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Due Diligence aus rechtlicher und steuerlicher Sicht

Typische Fallstricke bei Start-ups

Die rechtliche und steuerliche Due Diligence im Vorfeld einer Finanzierungsrunde bei einem Start-up unterscheidet sich in einigen Aspekten von derjenigen bei einem Unternehmenskauf. Während die Due Diligence beim Unternehmenskauf vor allem auf die Identifikation von Risiken, die den laufenden Geschäftsbetrieb betreffen, gerichtet ist, geht der Blick beim Start-up stärker auf typische Risiken in der Gründungs- und Aufbauphase eines Unternehmens. 

Im Folgenden geben wir einen Überblick über die Themen, die aus rechtlicher bzw. steuerlicher Sicht – aus bisweilen leidvoller Erfahrung – besonderes Augenmerk gelegt wird. Zudem geben wir Hinweise und Tipps, wie sich diese Themen vermeiden lassen.

I. Rechtliche Aspekte

1.Gründung / Einbringung: Nicht immer steht am Anfang eines Start-ups gleich die Gründung (bspw.) einer GmbH. Häufig beginnt das Leben eines Start-ups schon mit der (teils informellen Zusammen-)Arbeit einer oder mehrere Personen. Wird dann im Anschluss eine GmbH gegründet, ist es essenziell, dass alle Assets (IP, Betriebsmittel, erste Vertragsverhältnisse etc.) in die gegründete Gesellschaft überführt werden. Dies geschieht häufig nicht oder nur rudimentär. Gerade, wenn in der Gründungsphase noch externe Dritte mitgearbeitet haben, birgt das Szenario das Risiko, dass im Erfolgsfall des Start-ups Dritte eine Beteiligung oder andere Ansprüche gegen das Start-up geltend machen.

2. Übertragung von Geschäftsanteilen: Auch wenn die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen im deutschen Recht tendenziell formalisiert erfolgt (die notarielle Beurkundung ist im Regelfall Voraussetzung), gibt es Konstellationen, in denen Geschäftsanteile ohne Beteiligung eines Notars übergehen oder eingezogen werden. Gängige Gesellschaftervereinbarungen sehen bspw. aufschiebend bedingte Übertragungen von Geschäftsanteilen für Gründer im Rahmen sog. "Vesting-Regelungen" vor, mit denen die Beteiligungen ausscheidender Gründer an das Start-up selbst zurückfallen können. Die Richtigkeit einer Gesellschafterliste ist damit keine Selbstverständlichkeit, sodass eine Prüfung sämtlicher Anteilsübertragungen zwingend ist. Auch steuerliche Aspekte sind bei der Übertragung von Anteilen, insbesondere zwischen Gründern, zu beachten (s.u.).

3. FTO-Recherche: Insbesondere im Deep-Tech-Bereich gewinnt die sog. freedom to operate-Prüfung zunehmend an Relevanz. Liegt der Geschäftsidee eine Erfindung bzw. ein besonderes (technisches) Verfahren zu Grunde, muss geprüft werden, ob Patente oder Gebrauchsmuster Dritter einer Umsetzung der Geschäftsidee des Start-ups entgegenstehen. In diesen Fällen können Unterlassungs- und Lizenzzahlungsansprüche Dritter entstehen, die im Extremfall zur Einstellung des Geschäftsbetriebs bzw. zur Insolvenz des Start-ups führen können.

4. Open Source: Stellt selbstprogrammierte Software ein wesentliches Asset des Start-ups dar, ist eine Überprüfung der verwendeten Open Source-Komponenten zwingend. Open Source wird unter verschiedenen, teils standardisierten Lizenzen verfügbar gemacht. Einige dieser Lizenzen gestatten die kommerzielle Nutzung nur unter bestimmten Voraussetzungen – teils kann die Verwendung bestimmter Open Source-Komponenten zur Infektion ganzer Programme oder Programmteile führen, durch die diese ebenfalls zur Open Source wird. Hierdurch droht im Extremfall eine Entwertung wesentlichere Vermögensgüter oder Produkte des Start-ups, die – rechtzeitig identifiziert – durch Anpassungsmaßnahmen vermieden bzw. behoben werden kann.

