumente bezieht sich zukünftig ausschließlich das ebenfalls neu eingeführte „qualifzierte Kryptoverwahrgeschäft“. Kryptografische Instrumente sollen nach dem KWG-Entwurf ebenfalls nicht als Finanzinstrumente qualifizieren.

Kryptowerte sind nach aktuellem Recht gemäß § 1 Absatz 11 Satz 4 KWG defniert als „digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann“. Keine Kryptowerte sind nach § 1 Absatz 11 Satz 5 Nummer 1 KWG insbesondere E-Geld im Sinne von § 1 Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten („ZAG“). Die MiCAR defniert Kryptowerte nach Artikel 3 Absatz 1 Nummer 5 MiCAR als „eine digitale Darstellung eines Werts oder eines Rechts, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann“. Die MiCAR-Defnition von Kryptowerten ist damit weiter als die des KWG, da sie keine  Akzeptanz der  Kryptowerte als Tausch- oder Zahlungsmittel und keinen Anlagezweck fordert. Vom Anwendungsbereich der MiCAR ausgenommen sind jedoch Finanzinstrumente im Sinne der Richtlinie 2014/65/EU über Märkte für Finanzinstrumente („MiFID II“). Zwischen der MiCAR und der MiFID II herrscht also ein strenges Alternativverhältnis, während in den Kryptowertebegriff nach dem KWG auch Finanzinstrumente im Sinne der  MiFID II fallen können. Dies ist vor allem bei den sogenannten Security Token sowie den Kryptowertpapieren im Sinne des Gesetzes über elektronische Wertpapiere („eWpG“) und den Kryptofondsanteilen im Sinne der Verordnung über Kryptofonds („KryptoFAV“) relevant, die als Finanzinstrumente im Sinne der MiFID II und des KWG klassifzieren. Security Token bilden beispielsweise dividendenähnliche Zahlungen oder Mitbestimmungsrechte ab. Die Einordnung von Kryptowertpapieren und Kryptofondsanteilen als Kryptowerte im Sinne des KWG ist hingegen umstritten. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) stuft Kryptowertpapiere jedenfalls auch als Kryptowerte im Sinne des KWG ein. Kryptowertpapiere und Kryptofondsanteile fallen auch bereits aus anderen Gründen in den Anwendungsbereich des KWG. Kryptowertpapiere unterfallen der Defnition eines Schuldtitels nach § 1 Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 KWG, während Kryptofondsanteile  Anteile an Investmentvermögen nach § 1 Absatz 11  Satz 1 Nummer 5 KWG sind. Kryptowertpapiere, Kryptofondsanteile und Security Token sind darüber hinaus auch Finanzinstrumente im Sinne des Gesetzes über den Wertpapierhandel („WpHG“). Kryptofondsanteile sind zudem als Investmentvermögen im Kapitalanlagegesetzbuch („KAGB“) reguliert.

Currency Token wie etwa der Bitcoin, Stablecoins, die nicht schon als E-Geld im Sinne des ZAG qualifzieren, und Utility Token mit Anlagezweck fallen nach der bisherigen Defnition sowohl unter das KWG als auch unter die MiCAR. Die Token verkörpern nämlich als digitale Darstellung einen Wert, den ihnen die Teilnehmer des Netzwerks zuweisen. Es gibt keine öffentliche Stelle, die die Token emittiert oder garantiert. Insbesondere bei Currency Token handelt es sich gerade nicht um eine Währung im gesetzlichen Sinne. In der Praxis haben sich Currency Token als Tausch- oder Zahlungsmittel etabliert. Stablecoins dienen ebenfalls als Tauschmittel oder zu Anlagezwecken. Auch Utility Token können einen Anlagezweck aufweisen. Das Netzwerk speichert die Token elektronisch und macht sie so übertragbar und handelbar.  Die Token  fallen damit unter die bisherige Kryptowerte-Defnition des  KWG; die weitere Defnition aus Artikel 3 Absatz 1 Nummer 5 MiCAR, die lediglich eine Darstellung eines elektronisch übertragbaren und speicherbaren Wertes voraussetzt, erfasst diese Token erst recht. Utility Token ohne Anlagezweck unterfallen hingegen bisher nur der MiCAR und nicht auch dem KWG. Künftig unterfallen Utility Token, egal ob deren Anlagezweck im Vordergrund steht oder nicht, nur noch der MiCAR.

