16.12.2019Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A Dezember 2019

Familienrechtliche Begrenzungen der Einbringung des gesamten Vermögens in eine Gesellschaft

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 14.03.2019 – 6 UF 130/18

Gerade im Mittelstand stellt das Unternehmen oftmals das gesamte Vermögen des Inhabers dar. Soll dieses übertragen werden, ist die familienrechtliche Vorschrift des § 1365 BGB zu beachten: Danach darf ein im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebender Ehegatte nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten über sein Vermögen im Ganzen verfügen. . Mit Beschluss vom 14.03.2019 hat sich das OLG Saarbrücken dazu geäußert, unter welchen Voraussetzungen die Zustimmung des Ehegatten auch in Fällen der Aufnahme eines weiteren Geschäftspartners in das Unternehmen zu beachten ist.

§ 1365 BGB schützt die familiäre Lebensgrundlage und den Anspruch auf Zugewinn des Ehegatten

Gemäß § 1365 Abs. 1 S. 1 BGB kann sich ein im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebender Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten vertraglich verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen. Bis zur Genehmigung durch den Ehegatten sind derartige Geschäfte unwirksam, § 1966 Abs. 1 BGB. Hierdurch soll verhindert werden, dass ein Ehegatte eigenmächtig der Familie ihre Vermögensgrundlage entzieht. Zudem schützt die Genehmigungspflicht den künftigen Anspruch auf Zugewinnausgleich des – im Falle der Scheidung – ausgleichsberechtigten Ehegatten.

Bedeutung von § 1365 BGB gerade im Rahmen von Unternehmensverkäufen

Gerade im Rahmen von Unternehmensverkäufen ist § 1365 BGB von erheblicher praktischer Bedeutung. Oftmals stellt das Unternehmen – sei es, ob dies in der Form einer GmbH oder als eingetragener Kaufmann geführt wird – nahezu das gesamte Vermögen des Inhabers dar. Möchte in diesen Fällen der Inhaber sein Unternehmen verkaufen oder im Rahmen einer Umstrukturierung übertragen, hängt die Wirksamkeit von dieser Maßnahme (auch) von der Zustimmung des Ehegatten ab.

§ 1365 BGB greift auch, wenn das als Einzelkaufmann geführte Unternehmen in eine Gesellschaft überführt wird, an welcher der Inhaber weiterhin maßgeblich beteiligt ist

Das OLG Saarbrücken hatte in diesem Zusammenhang über einen praxisrelevanten Fall zu entscheiden. Ein Unternehmer, welcher den Betrieb zuvor als eingetragener Kaufmann betrieb, verpflichtete sich, sein gesamtes Unternehmen in eine neu zu gründende offene Handelsgesellschaft einzubringen. Diese neue Gesellschaft sollte sodann mit einem neuen Geschäftspartner gemeinsam geführt werden. Ursprünglich hielt der neue Geschäftspartner nur 5% der Geschäftsanteile an der neu gegründeten Gesellschaft. In einem zweiten Schritt wurde dessen Anteil um 45% erhöht, sodass nunmehr beide Gesellschafter hälftig an der Gesellschaft beteiligt waren. Die Ehegattin des Unternehmers hat sich gegen diese Einbringung gewehrt. Das Gericht entschied, dass auch in dem Fall, wenn der Unternehmer noch mit 50% an der neuen Gesellschaft beteiligt ist, die Zustimmungspflicht des § 1365 BGB grundsätzlich besteht.

Das Vermögen wird durch § 1365 BGB nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gegenständlich geschützt

Für das Gericht war hierbei maßgeblich, dass das Vermögen durch die familienrechtliche Vorschrift nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gegenständlich geschützt werde: Unerheblich sei also, ob für die Verpflichtung, das (nahezu) gesamte Vermögen zu übertragen, eine wertentsprechende Gegenleistung erbracht werde, bspw. durch Übernahme von Geschäftsanteilen an einer neuen Gesellschaft, hier der OHG, oder der Zahlung eines Kaufpreises.

Erforderlich ist jedoch die Kenntnis des Vertragspartners, dass das Unternehmen das gesamte Vermögen bildet

Schrankenlos ist dieser Schutz jedoch nicht. Der Bundesgerichtshof verlangt, dass der Vertragspartner von der Tragweite des Geschäfts Kenntnis habe oder zumindest die Vermögensverhältnisse des übertragenden Unternehmers kennen müsse, aus denen sich diese Bewertung ergibt. Sei dies nicht der Fall, räumt das Gericht dem unwissenden Vertragspartner den höheren Schutz als dem betroffenen Ehegatten ein – in diesen Fällen sei die Verfügung trotz fehlender Zustimmung des Ehegatten wirksam.

Fazit

Sobald im Rahmen von Unternehmensverkäufen die Möglichkeit besteht, dass das übertragende Unternehmen oder die übertragenden Geschäftsanteile nahezu das gesamte Vermögen des Veräußerers bildet, sollte schon rein vorsorglich die Zustimmung des Ehegatten gemäß § 1365 BGB eingeholt werden. Nur so kann das Risiko ausgeschlossen werden, dass das Geschäft infolge der fehlenden Zustimmung unwirksam ist bzw. die Zustimmung nachträglich eingeholt werden muss.

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