5. Trennung von Gründern: Auch wenn die aktive Rolle der Gründer im Unternehmen für die meisten Start-ups lange unverzichtbar ist, ergeben sich im Lebenszyklus vieler Start-ups Situationen, die eine Trennung von einer Gründerin oder einem Gründer erfordern – oder ein Gründer scheidet aus eigenem Wunsch aus dem Unternehmen aus. Für diesen Fall sollte klar geregelt sein, was mit der Beteiligung des bzw. der scheidenden Gründer geschieht. Auch empfiehlt sich die Vereinbarung (rechtlich zulässiger und durchsetzbarer) Wettbewerbsverbote, um das Risiko unliebsamer Konkurrenz zu vermeiden. Zugleich sollten Investoren auch prüfen, welche Voraussetzungen für die unternehmensseitige Trennung von einem Gründer gelten und inwiefern die angestrebte Beteiligung des Investors eine Einflussnahme auf diesen Prozess erlaubt.

6. Große und übersichtliche Gesellschafterkreise: Gerade in der Gründungsphase neigen viele Start-ups und ihre Gründer zur Annahme zahlreicher Klein- bzw. sog. "Angel-Investments". Während viele solcher Investor eine eher passive Rolle im Gesellschafterkreis einnehmen, versuchen sich andere an der (oftmals allzu) aktiven Mitwirkung im Gesellschafterkreis. Insbesondere das deutsche GmbH-Gesetz billigt auch Personen mit minimalen Beteiligungen eine vergleichsweise starke Rechtspositionen zu. Auch erfordern zukünftige Finanzierungsrunden oftmals die Beteiligung aller Gesellschafter. Für diese Fälle sollte die Gesellschaftervereinbarung des Start-ups marktübliche Pooling-Regelungen enthalten, durch die Gesellschafter mit geringer Beteiligungsquote durch einen gemeinsame Sprecher vertreten werden, die oder der mit umfassender Vertretungsmacht ausgestattet ist. Ohne eine solche Regelung besteht das Risiko, dass sich Gesellschafter ihre Beteiligung und ihren Störfaktor / Lästigkeitswert für einen hohen Preis abkaufen lassen.

7. Wandeldarlehen: Vor einem Investment (unabhängig ob durch Kapitalerhöhung oder durch Wandeldarlehen) sollten bereits aufgenommen Wandeldarlehen sorgfältig insbesondere auf ihre Wandlungsregelungen hin geprüft werden. Nur so kann sichergestellt werden, welche (ggf.: weiteren) Wandeldarlehensgeber ebenfalls im Rahmen der Finanzierungsrunde ihre ausgereichten Darlehen wandeln und zu welchen Bedingungen. Oftmals sind zugunsten früher Investoren unterschiedlich hohe Bewertungs-Caps vereinbart, sodass diese überproportional viele Geschäftsanteile für zum Teil geringere Investments erhalten. Dies kann für die kommerzielle Verhandlung eines Investments eine wichtige Rolle spielen.

8. Exit-Regelungen: Start-ups, die bereits Investments erhalten haben, haben in diesem Zuge oftmals umfangreiche Gesellschaftervereinbarungen abgeschlossen. Diese enthalten in der Regel ausführliche Bestimmungen dahingehend, welche Gesellschafter unter welchen Voraussetzungen eine Veräußerung des Unternehmens initiieren und ggf. sogar steuern können. Oftmals werden bestehende Gesellschaftervereinbarungen (jedenfalls teilweise) übernommen. In diesem Fall muss sorgfältig geprüft werden, ob es Mittel und Wege gibt, eine Gesamtveräußerung auch gegen den Willen einer Minderheit durchzusetzen und falls ja, welche Gesellschafter mit welcher Mehrheit hierüber entscheiden können.

9. IP gehört nicht der Gesellschaft: Insbesondere bei Start-ups aus der – im weitesten Sinne – Technologiebranche zählt IP zu den wesentlichen Assets des Unternehmens. Nicht immer achten Gründer darauf, rechtssicher zu dokumentieren, dass selbst geschaffene IP dem Unternehmen gehört. Hierzu zählt neben Source Code oftmals auch registrierungsfähige IP (wie bspw. Marken oder Internet Domains). Während die Thematik im Verhältnis zu aktiven Gründer oftmals durch eine spätere Übertragung gelöst werden kann (zu den steuerlichen Implikationen s. u.), ist dies gegenüber Mitarbeiter (insbesondere ausgeschiedenen) nicht immer der Fall. Immer häufiger beschäftigen Start-ups Freelancer, oftmals aus anderen Jurisdiktionen, deren Tätigkeit nicht oder nur unzureichend dokumentiert ist. State-of-the-art ist in solchen Fällen eine Klausel, die klarstellt, dass im Zuge der Tätigkeit für ein Start-up geschaffene IP ausschließlich dem Start-up zusteht. Erfolgt dies nicht, droht insbesondere bei erfolgreichen (und damit öffentlichkeitswirksamen) Exits, das Dritte Rechte an der IP des Unternehmens geltend machen, um sich diese (erneut) abkaufen zu lassen.