Die beschriebenen bisherigen  Abgrenzungen sind jedoch nicht mit dem in der MiCAR angelegten Alternativverhältnis vereinbar, nachdem Kryptowerte im Sinne der MiCAR gerade keine Finanzinstrumente im Sinne der MiFID II sind. Zur Umsetzung dieses  Alternativverhältnisses parallelisiert der Referentenentwurf den  Begriff des Kryptowertes im KWG-Entwurf mit dem der MiCAR und nimmt zugleich Kryptowerte im Sinne der MiCAR aus der Defnition kryptografischer Instrumente heraus. Damit möchte der  Gesetzgeber laut der Gesetzesbegründung Überschneidungen zwischen der MiCAR und dem KWG-Entwurf im Anwendungsbereich hinsichtlich digitaler Vermögenswerte ausschließen. Diese Unterscheidung refektiert auch der KMAG-Entwurf, der hinsichtlich der Kryptowerte-Defnition auf die MiCAR verweist und Security Token aus seinem Anwendungsbereich ausgrenzt.

Kryptografische Instrumente sind im KWG-Entwurf defniert wie die bisherigen Kryptowerte mit dem neuen Zusatz, dass Kryptowerte im Sinne des Artikel 3 Absatz 1 Nummer 5 MiCAR, Kryptowertpapiere und Kryptofondsanteile keine kryptografischen Instrumente sind. Wegen der weiten Defnition der Kryptowerte in der MiCAR verbleibt nur noch ein überschaubarer Anwendungsbereich für die kryptografischen Instrumente.

Unter die neue Defnition der kryptografischen Instrumente fallen damit solche digitalen Vermögenswerte, die nach bisherigem nationalen Recht Kryptowerte im Sinne des KWG, aber keine Kryptowerte im Anwendungsbereich der MiCAR sind. Da Currency Token,  Stablecoins und Utility Token mit und ohne Anlagezweck der MiCAR unterliegen, sind sie keine kryptografischen Instrumente im Sinne des KWG-Entwurfs. Laut Gesetzesbegründung zählen zu den kryptografischen Instrumenten des KWG-Entwurfs insbesondere  Finanzinstrumente im Sinne der MiFID II, also Security Token in Form von tokenisierten Wertpapieren, soweit sie wiederum keine Kryptowertpapiere oder Kryptofondsanteile sind. Denkbar ist auch die Einordnung von Non-Fungible Token („NFTs“) als kryptografisches Instrument, sofern sie bisher wegen eines Anlagezwecks als Kryptowert im Sinne des KWG qualifzieren, da NFTs, die keine Serie/Sammlung sind, nicht der MiCAR unterfallen. In den Anwendungsbereich der MiCAR fallen ausweislich des  Erwägungsgrundes (11) höchstens solche NFTs, die in einer großen Serie oder Sammlung ausgegeben werden, da der Gesetzgeber in diesem Fall von einer hinreichenden Fungibilität ausgeht. Die Aufrechterhaltung einer Kategorie für kryptografische Instrument im KWG-Entwurf dient dazu, hinsichtlich der Kryptoverwahrung neben der MiCAR und dem Depotgeschäft einen eigenständigen Anwendungsbereich zu erhalten. Dies betrifft wohl hauptsächlich Security Token, da diese nicht verbrieft und regelmäßig auch keine Kryptowertpapiere sind und somit weder vom Depotgeschäft noch der MiCAR erfasst sind. Die MiCAR-Erlaubnis zur Kryptoverwahrung umfasst solche Security Token wegen des  Alternativverhältnisses der MiCAR zur MiFID II gerade nicht. Daneben fallen auch NFTs, die keine Sammlung/Serie sind und einen Anlagezweck haben, in den neuen Anwendungsbereich des qualifzierten Kryptoverwahrgeschäfts.

