Schon vergeben?
Der Vergaberecht-Podcast von HEUKING
Unter dem Titel „Schon vergeben – Der Vergaberecht-Podcast von HEUKING“ erklärt der Podcast alle zwei Wochen praxisnah und auch für Einsteiger verständlich die Grundzüge des Vergaberechts.
Folge 50: Bieterfragen
In der 50. Folge unseres Vergaberechts-Podcasts besprechen Dr. Annabel Wolf und Johannes Baumann die Grundlagen und Hintergründe von Bieterfragen.
Sinn und Zweck von Bieterfragen
Der Hauptzweck von Bieterfragen liegt in der Aufklärung von Unklarheiten in den Vergabeunterlagen. Trotz sorgfältiger Vorbereitung sind diese Unterlagen selten frei von Interpretationsspielräumen, insbesondere bei komplexen oder technisch anspruchsvollen Beschaffungsvorhaben. Für Bieter ist es ratsam, Unsicherheiten frühzeitig durch gezielte Fragen auszuräumen. Dies dient nicht nur der eigenen Rechtssicherheit, sondern hilft auch dem öffentlichen Auftraggeber, das Verfahren rechtssicher zu gestalten und die Ausschreibung zu optimieren. Bieter bringen häufig spezifisches Fachwissen ein, das – z.B. in Form von Bieterfragen – zur Verbesserung der Vergabeunterlagen beitragen kann.
Rechte und Pflichten der Bieter
Bieter haben das Recht, Fragen zu allen Aspekten der Vergabe zu stellen. In der Form sind sie grundsätzlich frei, wobei der öffentliche Auftraggeber häufig eine bestimmte Form – meist schriftlich über eine Vergabeplattform – vorgibt. Mündliche Fragen sind aus Beweisgründen in der Praxis unüblich. Für Bieter empfiehlt es sich, bei komplexen Sachverhalten den Hintergrund der Frage zu erläutern, um eine präzise Antwort zu erhalten.
Hinsichtlich der Fristen gilt: Bieterfragen können grundsätzlich bis kurz vor Ablauf der Angebotsfrist gestellt werden. Der öffentliche Auftraggeber setzt meist eine Frist von etwa vier bis sechs Tagen vor Fristende. Wird jedoch durch eine Frage ein Fehler oder eine Unklarheit in den Vergabeunterlagen aufgedeckt, muss der öffentliche Auftraggeber diese auch kurzfristig beantworten und gegebenenfalls die Angebotsfrist verlängern. Verspätete Fragen dürfen nicht pauschal unbeantwortet bleiben, insbesondere wenn die Verzögerung auf einen Fehler des öffentlichen Auftraggebers zurückzuführen ist.
Rechte und Pflichten des öffentlichen Auftraggebers
Für den öffentlichen Auftraggeber besteht keine ausdrückliche gesetzliche Pflicht zur Beantwortung von Bieterfragen. In der EU VOB/A und der Konzessionsvergabeverordnung ist jedoch geregelt, dass rechtzeitig gestellte Fragen bis spätestens sechs Tage vor Ablauf der Angebotsfrist beantwortet werden müssen. Die Vergabeverordnung sieht vor, dass die Angebotsfrist zu verlängern ist, wenn zusätzliche Informationen nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt werden.
Der öffentliche Auftraggeber ist nach dem Transparenzgrundsatz verpflichtet, Unklarheiten bezüglich des Verfahrens, der Teilnahmebedingungen und insbesondere preisrelevanter Aspekte aufzuklären. Die Beantwortung der Fragen sollte schriftlich und für alle Bieter zugänglich erfolgen. Dies geschieht meistens über die Vergabeplattform in Form eines anonymisierten Bieterfragenkatalogs. Die Antworten müssen eindeutig, erschöpfend und unmissverständlich sein, da Unklarheiten zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers gehen.
Alle Bieter müssen die gleichen Informationen erhalten. Daher sind die Antworten auf Bieter-fragen anonymisiert allen Bietern zur Verfügung zu stellen. Ausnahmen bestehen nur bei individuellen Missverständnissen, dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen oder wenn die Identität des Bieters gewahrt werden muss.
Bei kritischen Bieterfragen sollte der öffentliche Auftraggeber stets prüfen, ob es sich ggf. um eine (versteckte) Rüge handelt. Auftraggeber sollten solche Fragen vorsichtshalber als Rüge behandeln, den Bieter entsprechend informieren und auf die Frist zur Einreichung eines Nachprüfungsantrags hinweisen. So stellt er sicher, dass keine Rügen unbeachtet bleiben und die Rechtsbehelfsfristen gewahrt werden.
Empfehlungen für die Praxis
- Bieterfragen sollten ausschließlich schriftlich über die Vergabeplattform gestellt und beantwortet werden.
- Ein fortlaufend aktualisierter, anonymisierter Bieterfragenkatalog sorgt für Transparenz und Nachvollziehbarkeit.
- Bei der Bereitstellung zusätzlicher Unterlagen nach einer Bieterfrage ist zu prüfen, ob die Angebotsfrist verlängert werden muss.
- Öffentliche Auftraggeber sollten bei kritischen Fragen stets prüfen, ob eine Rüge vorliegt, und entsprechend reagieren.
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