Side Letter bieten dem Family Offiice die Möglichkeit, individuelle Vereinbarungen mit dem General Partner (GP) des VC-Fonds zu treffen und so spezifische Wünsche und Vorstellungen bei der Fondsanlage umzusetzen.
Damit der Side Letter nicht in einem reinen Standarddokument verkommt, sollten Family Offices den Prozess strukturiert angehen und frühzeitig festlegen, welche Aspekte für sie von Bedeutung sind. Voraussetzung dafür ist ein klares Zielbild: Was ist dem Family Office bei einem Investment in den jeweiligen VC-Fonds besonders wichtig? Diese Punkte lassen sich anschließend nach „Must-Haves“ und „Nice-to-haves“ priorisieren.
Ein solches Zielbild kann sich je nach Fonds deutlich unterscheiden. Investiert der Fonds in Branchen, in dem die Familie unternehmerisch tätig ist, verfolgt das Family Office möglicherweise andere Ziele als bei einem Fonds ohne diesen Branchenfokus. Neben finanziellen Interessen kann etwa der Wunsch bestehen, mit Gründerteams in Kontakt zu treten oder die Möglichkeit von Co-Investments angeboten zu bekommen.
Frühzeitige Kommunikation mit dem GP
Wichtige Punkte sollten frühzeitig gegenüber dem GP kommuniziert werden. Dies gilt insbesondere für kommerzielle Aspekte, wie Fee Rebates oder ein Sitz im Limited Partner Advisory Committee (LPAC), die typsicherweise nur wenigen Investoren mit entsprechend hohen Kapitalzusagen gewährt werden. Zu Beginn des Fundraising-Prozesses ist die Bereitschaft des GP höher für signifikante Kapitalzusagen Vergünstigungen einzuräumen, als gegen Ende. Eine Ausnahme bilden Fälle, in denen der GP Schwierigkeiten hat, das Mindestvolumen für ein Closing zu erreichen. Doch stellt sich dann die Frage: Möchte das Family Office unter diesen Umständen überhaupt investieren?
Auch der zunehmende Zeitdruck vor dem jeweiligen Closing spricht dafür, kritische Punkte frühzeitig zu adressieren. Andernfalls fehlt häufig die Zeit, diese angemessen zu diskutieren und den GP von der eigenen Position zu überzeugen. Es empfiehlt sich zudem bei den adressierten Punkten darzulegen, warum diese für das Family Office von besonderer Bedeutung oder erforderlich sind. Dies erhöht nicht nur das Verständnis des GP für die Anforderungen des Family Office, sondern zwingt ihn auch, eine etwaige Ablehnung fundiert zu begründen, statt mir einen einfachen „we respectfully decline your request“ abzutun.
Typische für Family Office relevante Side Letter Regelungen
MFN-Klausel (Most Favoured Nation)
Ein Side Letter ist eine individuelle Vereinbarung zwischen dem GP und dem Investor, die auch nur zwischen diesen beiden Wirkung entfaltet. Durch eine MFN-Klausel kann das Family Office auch von Vergünstigungen profitieren, die anderen Investoren in deren Side Lettern eingeräumt worden sind und daher zunächst nicht für das Family Office gelten. Typsicherweise sieht die MFN-Klausel verschiedene Einschränkungen vor. Das Recht eine bestimmte Vergünstigung für sich zu beanspruchen ist an das Erfordernis geknüpft, eine entsprechend hohe Kapitalzusage getätigt zu haben, wie derjenige, dem die Vergünstigung eingeräumt worden ist. Auch Rechte, die aufgrund von steuerlichen oder aufsichtsrechtlichen Gründen einem Investor gewährt worden sind, dürfen regelmäßig von anderen Investoren nicht beansprucht werden.
LPAC-Sitz
Die Sitze im LPAC gehen meist an die Investorengruppen mit den höchsten Kapitalzusagen. Sollte das Family Office nicht zu diesen Gruppen gehören, kann eine Teilnahme am LPAC gelingen, wenn das Family Office über spezifische Branchenexpertise verfügt, die anderen Vertretern im LPAC fehlt und für den Fonds wichtig ist. Alternativ kann das Family Office versuchen, sich ein Teilnahmerecht als Beobachter oder erweitere Informationsrechte in Bezug auf die LPAC Sitzungen einräumen zu lassen.
