29.04.2019Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A April 2019

Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG greift auch bei eingezogenen Geschäftsanteilen

Entscheidung vom 20.11.2018 (BGH II ZR 12/17)

Lange Zeit war umstritten, wann eine zwangsweise Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen im Sinne des § 34 GmbHG wirksam wird. In einer Grundlagenentscheidung v. 24. Januar 2012 (BGHZ 192, 236, bestätigt durch die Entscheidung v. 10. Mai 2016, BGH NZG 2016, 742) hat der BGH sodann entschieden, dass die Einziehung mit der Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter rechtsgültig wird, wenn bei der Beschlussfassung feststeht, dass die Gesellschaft das Einziehungsentgelt aus ungebundenem Vermögen leisten kann. Mit Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter führt die Einziehung zur materiell-rechtlichen Vernichtung des Geschäftsanteils und zum Untergang der Mitgliedschaftsrechte und –pflichten.

Der BGH hatte bisher noch nicht entschieden, wie sich diese materielle Rechtslage zu der formellen Legitimationswirkung der Gesellschafterliste gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG verhält. Die Gesellschafterliste hat spätestens  durch das MoMiG im Jahr 2008 an Bedeutung gewonnen und galt fortan neben dem Gesellschaftsvertrag als „Zentraldokument der GmbH und ihrer Gesellschafter“. 

Legitimationswirkung § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG

Durch die in § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG statuierte Legitimationswirkung gilt derjenige, der als Gesellschafter in die in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste eingetragen ist, gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter und zwar unabhängig von seiner materiell-rechtlichen Berechtigung.

Keine Anwendung auf nie existente Geschäftsanteile

Einigkeit besteht insoweit, dass nie existente Geschäftsanteile von dieser Legitimationswirkung nicht erfasst sind.

Legitimationswirkung auch bei eingezogenen Geschäftsanteilen

Strittig war jedoch, ob die fehlende Legitimationswirkung analog auch für früher existierende Geschäftsanteile, die zwischenzeitlich eingezogen wurden, gilt. Dies verneint der BGH nun unter Verweis auf den Wortlaut und den Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG bleibe bei eingezogenen und nunmehr nicht mehr existenten Geschäftsanteilen bestehen.

Einschränkung durch möglichen Rechtsmissbrauch

Der BGH stellte zugleich klar, dass das Ausnutzen dieser Legitimationswirkung gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstößt und damit rechtsmissbräuchlich ist, wenn der betroffene Gesellschafter um die Wirksamkeit dieser Einziehung weiß oder er sie kennen muss.

Auswirkungen auf die Praxis

Die formelle Legitimationswirkung der Gesellschafterliste kann im Fall einer Einziehung zu einer nachträglich komplizierten Interessenlage führen. Die Gesellschaft wird alles daran setzen, schnellstmöglich die Aufnahme der aktualisierten Gesellschafterliste im Handelsregister zu erreichen. Der von der Einziehung betroffene Gesellschafter wird dagegen versuchen, dies möglichst zu verhindern, um weiterhin in den Genuss der Legitimationswirkung zu kommen. Es liegt auf der Hand, dass aus diesem „Wettlauf“ weitere Folgeprobleme resultieren können, die eine umfassende Beratung im Einzelfall unabdingbar machen.

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