II.  Steuerliche Aspekte

1. Anteilsübertragungen zum Nominalwert: Gerade in der Anfangsphase eines Start-ups werden Geschäftsanteile oft zum Nominalwert übertragen. Sollte der tatsächliche Wert der Anteile den Nominalwert übersteigen, droht steuerlich die Qualifikation als verdeckte Lohnzahlung mit Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflichten der Gesellschaft sowie Haftungsrisiken bei unterlassener Einbehaltung. Für Investoren sind Rückstellungen und vertragliche Regressklauseln gegenüber Altgründern zu prüfen. Eine saubere Dokumentation der Bewertungsgrundlagen und ein konsistentes Vergütungskonzept können das Risiko mindern.

2. Wandeldarlehen: Bei der Umwandlung ist die Werthaltigkeit des Darlehens zum Wandelzeitpunkt nachzuweisen. Erfolgt die Wandelung vor nachweisbarem Kapitalzufluss bzw. ohne Valuation-Indikatoren, kann unter Umständen ein steuerpflichtiger Ertrag entstehen. Es hat sich daher in der Praxis etabliert, dass die Wandelung erst nach dem Closing der Finanzierungsrunde erfolgt. Zudem ist auch hier auch eine saubere Dokumentation zu achten (Term Sheet, Cap Table, Bewertungsbasis). Im DD-Prozess sind schließlich Wandlungsverträge, Buchung der Vorgänge und die steuerliche Einordnung nachzuhalten.

3. Auslandstätigkeit und Betriebsstättenrisiko: Remote Work und Wohnsitzverlagerungen von Gründern/CEOs (z. B. nach Spanien) können Betriebsstätten und sogar eine Verlagerung der Geschäftsleitung auslösen. Hieraus können sich Registrierungs-, Erklärungs- und Besteuerungspflichten im Ausland ergeben; ggf. gepaart mit dem  Risiko grenzüberschreitender Doppelbesteuerungen sowie einer potenziellen Exit Tax, also der Versteuerung sämtlicher stiller Reserven. Zu beachten ist insoweit insbesondere auch, dass ein Homeoffice unter bestimmten Voraussetzungen Betriebsstättenqualität begründen kann. Investoren prüfen im steuerlichen Due Diligence Prozess daher in aller Regel die Einhaltung der Governance, den Ort der Geschäftsleitung, Reiseroutinen, Vertreter-Regelungen und ggf. Homeoffice-/Workation Policies.

4. VSOP und Risiko der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA): VSOP-Zahlungen im Exit werden oft von der Gesellschaft geleistet. Ohne klaren Unternehmensbezug kann das Finanzamt eine vGA annehmen, mit nachteiligen steuerlichen Folgen für die Gesellschaft und die Gesellschafter. VSOP-Verträge sollten daher klar den Bezug zum Unternehmenserfolg betonen. Zudem könnten Rückgriffsklauseln zugunsten der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern das Risiko abfedern. Für Investoren ist eine rechtlich und steuerlich abgestimmte VSOP-Dokumentation häufig kritisch.

5. IP gehört nicht der Gesellschaft: Früh entwickeltes IP verbleibt häufig zunächst bei Gründern. Wird es erst anlässlich einer Finanzierung übertragen, droht eine Bewertung zum Rundenwert – mit steuerlicher Belastung bei den Gründern. Frühzeitige, formwirksame IP-Übertragung (inkl. Open-Source-Compliance, Arbeitnehmererfindungen, Marken/Domain-Inhaberschaft) verhindert spätere Blockaden. Für Investoren bedeuten Unsicherheiten zwar kein unmittelbares Steuerrisiko der Gesellschaft, aber potenzielle Founder-Belastungen.

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