28.01.2015Fachbeitrag

Immobilien & Bau Update 1/2015

Intertemporale Anwendbarkeit der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) bei stufenweiser Beauftragung von Architekten und Ingenieuren

BGH, Urteil vom 18.12.2014 - Az: VII ZR 350/13

Bei stufenweiser Beauftragung von Architekten- und Ingenieurleistungen gilt die zum Zeitpunkt der jeweiligen Beauftragung geltende HOAI.

Am 26. Mai 2009 schloss der Auftraggeber (AG) mit dem Architekten (Kläger) einen Generalplanervertrag, mit dem der Architekt unmittelbar und sofort mit der ersten Leistungsstufe, d. h. mit Planungsleistungen gemäß Leistungsphase 1 bis 4 beauftragt wurde. Hinsichtlich der zweiten Leistungsstufe, d. h. Leistungen gemäß Leistungsphase 5 bis 8 war vorgesehen, dass sich der Architekt über einen bestimmten Zeitraum zur Erbringung dieser Leistungen verpflichtete und es dem AG freistand, diese Leistungen innerhalb des vorgesehenen Zeitraumes ganz oder teilweise abzurufen bzw. zu beauftragen. Ein Rechtsanspruch des Architekten auf Beauftragung dieser Leistungen wurde ausgeschlossen.

Am 17. August 2009 trat die HOAI 2009 in Kraft. Nach diesem Zeitpunkt rief der AG Leistungen der Leistungsstufe 2 beim Architekten ab, und erteilte den entsprechenden Auftrag. Nach Erbringung dieser Leistungen rechnete der Architekt diese Leistungen nach den Mindest-Honorarsätzen der HOAI 2009 ab. Der AG war nur zur Honorierung der Mindestsätze der bei Abschluss des Generalplanervertrages geltenden HOAI 2002 bereit. Die Differenz machte der Architekt zu-nächst vor dem Landgericht, anschließend mit der Berufung vor dem OLG Koblenz geltend. Beide Instanzen gaben dem Architekten Recht.

Entscheidung

Der BGH bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen, wonach bei einer stufenweisen Beauftragung diejenige Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) einschlägig ist, welche zum Zeitpunkt des Abrufs bzw. der Beauftragung der jeweiligen Leistungsstufe galt. Da der Abruf bzw. die Beauftragung dieser Leistungsstufe im vorliegenden Fall nach In-krafttreten der HOAI 2009 erfolgte, stünde dem Architekten auch ein Honorar nach den Mindestsätzen der HOAI 2009 zu. Der Gegenauffassung, wonach es auch bei einer stufenweisen Beauftragung ausschließlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Ausgangsvertrages ankäme, erteilt der BGH eine Absage. Nach Auffassung des BGH kommt es ausschließlich auf den Zeitpunkt der Beauftragung der späteren Leistungen und nicht auf den Zeitpunkt einer vorab getroffenen Honorarvereinbarung an. Allerdings verweist der BGH den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das OLG Koblenz, da der Architekt die anrechenbaren Kosten nach der Kostenberechnung ermittelt hatte. Da die nach Auffassung des BGH anzuwendende HOAI 2009 die Ermittlung der anrechenbaren Kosten lediglich auf Grundlage einer Kostenschätzung bzw. Kostenberechnung vorsehen würde, müsste dem Architekt Gelegenheit gegeben werden, dies nachzuholen.

Praxishinweis

Damit ist eine seit fast zwei Jahren bestehende Unsicherheit, welche Fassung der HOAI bei stufenweiser Beauftragung an-zuwenden ist, vom BGH jetzt abschließend entschieden worden. Danach ist diejenige Fassung der HOAI maßgeblich, welche zum Zeitpunkt der Einzelbeauftragung gilt. Für die Praxis ergeben sich insbesondere bei der Abgrenzung zwi-schen der HOAI 2009 und der HOAI 2013 folgende Probleme:
Die Leistungskataloge der Leistungsbilder der HOAI 2013 wurden im Vergleich zur HOAI 2009 erheblich erweitert, teilweise sind völlig neue Grundleistungen hinzugekommen. Insofern stellt sich die Frage, ob der Architekt im Falle einer Beauftragung einer Leistungsstufe nach Inkrafttreten der HOAI 2013 weiterhin nur die in den Leistungskatalogen der HOAI 2009 genannten Leistungen schuldet oder geänderte bzw. zusätzliche Grundleistungen gemäß HOAI 2013 erbringen muss.

Im Falle einer Abrufung bzw. Beauftragung von Leistungsstufen nach Inkrafttreten der HOAI 2013 sollten die Vertragsparteien daher das geschuldete Leistungssoll fixieren.

Falls sich das Leistungssoll weiterhin auf die nach der HOAI 2009 vorgesehenen Grundleistungen beschränken soll, erhält der Auftragnehmer hierfür in jedem Falle ein höheres Honorar, da die HOAI 2013 teils erhebliche Honorarerhöhungen beinhaltet. Allerdings ist die Ermittlung des anteiligen Hono-rars für diese Grundleistungen wegen der Erweiterung des Leistungssoll der HOAI 2013 nicht immer einfach.
Bei Anwendung der HOAI 2013 ergibt sich darüber hinaus das Problem, wie mit den anrechenbaren Kosten der mitzuverarbeitenden Bausubstanz umzugehen ist. Die HOAI 2009 beinhaltete keine Berücksichtigung dieser Kosten. Nach der HOAI 2013 müssen diese Kosten aber unbedingt berücksichtigt werden, da sie Mindestsatz-relevant sind. Es ist daher den Vertragsparteien zu empfehlen, im Zusammenhang mit der Beauftragung von Leistungsstufen nach Inkrafttreten der HOAI 2013 die Höhe der anrechenbaren Kosten der mitzuverarbeitenden Bausubstanz zu regeln und dies am besten gesondert für jede einzelne Leistungsphase.

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