16.12.2019Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A Dezember 2019

Rechtsschutz gegen die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste

Legitimationswirkung § 16 I 1 GmbHG auch bei eingezogenen Geschäftsanteilen Entscheidung vom 20.11.2018 BGH II ZR 12/17 (siehe dazu Newsletter Gesellschaftsrecht / M&A April 2019)

Die Gesellschafterliste hat spätestens durch das MoMiG im Jahr 2008 an Bedeutung gewonnen und galt fortan neben dem Gesellschaftsvertrag als „Zentraldokument der GmbH und ihrer Gesellschafter“. Durch die in § 16 I 1 GmbHG statuierte Legitimationswirkung gilt derjenige, der als Gesellschafter in die in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste eingetragen ist, gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter und zwar unabhängig von seiner materiell-rechtlichen Berechtigung. Sogar bei eingezogenen und nunmehr nicht mehr existenten Geschäftsanteilen gilt die Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG fort.

Stärkung der Rechte des Betroffenen
Entscheidung vom BGH, Urteil 02.07.2019 – II ZR 406/17

Nachdem der BGH in dieser Entscheidung bereits darauf hinwies, dass in solchen Fällen einstweiliger Rechtsschutz in Betracht komme, konnte er diesbezüglich nun Stellung beziehen und stärkte mit der jüngsten Entscheidung die Rechte des von gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen Betroffenen.

Sachverhalt

Im zugrundeliegenden Sachverhalt wurden die Geschäftsanteile eines Gesellschafters eingezogen, wogegen sich dieser wendete. Parallel zum Verfahren über die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses strengte der Betroffene per einstweiliger Verfügung gegenüber der Gesellschaft an, es zu unterlassen, eine neue Gesellschafterliste einzureichen.

Einstweilige Verfügung gegen die Gesellschaft möglich

Der BGH führte aus, dass während der Dauer des Rechtsstreits über seine Entrechtung (durch Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage) der Gesellschafter gegen die passivlegitimierte Gesellschaft das Verbot erwirken können müsse, eine neue Gesellschafterliste einzureichen, in der er nicht mehr aufgeführt sei. Der Betroffene benötige ein Mittel, um eine Umstrukturierung, die die Listengesellschafter aufgrund ihrer formellen Legitimationswirkung vornehmen könnten, zu verhindern. Würde man das Hauptsacheverfahren abwarten, könnten die übrigen Gesellschafter das Unternehmen während der Dauer des Rechtsstreits nach ihrem Belieben umgestalten. Selbst wenn die Klage des Betroffenen Erfolg habe, blieben die zwischenzeitlich ergangenen Beschlüsse aufgrund der Legitimationswirkung des § 16 I 1 GmbHG wirksam und der Gesellschafter somit schutzlos gestellt.

Absicherung durch Treu und Glauben

Sollte die Gesellschaft entgegen der Anordnung der einstweiligen Verfügung dennoch eine aktualisierte Liste einreichen, könne sie sich nicht gem. § 242 BGB auf die Legitimationswirkung berufen.

Notar muss in Kenntnis gesetzt werden

Der BGH geht sogar so weit, der Gesellschaft eine Pflicht aufzuerlegen, den Notar über die Unterlassungspflicht zu unterrichten, wenn dieser gem. § 40 II 1 GmbHG anstelle der Geschäftsführer für die Einreichung der Gesellschafterliste zuständig sei.

Fazit

Aufgrund der Entscheidung des BGH dürfte in der Praxis einem von einer Änderung in den Beteiligungsverhältnissen (deren Wirksamkeit strittig ist) betroffenen GmbH-Gesellschafter stets anzuraten sein, neben der erhobenen Klage einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen. Durch die überzeugende Entscheidung des BGH wurde betroffenen Gesellschaftern ein Leitfaden an die Hand gegeben, Rechtssicherheit zu erlangen. Interessant ist auch, dass nach der BGH-Entscheidung die Gesellschaft Adressatin der einstweiligen Verfügung sein muss. Bisher war strittig, ob dieses Verfahren nicht vielmehr gegenüber dem Geschäftsführer anzustrengen sei.

Ungeklärt durch den BGH blieb, ob ein zu Unrecht nicht in die Gesellschafterliste eingetragener Gesellschafter Rechtsschutz durch einstweilige Verfügung begehren kann. Dafür dürfte nach der Argumentation des BGH vieles sprechen. Hier sollte in der Praxis auch an die Möglichkeit gedacht werden, per einstweiliger Verfügung der Gesellschafterliste im Sinne des § 16 III 3 GmbHG einen Widerspruch zuzuordnen. Die gem. § 926 I ZPO zu erhebende Klage im Hauptsacheverfahren ist dann gegen den fälschlicherweise eingetragenen Gesellschafter zu führen und nicht gegen die Gesellschaft (KG, Urteil vom 16.07.2019 - II ZR 426/17).

Darüber hinaus sollte in den Fällen, in denen ein Notar involviert ist, dieser über die (erfolgreiche) einstweilige Verfügung unterrichtet werden. Denn erst wenn er keinen Zweifel an der Wirksamkeit hat, darf dieser die Gesellschafterliste einreichen – was nach der Mitteilung ausgeschlossen sein dürfte. Eine Nachricht an das Handelsregister ist nicht schädlich, dürfte aber wenig Erfolg haben, da das Register keine eigene inhaltliche Prüfungskompetenz hat. Das Registergericht dürfte aber im Falle von Beanstandungen die Entgegennahme verweigern, wenn die zugrundeliegende Veränderung nur unter notarieller Mitwirkung wirksam vorgenommen sein kann, die Liste aber nur durch einen Geschäftsführer unterschrieben ist und damit nicht den formalen Anforderungen entspricht (KG, Beschluss vom 13.09.2018 – 22 W 63/18).

Als PDF herunterladen
Als PDF herunterladen

Weitere Artikel

Sie benutzen aktuell einen veralteten und nicht mehr unterstützten Browser (Internet-Explorer). Um Ihnen die beste Benutzererfahrung zu gewährleisten und mögliche Probleme zu ersparen, empfehlen wir Ihnen einen moderneren Browser zu benutzen.