23.06.2022Fachbeitrag

Update Energie Nr. 25

Notfallplan Gas – Alarmstufe wird ausgerufen, Preisanpassungen werden wahrscheinlicher

Am heutigen Donnerstag (23. Juni 2022) hat das BMWK die zweite Krisenstufe gemäß Notfallplan Gas – die sog. Alarmstufe – ausgerufen. Diese Ankündigung steht in engem Zusammenhang mit der aktuellen Reduzierung der Gasimportmengen in der Nord Stream 1 Pipeline und deren planmäßiger Wartung im Juli. Aus diesem Grund erscheint es gut möglich, dass die BNetzA auch die erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland feststellen könnte. Dies würde den Anwendungsbereich für mögliche Preisanpassungen entlang der Lieferkette nach § 24 EnSiG eröffnen.

Alarmstufe am 23. Juni 2022 ausgerufen

Auf der E-world wurde es bereits am Dienstag gemunkelt, heute hat dann Wirtschaftsminister Habeck mit der sogenannten Alarmstufe die nächste Krisenstufe gemäß Art. 11 SoS-VO in Verbindung mit dem Notfallplan Gas ausgerufen. Hintergrund dürfte vor allem die erhebliche Reduzierung der Gasimportmengen über die Pipeline Nord Stream 1 um 60 Prozent sowie die zu erwartende vollständige Einstellung von deren Betrieb aufgrund einer planmäßigen Wartung im Juli 2022 sein. Ob die Pipeline nach Abschluss der Arbeiten wieder auf ein normales Niveau hochfährt wird derzeit von vielen Beobachtern in Frage gestellt.

Feststellung der erheblichen Reduzierung von Gasimportmengen wahrscheinlicher

Derzeit haben die Versorgungsunternehmen noch keine Möglichkeit, ihre Gaspreise nach dem Energiesicherungsgesetz (EnSiG) zu erhöhen. Zunächst solle der Markt weiter beobachtet werden, so Wirtschaftsminister Habeck. Der vollständige Lieferstopp über Nord Stream 1 könnte jedoch dazu führen, dass nach der Ausrufung der Alarmstufe auch die Feststellung einer erheblichen Reduzierung von Gasimporten durch die BNetzA erfolgt. Mit dieser Feststellung wären die Voraussetzungen für das Preisanpassungsrecht nach § 24 EnSiG dann erfüllt.

Preisanpassungsrecht nach § 24 EnSiG

Das Recht zur Anpassung der Preise auf ein angemessenes Niveau beginnt beim Importeur und durchzieht die gesamt Lieferkette bis zum Endkunden. Viele Einzelheiten des Preisanpassungsrechts und dessen Anwendung sind unklar und mit zahlreichen rechtlichen und tatsächlichen Unsicherheiten verbunden. So können unterschiedliche Fristen und Anforderungen für die Anpassung – abhängig vom jeweiligen Vertragspartner – zu Verwerfungen führen. Generell gilt etwa, dass die Preisanpassung frühestens am Tag nach dem Zugang der mit einer Begründung versehenen Anpassungsmitteilung wirksam werden soll. Bei Letztverbrauchern gilt dagegen eine Unterrichtungsfrist von einer Woche. In beiden Fällen hat der Kunde ein außerordentliches Kündigungsrecht, auf das in der Preisanpassungsmitteilung hinzuweisen ist und das nur unverzüglich nach Zugang der Mitteilung ausgeübt werden kann. Unklar bleibt unter anderem, was ein „angemessenes“ Preisniveau ist und wie ausführlich die Begründung der Preisanpassung ausfallen muss. Bei der Preisanpassung gegenüber Letztverbrauchern sind zudem die durch das EnSiG angepassten Anforderungen des § 41 Abs. 5 EnWG zu berücksichtigen.

Handlungsoptionen und Abwägungsentscheidungen für Notfallstufe

Während der Alarmstufe basieren Maßnahmen zur Reduzierung des Gasverbrauches noch auf Freiwilligkeit und sollen marktbasiert sein. Auch die Preisanpassungen sollen insofern über Preissignale eine marktbasierte, freiwillige Reduzierung bewirken. Erst ab der Notfallstufe werden nicht-marktbasierte Maßnahmen ergriffen. Die Stellungnahme der BNetzA vom 17. Mai 2022 führt hierzu einige Handlungsoptionen und Abwägungsentscheidungen auf, wobei hier jedoch in der Zukunft mit weiteren Differenzierungen zu rechnen ist, die sich aus den von der BNetzA erhobenen Daten ergeben könnten.

Weitere Anpassungen energierechtlicher Vorgaben wahrscheinlich

Aufgrund der aktuell sehr dynamischen Entwicklung auf den Energiemärkten sind weitere Änderungen des energiewirtschaftlichen Rechtsrahmens zu erwarten. Auch eine erneute Anpassung bzw. Nachschärfung des EnSiG halten wir für nicht ausgeschlossen. Nach neuesten Informationen könnte das Preisanpassungsrecht im Wege einer Änderung des EnSiG noch vor der Sommerpause durch einen Umlagemechanismus ersetzt werden. Energieversorger wie auch Endkunden sollten diese Entwicklungen genau verfolgen und darauf gefasst sein, sich kurzfristig auf derartige Marktveränderungen einstellen zu müssen.

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