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Überblick zu Mitarbeiterbeteiligungsmodellen bei deutschen Start-ups

Die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmenserfolg ist ein zentrales Element der Start up-Kultur und spielt eine entscheidende Rolle bei der Gewinnung und langfristigen Bindung von Talenten. Gerade in der dynamischen Start-up-Szene ist es für die Start-ups essenziell, ein motiviertes und engagiertes Team aufzubauen. Da Start-ups im Vergleich zu etablierten Unternehmen häufig nicht mit marktüblichen Gehältern konkurrieren können, sind Mitarbeiterbeteiligungsprogramme von entscheidender Bedeutung.

Auch aus Sicht von Investoren ist die Implementierung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen von erheblicher Bedeutung. Ein Investment in ein Start-up ist stets auch ein Investment in das Team, das maßgeblich für die Entwicklung und den Erfolg des Start-ups verantwortlich ist. Innovative Ideen und skalierbare Geschäftsmodelle können nur dann nachhaltig umgesetzt werden, wenn die Gründer und Mitarbeiter langfristig motiviert und an das Start-up gebunden sind.

Nicht zuletzt sind gut strukturierte Mitarbeiterbeteiligungsprogramme häufig ein entscheidender Faktor bei späteren Finanzierungsrunden oder einem Exit. Sie tragen dazu bei, dass das Team auch in Phasen des Wachstums und der Veränderung stabil bleibt und die Interessen von Gründern, Mitarbeitern und Investoren bestmöglich aufeinander abgestimmt werden.

Ein zentrales Anliegen bei der Ausgestaltung solcher Programme ist die steuerliche Behandlung der Beteiligungen. Viele Mitarbeiter erwarten eine privilegierte Besteuerung ihrer Anteile als Kapitaleinkünfte. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die steuerliche Einordnung häufig komplexer ist als angenommen und nicht selten zu Überraschungen führt – etwa wenn Beteiligungen entgegen der Erwartung voll lohnsteuerpflichtig sind. Während andere Jurisdiktionen bereits attraktive steuerliche Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen geschaffen haben, bleibt die Situation in Deutschland weiterhin herausfordernd und von Unsicherheiten geprägt.

Vor diesem Hintergrund soll der folgende Beitrag einen Überblick über die gängigen Mitarbeiterbeteiligungsmodelle bei deutschen Start-ups geben, typische Fallstricke aufzeigen und die wichtigsten steuerlichen sowie rechtlichen Aspekte beleuchten. Ziel ist es, ein besseres Verständnis für die unterschiedlichen Modelle zu schaffen und damit zur Versachlichung der oft emotional geführten Diskussion um die „richtige“ Mitarbeiterbeteiligung beizutragen. Dabei ist stets zu berücksichtigen, dass jedes Modell individuelle Vor- und Nachteile aufweist, die im jeweiligen Einzelfall sorgfältig abgewogen werden müssen.

Hier ein Überblick zu den Mitarbeiterbeteiligungsmodellen bei deutschen Start-ups:

Im Folgenden erläutern wir die wesentlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen im Überblick genannten Gestaltungsoptionen.

A. Virtuelle (unechte) versus echte Beteiligung

Mitarbeiterbeteiligungsmodelle lassen sich grundsätzlich in virtuelle (unechte) und echte Beteiligungsmodelle untergliedern, wobei es bei den Modellen wiederum verschiedene Varianten gibt. 

Werden Gründern oder Mitarbeitern (im Folgenden jeweils: die Begünstigten) echte Beteiligungen gewährt, erhalten sie echte Anteile und werden damit grundsätzlich Gesellschafter des Start-ups mit allen damit verbundenen Rechten (z. B. Stimm- und Informationsrechten). 