Unschärfe erhält die Abgrenzung der kryptografischen Instrumente im Sinne des KWG-Entwurfs zu Kryptowerten im Sinne der MiCAR dadurch, dass die Kryptowerte-Defnition in Artikel 3 Absatz 1 Nummer 5 MiCAR zunächst sehr weit gefasst ist, der Anwendungsbereich der MiCAR dann aber an anderer Stelle weiter eingeschränkt wird. Die weite Defnition der Kryptowerte in Artikel 3 Absatz 1 Nummer 5 MiCAR umfasst zunächst auch Security Token und NFTs. Diese unterfallen nur nicht der MiCAR, weil sie als MiFID II-Finanzinstrumente gemäß  Artikel 2  Absatz 4  Buchstabe  a)  MiCAR  beziehungsweise für  NFTs als einmalige, nicht mit anderen Kryptowerten fungible Kryptowerte gemäß Artikel 2 Absatz 3 MiCAR vom Anwendungsbereich der MiCAR ausgenommen sind. Um die Gesetzesbegründung zum KWG-Entwurf mit der Defnition von kryptografschen Instrumenten in Einklang zu bringen, hätte das BMF bei der Defnition der kryptografischen Instrumente nicht nur auf die Defnition der Kryptowerte nach MiCAR verweisen müssen, sondern auf den Anwendungsbereich der MiCAR insgesamt. Ob es sich hierbei um ein redaktionelles Versehen handelt, bleibt abzuwarten. Nach dem Referentenentwurf fallen kryptografsche Instrumente zukünftig nicht in den Katalog der Finanzinstrumente in § 1 Absatz 11 Satz 1 KWG-Entwurf. Daher sind solche Vermögenswerte, die zwar kryptografsche Instrumente darstellen, aber unter keine  Kategorie der  Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Absatz 11 Satz 1 KWG-Entwurf  fallen, mit Ausnahme des qualifzierten Kryptoverwahrgeschäfts nicht mehr unter dem KWG reguliert. Weitgehend unreguliert sind damit nun vor allem NFTs mit Anlagezweck, die nicht in einer großen Serie oder Sammlung ausgegeben werden.

Aufgrund der neuen Begriffichkeiten wird das Kryptoverwahrgeschäft im KWG-Entwurf umbenannt in qualifziertes Kryptoverwahrgeschäft. Darunter fallen zukünftig die „Verwahrung, Verwaltung und Sicherung kryptografischer Instrumente oder die Sicherung  privater kryptografischer Schlüssel für andere, die dazu dienen, kryptografische Instrumente, Kryptowertpapiere im Sinne des § 4 Absatz 3 eWpG oder Kryptofondsanteile im Sinne des § 1 Satz 2 KryptoFAV,  zu speichern oder darüber zu verfügen“. Das  qualifzierte Kryptoverwahrgeschäft im Sinne des KWG-Entwurfs ist als „Minus“ zum derzeitigen Kryptoverwahrgeschäft im Sinne des KWG zu verstehen. Unter das qualifzierte Kryptoverwahrgeschäft fallen alle digitalen Vermögenswerte, die nach derzeitigem Recht unter das Kryptoverwahrgeschäft im Sinne des KWG fallen und zukünftig nicht von der Kryptoverwahrung im Sinne der MiCAR erfasst werden, also insbesondere Security Token und NFTs mit Anlagezweck, die keine Serie/Sammlung sind. Zum anderen erfasst das qualifzierte Kryptoverwahrgeschäft die Sicherung von privaten kryptografischen Schlüsseln zu kryptografischen Instrumenten und zu Kryptowertpapieren oder Kryptofondsanteilen. Unklar ist, warum der Gesetzgeber weiterhin zwischen der Sicherung kryptografischer Instrumente und der Sicherung privater kryptografischer Schlüssel, die dazu dienen, kryptografische Instrumente zu speichern, unterscheidet, wenn die BaFin sachlich stets nur auf die Obhut über den privaten kryptografischen  Schlüssel  abstellt. Unter den bisherigen Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts im Sinne des KWG fällt hingegen auch die Verwahrung von Currency Token wie etwa Bitcoin, Stablecoins (sofern sie kein E-Geld im Sinne des ZAG sind) und Utility Token mit Anlagezweck. Die Verwahrung dieser Kryptowerte regelt zukünftig allein Artikel 3 Absatz 1 Nummer 17 MiCAR („Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden“). Die  Verwahrung  eines digitalen Vermögenswertes richtet sich also entweder nach dem  KWG-Entwurf oder nach der MiCAR. Für Kryptoverwahrer bedeutet dies allerdings auch, dass sie zukünftig zwei Erlaubnisse, nämlich die nach dem KWG-Entwurf und die nach der MiCAR, benötigen, sofern sie alle Formen von digitalen Vermögenswerten verwahren möchten.

