26.02.2020Fachbeitrag

Update Immobilien & Bau 3/2020

Kündigung durch einen Bevollmächtigten – Grenzen des Notarvertrauens!

Einer Kündigung durch einen Bevollmächtigten sollte stets das Original einer entsprechenden Vollmacht beigefügt werden. Andernfalls riskiert der Erklärende, dass die Kündigung allein mangels Vorlage dieser Vollmacht  zurückgewiesen wird. Das OLG München (OLG München, Beschluss vom 21.10.2019 – 7 U 3659/19) entschied nun, dass eine notariell beglaubigte Abschrift der Vollmacht einem Original insoweit nicht gleichstehe und die Kündigung nach Zurückweisung durch den Erklärungsempfänger aus diesem Grund unwirksam sei.

Gegenstand der Entscheidung

Verkäufer und Erwerber einer Immobilie einigten sich im Rahmen eines Grundstückskaufvertrags, dass der Erwerber nach Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten, jedoch vor Eigentumsumschreibung im Grundbuch, u.a. berechtigt sein soll, Mietverhältnisse zu kündigen. Bei Kaufvertragsschluss wurde der Verkäufer von einem Bevollmächtigten vertreten. Dessen Vollmacht lag dem Notar – wie allgemein üblich – bei Beurkundung im Original vor und wurde dem Kaufvertrag durch den Notar als beglaubigte Abschrift beigefügt. Der Erwerber des Grundstücks wollte dem zwischenzeitlich säumigen Mieter nun außerordentlich kündigen und heftete der Kündigung eine Ausfertigung des Kaufvertrags samt der beglaubigten Abschrift der Vollmacht des Verkäufers bei. Der Mieter wies die Kündigung unter Berufung auf § 174 BGB zurück.

Notariell beglaubigte Abschrift ersetzt kein Original

Nach Ansicht des OLG München zu Recht! Eine Abschrift – notariell beglaubigt oder nicht – sei kein Original und genüge dem Schutzzweck des § 174 BGB nicht. Die Regelung soll den jeweiligen Empfänger einer einseitigen Willenserklärung in die Lage versetzen, Bestehen und Umfang der Vertretungsmacht selbst überprüfen zu können. Er müsse sich deshalb nicht auf eine Überprüfung durch einen Notar verlassen, bei der er nicht anwesend war und auf deren Durchführung er keinen Einfluss hatte.

Praxishinweis

Gerade bei Mietverhältnissen sind Kündigungen oft zeitkritisch. Sei es, dass gekündigt werden soll, bevor der säumige Mieter seine Mietschulden wie im hier entschiedenen Fall ausgleicht oder Kündigungsfristen eingehalten werden müssen, bevor eine Verlängerung des Mietverhältnisses greift. Daher macht es der Geschäftsbetrieb gerade für Vermieter oft erforderlich, Kündigungen durch Bevollmächtigte aussprechen zu lassen, sei es durch einen Mitarbeiter, Asset Manager oder Rechtsanwalt. Auch bei Grundstückskaufverträgen ist es gängige Praxis, dass der Erwerber bereits vor Eigentumsumschreibung im Grundbuch, nämlich unmittelbar nach Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten, vom Verkäufer zur Verwaltung der Mietverhältnisse bevollmächtigt wird. Will der Erwerber in diesem Zeitraum die Kündigung eines Mietverhältnisses erklären, benötigt er dafür noch die Bevollmächtigung durch den Veräußerer, denn ohne Eintragung im Grundbuch ist das Mietverhältnis noch nicht kraft Gesetzes auf ihn übergegangen.

Fazit

Folgt man dem OLG München, ist in all diesen Fällen der Kündigungserklärung die Vollmachtsurkunde im Original beizufügen. Andernfalls läuft der Vermieter Gefahr, dass der Kündigungsempfänger die Kündigung mangels Vorlage der Vollmacht im Original zurückweist und dann genau die Frist verstrichen ist, die man unbedingt einhalten wollte. Die Entscheidung des OLG München ist nicht rechtskräftig; die Revision beim BGH anhängig. Ob der BGH sich der Ansicht des OLG München anschließen wird, bleibt abzuwarten. Bis zu einer endgültigen Entscheidung kann man Grundstückserwerbern jedoch nur raten, sich vorsorglich eine (weitere) Vollmacht, die den Erwerber zur Kündigung von Mietverhältnissen bevollmächtigt, im Original aushändigen zu lassen und diese Vollmacht der Kündigungserklärung beizufügen. Denn auch wenn ein Notar im deutschen Rechtsverkehr großes Vertrauen genießt und notariell beglaubigte Abschriften daher oft Originale ersetzen können, ist dies nach der Ansicht des OLG München bei Kündigungen gerade nicht der Fall!

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