Aus steuerlicher Sicht ist in diesem Fall entscheidend, zu welchem Preis dem Begünstigten die Anteile gewährt werden. Werden Anteile zu einem unter dem tatsächlichen Wert (dem Verkehrswert) liegenden Preis gewährt (also unentgeltlich oder verbilligt), führt die Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert und dem zu zahlenden Preis bei dem Begünstigten zu einem sog. geldwerten Vorteil, der als Teil des Arbeitslohns im Zeitpunkt der Gewährung mit bis zu 45 % (zzgl. Solidaritätszuschlag) zu versteuern sein kann. Zu diesem Zeitpunkt haben die Begünstigten allerdings “nur“ die Anteile erhalten, aber keine liquiden Mittel, um die hieraus resultierende Steuer zu begleichen. Dies wird auch als sog. Dry Income bezeichnet, was für die Begünstigten in aller Regel eine erhebliche Belastung darstellt, da sie die Steuer aus ihrem sonstigen Vermögen begleichen müssen (sofern nicht von dem Besteuerungsaufschub gemäß § 19a EStG Gebrauch gemacht wird, siehe hierzu sogleich). 

Im Fall eines Exits kommt der Begünstigte bei einer echten Beteiligung dann in den Genuss der privilegierten Besteuerung der erzielten Erträge als Kapitaleinkünfte, also der Besteuerung mit dem Abgeltungsteuersatz von 25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag) bzw. (bei Beteiligungen von mind. 1 %) einer 40 %igen oder (beim Halten der Anteile über eine eigene Holdinggesellschaft) sogar einer 95 %igen Steuerbefreiung.

Aufgrund der Gewährung einer virtuellen Beteiligung werden die Begünstigten im Falle eines Exits wirtschaftlich zwar grundsätzlich so gestellt, als wären sie Gesellschafter des Start-ups. Der Begünstigte wird dabei in aller Regel dem Inhaber von (echten) Anteilen ohne besondere Vorzugsrechte gleichgestellt. Virtuelle Beteiligungen gewähren aber grundsätzlich keine Gesellschafterrechte. Auch steuerlich unterscheidet sich die virtuelle Beteiligung von einer echten grundlegend. So hat allein die Gewährung der virtuellen Anteile für die Begünstigten grundsätzlich noch keine steuerlichen Auswirkungen, insbesondere kommt es nicht zur Annahme eines geldwerten Vorteiles. Dry Income wird also vermieden. Zu einer Besteuerung kommt es erst im Zeitpunkt der Auszahlung, also im Fall eines Exits. Sämtliche Erlöse aus der virtuellen Beteiligung unterliegen dann aber als Arbeitslohn der regulären Besteuerung mit bis zu 45 % (zzgl. Solidaritätszuschlag).

Die Gewährung von echten Beteiligungen führen zu einer Verwässerung der übrigen Gesellschafter. Bei der Gewährung von virtuellen Beteiligungen wird hingegen ein (Zahlungs-)Anspruch gegenüber der Gesellschaft begründet. In diesem Zusammenhang ist aus steuerlicher Sicht darauf zu achten, dass die Zahlung nicht zur Annahme einer sog. verdeckten Gewinnausschüttung führt. Dies lässt sich vermeiden, wenn sich nachweisen lässt, dass die Zahlung im Interesse der Gesellschaft erfolgt. Um ein ggf. dennoch verbleibendes steuerliches Risiko zu reduzieren, wird in der Praxis häufig vereinbart, dass die Gesellschafter die Gesellschaft von etwaigen Zahlungsansprüchen freizustellen haben oder die Zahlungspflichten gegenüber den Mitarbeitern vollständig übernehmen. In diesem Fall wird die Gesellschaft im Ergebnis wirtschaftlich nicht mit den Zahlungsansprüchen aus der virtuellen Beteiligung belastet, was – so der Gedanke – die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung schon dem Grunde nach verhindern soll.

B. Die Varianten zu den echten Beteiligungsmodellen

In Bezug auf echte Beteiligungen sind in der Praxis zudem insbesondere die folgenden drei Varianten von Relevanz:

  • Hurdle Shares,

  • Beteiligungen unter Anwendung des § 19a EStG und

  • ESOPs.

Im Einzelnen:

1. Hurdle Shares

Hurdle Shares bieten eine attraktive Alternative zu den klassischen echten oder virtuellen Beteiligungsmodellen, auch wenn die Implementierung einen erhöhten Abstimmungsbedarf erfordert. Insbesondere die Abstimmung mit den Finanzbehörden zeigt sich in der Praxis teilweise als langwierig, was im Zeitplan unbedingt Berücksichtigung finden sollte.