Vertraulichkeitsregelungen
Vertraulichkeit ist für das Family Office in zwei Richtungen relevant: Einerseits möchte das Family Office nicht, dass deren Investment in den Fonds durch den GP öffentlich kommuniziert wird. Anderseits kann es innerhalb des Family Office notwendig sein, bestimmte den Fonds oder die Portfoliounternehmen betreffende Informationen an Dritte weiterzugeben, sei es auch nur weil das Family Office Ressourcen des Familienunternehmen nutzt. Um die Vertraulichkeit des Investments zu wahren, empfiehlt es sich, die Nennung des Family Office als Investor auf die gesetzlich erforderlichen Fälle zu beschränken und ansonsten die Weitergabe der Information von der Zustimmung des Family Office abhängig zu machen.
Co-Investmentrechte / Kontakt zu Portfoliounternehmen
Diese Rechte sind insbesondere für Family Offices interessant, die einen Bezug zur Branche haben, in die der VC-Fonds investiert. Bei Co-Investmentrechten wird der GP üblicherweise nur zu einer best-effort Informationspflicht über Co-Investmentmöglichkeiten bereit sein. Was den Kontakt zu Portfoliounternehmen betrifft, bieten GPs in der Regel jährliche Portfolio Days an. Möchte das Family Office darüber hinaus mit den Portfolio-Unternehmen in den Austausch treten, kann es hilfreich sein, wenn das Family Office bereit ist, den betreffenden Portfoliounternehmen im Gegenzug Zugang zu eigenen Branchenkontakten zu gewähren.
ESG / Negativliste / Excuse Rights
Auch wenn die meisten Fondsverträge bereits Investments in sensible Branchen (z. B. kontroverse Waffen, Glücksspiel, Pornografie) ausschließen, könnte das Family Office strengere interne Vorgaben haben. Diese lassen sich über Side Letters regeln. Allerdings kann ein weitgehender Ausschluss von Anlagen dazu führen, dass der gesamte Fonds in diese Branchen nicht mehr investieren kann, was auch die anderen Investoren des Fonds betrifft. Daher sind GPs bei solchen Regelungen zurückhaltend. In diesem Fall kann ein Excuse-Recht für das Family Office vereinbart werden, welches dem Family Office erlaubt, sich an bestimmten Anlagen des Fonds nicht zu beteiligen. Dies kann auch relevant sein, wenn die wirtschaftlich Begünstigten des Family Office Wettbewerbsverboten, beispielsweise im Nachgang zu einer Unternehmensveräußerung, unterliegen. Sofern das Family Office eigene ESG-Kennzahlen für seine Investments nachhält, ist es wichtig im Side Letter den Erhalt der hierfür erforderlichen Informationen vom GP zu vereinbaren.
Übertragungsrechte
Die Übertragung von Fondsanteilen bedarf der Zustimmung des GP. Es kann daher für das Family Office sinnvoll sein, im Side Letter bereits die Zustimmung des GP zu Übertragungen von Fondsanteilen innerhalb der Familie zu vereinbaren. Auch sollte geregelt werden, dass die im Side Letter festgelegten Rechte bei einer (Teil-)Übertragung auf den Erwerber übergehen.
Steuerliche Regelungen / Reporting
Insbesondere bei Anlagen in ausländische Fonds sollten deutsche Family Offices sicherstellen, dass sie vom Fonds alle für Ihre Steuererklärung erforderlichen Informationen erhalten. Hier hat sich eine marktgängige Praxis etabliert, sodass sich die steuerlichen Regelungen in den Side Lettern meist ähneln. Zudem sollte das Family Office sicherstellen, dass eine Beteilung an Alternative Investment Strukturen nur dann verpflichtend ist, wenn diese keine steuerlich nachteiligeren Folgen im Vergleich zur Fondsbeteiligung haben.