2. Erlaubnisverfahren

Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen können gemäß  Artikel 143 Absatz 6 MiCAR ein vereinfachtes Erlaubnisverfahren durchlaufen, wenn sie über eine entsprechende Erlaubnis zur Tätigkeit ihres Geschäfts nach deutschem Recht verfügen (nähere  Ausführungen hierzu in unserem Beitrag vom 17. Juli 2023 „MiCAR – Zulassung für Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen“). Mit dem Referentenentwurf bestätigt nun das BMF offziell, dass es von der Möglichkeit zur Einführung des vereinfachten Verfahrens in Deutschland Gebrauch macht. Das vereinfachte Verfahren wird nicht näher im KMAG-Entwurf geregelt, sondern in einer separaten vom BMF zu erlassenden Rechtsverordnung. Der Referentenentwurf stellt jedoch in Aussicht, dass Unternehmen ihre Erlaubnisanträge im vereinfachten Verfahren bereits vor dem 29. Dezember 2024, also vor dem Geltungsbeginn der MiCAR,  bei der BaFin einreichen können. Ab wann die BaFin Anträge genau entgegennimmt beziehungsweise diese bearbeitet, geht aus dem Referentenentwurf nicht hervor. Die deutschen Genehmigungen unter anderem nach § 32 KWG, § 15 des Gesetzes zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten („WpIG“) und § 11 Absatz 1 ZAG gelten gemäß § 49 Absatz 1 und 2 KMAG-Entwurf zunächst als fortbestehend und erlöschen spätestens zum 31. Dezember 2025. So haben Unternehmen eine Übergangsphase von zwölf Monaten. Dadurch sollen sie unter Fortführung ihres aktiven Geschäftsbetriebs ausreichend Zeit haben, ihre bestehende nationale Erlaubnis in eine europäische Erlaubnis zu überführen.

Zukünftig ist es Wertpapierinstituten, die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen im Sinne der MiCAR sind, nach § 15 Absatz 7 Satz 3 WpIG-Entwurf erlaubt, ihre Geschäftstätigkeit um das E-Geld-Geschäft zu erweitern. Das bisher aus § 15 Absatz 7 WpIG  resultierende Trennungsgebot, nachdem eine Erlaubnis nach dem WpIG nicht mit einer Erlaubnis nach dem ZAG kombinierbar war, wird aufgehoben. Allerdings dürfen solche Wertpapierinstitute nach § 11 Absatz 3 Satz 3 ZAG-Entwurf nicht das vollständige  E-Geld-Geschäft betreiben, sondern sind auf die Emission von E-Geld-Token im Sinne der MiCAR beschränkt. Die MiCAR kennt ein solches Trennungsgebot, also die Beschränkung von Zulassungen, nicht. Daher dürfen nun auch Wertpapierfirmen die Erlaubnis zur Emission von E-Geld-Token unter der MiCAR beantragen. Das nationale Recht muss folglich geöffnet werden, um Wertpapierinstituten diese gleiche  Möglichkeit zu eröffnen. Allerdings drängt sich dadurch die Frage auf, warum es Wertpapierinstituten weiterhin verwehrt bleiben soll, die qualifzierte Kryptoverwahrung anzubieten. Im Rahmen der MiCAR können Wertpapierinstitute eine Erlaubnis für die Kryptoverwahrung erlangen. Die qualifzierte Kryptoverwahrung nach dem KWG-Entwurf bleibt ihnen jedoch wegen des Trennungsgebots aus § 15 Absatz 7 WpIG-Entwurf, das Wertpapierinstituten verbietet, gleichzeitig eine KWG-Erlaubnis zu haben, weiterhin verwehrt.