Bei Hurdle Shares handelt es sich um Anteile, die mit einer sog. negativen Erlös- Gewinn- und Liquidationspräferenz in Höhe des Wertes pro Anteil zum Ausgabe- bzw. Übertragungszeitpunkt (abzgl. des von dem Begünstigten zu zahlenden Nominalbetrages von regelmäßig EUR 1,00 pro Anteil) versehen werden. Bei richtiger Ausgestaltung führt die Ausgabe von Hurdle Shares dann mangels Gewährung eines geldwerten Vorteils nicht zu Dry Income.

Zukünftige Wertsteigerungen können schließlich im Exit-Fall steuerlich begünstigt als Kapitaleinkünfte realisiert werden (25 % anstatt bis zu 45 % (jeweils zzgl. Solidaritätszuschlag)).

Zur Verdeutlichung der Funktionsweise von Hurdle Shares dient das folgende vereinfachte Beispiel: Im Rahmen einer Finanzierungsrunde, der ein rechnerischer Anteilspreis von EUR 500 je Geschäftsanteil zugrunde liegt, werden als weitere Anteilsklasse Hurdle Shares an einen Gründer zum Nominalbetrag von je EUR 1 ausgegeben. Diese Hurdle Shares nehmen nur dann an der Verteilung eines Exit-Erlöses teil, wenn der rechnerisch im Rahmen des Exits auf den jeweiligen Hurdle Share entfallende Anteilspreis den Betrag von EUR 499 übersteigt, und dann auch nur in Höhe des den Betrag von EUR 499 übersteigenden Anteils. Wenn der rechnerisch im Rahmen des Exits auf einen Common Share entfallende Anteilspreis EUR 1.000 beträgt, entfallen auf einen Hurdle Share sodann EUR 501, die als Kapitaleinkünfte zu versteuern sind. 

2. Beteiligung unter Anwendung des § 19a EStG

Bei einer Beteiligung unter Anwendung des § 19a EStG handelt es sich ebenfalls um die Gewährung von echten Anteilen. Anders als bei Hurdle Shares werden die Anteile aber nicht mit einer negativen Erlös-, Gewinn- und Liquidationspräferenz versehen, sondern die Anteile werden vergünstigt gewährt. Die hiermit verbundene Besteuerung des geldwerten Vorteils kann allerdings nach den Regelungen des § 19a EStG unter bestimmten Voraussetzungen aufgeschoben werden, ggf. sogar bis zu einem Exit. Die Höhe des geldwerten Vorteils wird in der Lohnbuchhaltung festgehalten und im Rahmen einer Lohnsteueranrufungsauskunft, die allerdings erst im Nachgang zu der Gewährung der Beteiligung eingeholt werden kann, durch das Finanzamt bestätigt.

Dry Income wird hierdurch vermieden. Im Falle eines Exits wird dann die Besteuerung der Gewährung des geldwerten Vorteils nachgeholt; der Wertzuwachs seit der Gewährung kann als Kapitaleinkünfte realisiert werden (25 % anstatt bis zu 45 % (jeweils zzgl. Solidaritätszuschlag)).

§ 19a EStG kann nur angewendet werden, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Gewährung der Geschäftsanteile oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre die folgenden Schwellenwerte nicht überschritten hat: 1.000 beschäftigte Personen, 100 Millionen Euro Jahresumsatz und 86 Millionen Euro Jahresbilanzsumme. Zudem darf die Gründung des Arbeitgebers nicht mehr als 20 Jahre zurückliegen.

Zudem können seit der Einführung der sog. Konzernklausel in § 19a EStG auch Mitarbeiter von Tochtergesellschaften und anderen verbundenen Unternehmen i.S.d. § 18 AktG bei der Einräumung von Beteiligungen an Start-ups von dem Besteuerungsaufschub gemäß § 19a EStG profitieren. Konkret kann der Besteuerungsaufschub nun auch für Beteiligungen an Unternehmen innerhalb eines Konzerns in Anspruch genommen werden, sofern die Gesamtheit aller Konzernunternehmen die Schwellenwerte gemäß § 19a Abs. 3 EStG einhält und keines der Konzernunternehmen älter als 20 Jahre ist. Die Konzernklausel ist von besonderer Bedeutung für ausländische Start-ups mit Tochtergesellschaften in Deutschland.

