15.11.2019Fachbeitrag

Update Kapitalmarktrecht 029

Bundestag beschließt Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) mit wichtigen Änderungen

Wie bereits in unserem vorangegangenen „Update Kapitalmarktrecht Nr. 28“ angekündigt, gelangt die Umsetzung des ARUG II nun in die entscheidende Phase. Nachdem am 13. November 2019 der Rechtsausschuss des Bundestages seine Beschlussempfehlung zum ARUG II abgegeben hat, wurde das ARUG II am 14. November 2019 vom Deutschen Bundestag in zweiter und dritter Lesung verabschiedet. Es sind einige bedeutsame Neuerungen im Vergleich zum bisherigen Regierungsentwurf vorgesehen, die nachfolgend skizziert werden. Das Gesetz wird im nächsten Schritt dem Bundesrat zugeleitet. Mit einem Inkrafttreten ist weiterhin am 1. Januar 2020 zu rechnen.

Hintergrund

Nachdem der deutsche Gesetzgeber es nicht geschafft hatte, die Neuregelungen aus der zweiten europäischen Aktionärsrechterichtlinie fristgerecht bis zum 10. Juni 2019 in nationales Recht umzusetzen, scheint das Gesetzgebungsverfahren jetzt zu einem Abschluss zu kommen. Der Bundestag hat nämlich am 14. November 2019 den Gesetzesentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 13. November 2019 in zweiter und dritter Lesung verabschiedet. Zwar muss das Gesetz auch noch durch den Bundesrat. Jedoch ist nicht zu erwarten, dass es zu weiteren (größeren) Anpassungen kommen wird. Das vom Bundestag beschlossene Gesetz sieht folgende wesentliche Änderungen zum bisherigen Regierungsentwurf aus dem März 2019 vor.

Neuregelungen zur Organvergütung („Say on Pay“) erst für HVs ab dem 31. Dezember 2020 anwendbar

Die „Say-on-Pay-Vorschriften“, also die Regelungen zur Vorstand- und Aufsichtsratsvergütung, gelten nunmehr erst für ordentliche Hauptversammlungen, die nach dem 31. Dezember 2020 stattfinden. Folglich haben Aktionäre über das vom Aufsichtsrat vorzulegende Vergütungssystem erstmals in der ordentlichen Hauptversammlung 2021 zu beschließen. Anschließend muss der Aufsichtsrat – bis zum Ablauf von zwei Monaten nach erstmaliger Billigung des Vergütungssystems durch die Hauptversammlung – die Vergütung der Vorstandsmitglieder festsetzen. Der Vergütungsbericht, also die konkrete Offenlegung der individuellen Vergütung, ist erstmals für das nach dem 31. Dezember 2020 beginnende Geschäftsjahr zu erstellen und der Hauptversammlung bis zum Ablauf der ersten ordentlichen Hauptversammlung in dem darauffolgenden Geschäftsjahr (= 2021) zur Billigung vorzulegen.

Gesetzliche Pflicht zur Festlegung einer Vorstands-Maximalvergütung („Cap“)

Teil des Vergütungssystems des Vorstands wird auch eine Maximalvergütung („Cap“) sein, die der Aufsichtsrat zu beschließen hat (§ 87a Abs. 1 S. 2 AktG-E). Bislang konnte der Aufsichtsrat auf freiwilliger Basis nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) die Vorstandsvergütung begrenzen. Künftig wird erstmals eine gesetzliche (!) Pflicht zur Festlegung einer Maximalvergütung des Vorstands durch den Aufsichtsrat statuiert. Die Maximalvergütung kann auf Antrag gem. §§ 87 Abs. 4, 122 Abs. 2 S. 1 AktG-E durch verbindlichen und anfechtbaren Beschluss der Hauptversammlung herabgesetzt werden. Allerdings kann durch einen derartigen Beschluss die Hauptversammlung lediglich die Maximalvergütung herabsetzen, nicht aber die konkrete Ausgestaltung der Maximalvergütung verändern. Voraussetzung für einen Herabsetzungsbeschluss ist, dass vor der Hauptversammlung ein fristgerechter Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung gemäß § 122 Abs. 2 S. 1 AktG vorliegt, welcher wiederum voraussetzt, dass der Antragsteller das Mindestquorum von 5 Prozent oder einen anteiligen Betrag von EUR 500.000,00 des Grundkapitals erreicht. Hingegen reicht ein Antrag in der Hauptversammlung zu einem vorhandenen Tagesordnungsgegenstand nicht. Gemäß § 133 AktG-E bedarf der Herabsetzungsbeschluss der einfachen Stimmenmehrheit. Laufende Verträge bleiben von einem Herabsetzungsbeschluss unberührt. 

Vergütungsstruktur ist auf nachhaltige (soziale und ökologische) Entwicklung der Gesellschaft auszurichten

Die Vergütungsstruktur ist bei börsennotierten Gesellschaften künftig auch auf eine nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft auszurichten (§ 87 Abs. 1 AktG-E). Der Regierungsentwurf sah zuvor nur eine Ausrichtung nach der langfristigen Entwicklung der Gesellschaft vor. Die bisherige Verpflichtung des Aufsichtsrats, bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung auf eine „nachhaltige Entwicklung“ der Gesellschaft zu achten, war von der Praxis und Literatur ganz überwiegend im Sinne einer „langfristigen Entwicklung“ verstanden worden. Mit der Dopplung der Begriffe „nachhaltig“ und „langfristig“ soll nunmehr deutlich gemacht werden, dass der Aufsichtsrat bei der Vergütungsfestsetzung, insbesondere der Wahl der Vergütungsanreize, auch soziale und ökologische Gesichtspunkte in den Blick zu nehmen hat.

Herabsetzung des Schwellenwerts für Related-Party-Transactions

Der maßgebliche Schwellenwert für zustimmungspflichtige Geschäfte mit nahestehenden Personen (Related Party Transactions) wurde von bisher 2,5 Prozent auf 1,5 Prozent der Summe aus dem Anlage- und Umlaufvermögen der Gesellschaft gemäß § 266 Absatz 2 Buchstabe A und B HGB abgesenkt. Hierdurch soll die Regelung wirkungsvoller werden, ohne die Unternehmen mit zu hohen zusätzlichen Bürokratiekosten zu belasten.

Kostentragung für Aktionärskommunikation

Durch eine Änderung von § 67f Abs. 1 AktG-E sollen Gesellschaften nicht mehr zwingend solche Kosten für die Aktionärskommunikation tragen, die den Intermediären im Zusammenhang mit der rechtskonformen Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 67e AktG-E entstehen. Dies sei interessengerecht, da Aufwendungen der Intermediäre hier vielfach allein der Risikosphäre der Intermediäre zuzuordnen seien (z.B. fehlerhafte, zu lange oder unvollständige Speicherung personenbezogener Daten). Mangels zwingender gesetzlicher Regelung bleibt es demnach künftig den Beteiligten (Gesellschaften, Intermediäre, Aktionäre) überlassen die Kostenaufteilung untereinander zu regeln.

Fazit

Es sieht so aus, als stehe das Gesetzgebungsverfahren zum ARUG II kurz vor dem Abschluss. Das vom Bundestag verabschiedete Gesetz wird jetzt dem Bundesrat zugeleitet, der hierüber in einem sog. Zweiten Durchgang entscheidet. Ein Inkrafttreten des ARUG II am 1. Januar 2020 bleibt weiterhin möglich. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

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