3. Geldwäscherechtliche Pflichten

Der europäische Gesetzgeber dehnt den Anwendungsbereich der Geldtransferverordnung zur effektiven Bekämpfung und Verfolgung von Finanzkriminalität, Geldwäsche und Terrorismusfnanzierung auch auf Kryptowerte aus. Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen müssen bei der Ausführung von Transfers von Kryptowerten Angaben über Auftraggeber und Begünstigte erheben und übermitteln. Das FinmadiG legt nun strenge Maßstäbe bei Transaktionen mit selbst gehosteten Adressen (sogenannten self-hosted wallets) fest. Sofern bei einem Kryptowertetransfer eine selbst gehostete Adresse beteiligt ist, müssen Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, die eine Übertragung von Kryptowerten ausführen, fortan nach § 15a GwG-Entwurf das mit dem Transfer  verbundene geldwäscherechtliche Risiko bewerten und Maßnahmen zur Risikominimierung treffen. Für deutsche Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen ist diese Anforderung grundsätzlich nicht neu. Eine vergleichbare Regelung gibt es bereits auf nationaler Ebene in § 4 Kryptowertetransferverordnung. Die neue Formulierung des § 15a GwG-Entwurf nennt nun neben der Identifzierung des Begünstigten oder des Auftraggebers der selbst gehosteten Adresse auch weitere mögliche risikomindernde Maßnahmen. Der  Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen kann hierzu etwa Blockchain-Analysetools nutzen. Darüber hinaus kann er die Transaktion und die damit verbundene Geschäftsbeziehung verstärkt und kontinuierlich überwachen. Es steht dem Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen frei, auch andere geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung  durchzuführen.

Am Markt etablieren sich zurzeit mehrere Anbieter, die innerhalb ihres Netzwerks die benötigten Angaben hinsichtlich Auftraggeber und Begünstigtem übermitteln. Bei selbst gehosteten Adressen werden Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen die Angaben zu dem Inhaber und wirtschaftlich Berechtigten der Adresse wohl selbst ermitteln müssen, was mit einem hohen administrativen Mehraufwand verbunden ist.

4. Ausblick und Fazit

Das FinmadiG bereitet den Weg für die europäische Regulierung von digitalen Vermögenswerten. Die Harmonisierung der Kryptowerte im Sinne der MiCAR und im Sinne des KWG ist zwingend. Die aufsichtsrechtliche Erfassung von Security Token, die keine Kryptowertpapiere im Sinne des eWpG sind, wäre auch über das Depotgeschäft möglich, sofern man Security Token im depotrechtlichen Sinne als Wertpapiere klassifziert. Dann hätte man sich einen zweiten Tatbestand zur Kryptoverwahrung sparen können.

Die Möglichkeit, einen Antrag auf Zulassung im vereinfachten Verfahren bereits vor Geltungsbeginn der MiCAR bei der BaFin einreichen zu können, macht Hoffnung auf einen schnellen Übergang der deutschen Genehmigungen hin zu den europäischen. Einen zeitlichen Horizont für das vereinfachte Verfahren hat das BMF bisher noch nicht mitgeteilt. Für Unternehmen ist ein frühzeitiger Antrag im vereinfachten Verfahren nur sinnvoll, wenn die BaFin die Anträge auch zügig bearbeitet und die Unternehmen ihre MiCAR-Zulassung möglichst zum Geltungsbeginn der MiCAR erhalten. Die MiCAR legt den nationalen Aufsichtsbehörden für die Bearbeitung der Anträge in den „Hauptverfahren“ ein enges Fristenkorsett an (nähere Ausführungen hierzu in unserem Beitrag vom 17. Juli 2023 „MiCAR – Zulassung für Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen“). Auch wenn die MiCAR für das vereinfachte Verfahren keine Fristen vorgibt, ist davon auszugehen, dass sich die BaFin im vereinfachten Verfahren erst recht an den Fristen aus der  MiCAR für die aufwendigeren „Hauptverfahren“ zu orientieren hat. Danach hat die BaFin innerhalb von 25 Arbeitstagen die Vollständigkeit des Antrags zu prüfen. Innerhalb von 40 Arbeitstagen nach Einreichung eines vollständigen Antrags muss die BaFin über den Antrag entscheiden.

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