Schließlich ist zu beachten, dass eine Gewährung an eine Holdinggesellschaft des Begünstigten nicht möglich ist, da für eine solche Gestaltung der Anwendungsbereich von § 19a EStG nicht eröffnet ist. Zudem bietet § 19a EStG keinen Aufschub für den Anfall etwaiger Sozialversicherungsbeiträge, so dass insoweit die Dry Income-Thematik bestehen bleibt.

Zu einer Beteiligung unter Anwendung des § 19a EStG das folgende vereinfachte Beispiel: Im Rahmen einer Finanzierungsrunde, der ein rechnerischer Anteilspreis von EUR 500 je Geschäftsanteil zugrunde liegt, werden Geschäftsanteile unter Anwendung von § 19a EStG an einen Gründer zum Nominalbetrag von je EUR 1 ausgegeben. Ein Jahr später findet ein Exit zu einem Anteilspreis von EUR 1.000 je Geschäftsanteil statt. Die Exit-Erlöse des Gründers je Geschäftsanteil werden in Höhe von EUR 499 (Unternehmenswert bei Gewährung abzüglich des gezahlten Nominalbetrags) als steuerpflichtiger Arbeitslohn (bis zu 45 % (zzgl. Solidaritätszuschlag)) und in Höhe von EUR 500 (Wertzuwachs seit der Gewährung) als Kapitaleinkünfte versteuert.

3. ESOPs

Werden Optionen auf echte Anteile gewährt (Equity Stock Option Program), kommt es bei Ausübung der Option in Höhe der Differenz zwischen Ausübungspreis und tatsächlichem Wert der Anteile zu diesem Zeitpunkt zum Zufluss eines geldwerten Vorteils, der als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu versteuern ist. In aller Regel können die Begünstigten aber unmittelbar nach (bzw. im Zusammenhang mit der) Ausübung der Optionen ihre Beteiligung veräußern, so dass ihnen die Liquidität zur Begleichung der Steuer zur Verfügung steht. Gegenüber virtuellen Anteilen ergeben sich damit im Ergebnis insbesondere aus steuerlicher Sicht keine Unterschiede, wobei das ESOP aber zumindest bei einer GmbH in der Umsetzung kostenintensiver und aufwendiger ist.

C. Genussrechte i.V.m. § 19a EStG

Genussrechte bieten eine flexible und leicht zu administrierende Möglichkeit der Mitarbeiterbeteiligung. Wird der Besteuerungsaufschub des § 19a EStG genutzt, bieten Genussrechte eine weitere interessante Variante zwischen virtuellen und echten Beteiligungen, die einerseits zu keinen umfassenden Gesellschafterrechten der Begünstigten führt, aber andererseits über § 19a EStG Dry Income vermeidet und gleichzeitig für Wertsteigerungen eine Besteuerung als Kapitaleinkünfte (25 % anstatt bis zu 45 % (jeweils zzgl. Solidaritätszuschlag)) ermöglicht.

Unseres Erachtens empfiehlt es sich, vor der erstmaligen Ausgabe der Genussrechte durch das Einholen einer Lohnsteueranrufungsauskunft die Abstimmung mit der Finanzverwaltung zu suchen, um sicherzustellen, dass die zu gewährenden Genussrechte auch tatsächlich in den Anwendungsbereich des § 19a EStG fallen. Dies gilt unabhängig von der Einholung einer solchen Auskunft nach der Gewährung gemäß § 19 Abs. 5 EStG zur Bestätigung der Höhe des im Zuge der Ausgabe der Genussrechte gewährten geldwerten Vorteils.

Zudem wird sich noch zeigen müssen, wie insbesondere ausländische Mitarbeiter und Investoren mit diesem Beteiligungsmodell umgehen, da Genussrechte international eher unbekannt sind und insbesondere für im Ausland ansässige Mitarbeiter weniger attraktiv sein können.

Weitere Einzelheiten zu Hurdle Shares und Genussrechte können hier nachgelesen werden:

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