Schon vergeben?

Der Vergaberecht-Podcast von Heuking Kühn Lüer Wojtek

Unter dem Titel „Schon vergeben – Der Vergaberecht-Podcast von Heuking Kühn Lüer Wojtek“ erklärt der Podcast alle zwei Wochen praxisnah und auch für Einsteiger verständlich die Grundzüge des Vergaberechts.

22.03.2022

Folge 20: Vorbefassung bzw. Projektantenproblematik und Interessenkonflikte

In der 20. Folge des Vergaberechts-Podcasts stellen Reinhard Böhle und Christina Emde die Thematik der „Vorbefassung bzw. Projektantenproblematik“ und der „Interessenkonflikte“ in Vergabeverfahren vor. 

1) Vorbefassung bzw. Projektantenproblematik:

  • Was versteht man unter der Vorbefassung bzw. der Projektantenproblematik?
    Damit sind die gesetzlichen Regelungen gemeint, die vermeiden sollen, dass ein öffentlicher Auftraggeber einzelne Bieter in einem Vergabeverfahren aufgrund eines erlangten Wissensvorsprungs – etwa durch eine Zusammenarbeit bei dem Entwurf der Vergabeunterlagen – bevorzugt.
  • Was ist das Ziel der Regelungen?
    Ziel ist die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen bzw. Wettbewerbsvorteilen.
  • Was muss der Auftraggeber tun?
    Gemäß § 7 Abs. 1 VgV muss der Auftraggeber nach pflichtgemäßem Ermessen angemessene Maßnahmen ergreifen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
    Mögliche Maßnahmen sind gemäß § 7 Abs. 2 VgV:
    - Wissensausgleich der anderen Unternehmen durch Bereitstellung sämtlicher Informationen, über die das vorbefasste Unternehmen verfügt;
    - Festlegung angemessener Fristen für den Eingang von Angeboten bzw. Teilnahmeanträgen.
  • Was passiert, wenn Maßnahmen zur Vermeidung der Wettbewerbsverzerrungen nicht ausreichen?
    Als letztes Mittel kann der öffentliche Auftraggeber das vorbefasste Unternehmen von dem Vergabeverfahren ausschließen. Vor einem Ausschluss ist dem vorbefassten Unternehmen gemäß § 7 Abs. 3 VgV die Möglichkeit zu geben, nachzuweisen, dass seine Beteiligung an der Vorbereitung den Wettbewerb nicht verzerren kann.

2) Interessenkonflikte:

  • Was wird unter der Vermeidung von Interessenkonflikten verstanden?
    Ein Interessenkonflikt besteht für Personen, die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligt sind oder Einfluss auf den Ausgang eines Vergabeverfahrens nehmen können und die ein persönliches, finanzielles oder wirtschaftliches Interesse haben, das die Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte.
  • Für welche Personen gilt das konkret?
    In einem Vergabeverfahren dürfen Organmitglieder oder Mitarbeiter des öffentlichen Auftraggebers oder eines im Namen des öffentlichen Auftraggebers handelnden Beschaffungsdienstleisters, bei denen ein Interessenkonflikt besteht, nicht mitwirken.
  • Wann wird ein Interessenkonflikt vermutet?
    Gemäß § 6 Abs. 3 VgV wird ein Interessenkonflikt vermutet, wenn die Personen zugleich
    - Bewerber bzw. Bieter sind;
    - einen Bewerber bzw. Bieter beraten oder sonst unterstützen oder als gesetzliche Vertreter oder nur in dem Vergabeverfahren vertreten;
    - bei einem Bewerber oder Bieter gegen Entgelt oder bei ihm als Mitglied des Vorstandes, Aufsichtsrates oder gleichartigen Organs beschäftigt oder tätig sind;
    - für ein in das Vergabeverfahren eingeschaltetes Unternehmen, wenn dieses Unternehmen zugleich geschäftliche Beziehungen zu dem öffentlichen Auftraggeber und dem Bewerber bzw. Bieter hat.
    Ferner gilt die Vermutungswirkung für Personen, deren Angehörige die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt.
  • Wie kann der Betroffene die Vermutung eines Interessenkonflikts widerlegen?
    Der Betroffene kann die Vermutung durch geeignete Maßnahmen widerlegen. Eine mögliche Maßnahme ist etwa die Errichtung einer „Chinese Wall“. 
  • Was sind die Konsequenzen bei Vorliegen eines Interessenkonflikts?
    Das Bestehen eines Interessenkonflikts stellt einen fakultativen Ausschlussgrund dar. Der Ausschluss kommt aber nur in Betracht, wenn keine weniger einschneidenden Maßnahmen möglich sind.

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