30.05.2022Fachbeitrag

Update Compliance 14/2022

Sanktionsdurchsetzungsgesetz I - Effektivere Durchsetzung von Sanktionen gegen Russland

Am 28. Mai 2022, einen Tag nach dessen Verkündung, ist  das erste Gesetz zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen in Kraft getreten. Das sogenannte Sanktionsdurchsetzungspaket (SDG I) soll in Deutschland eine effektive Durchsetzung der im Zuge des völkerrechtswidrigen Angriffs der Russischen Föderation gegenüber der Ukraine erlassenen Sanktionen der Europäischen Union (EU) sicherstellen.

Hintergrund

In den vergangenen Monaten hat die EU verschiedene Sanktionspakete verabschiedet. Diese umfassen insbesondere gegen einzelne Personen und Einrichtungen gerichtete restriktive Maßnahmen, Beschränkungen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sowie Im- und Exportrestriktionen.

Zwar gelten die EU-Verordnungen in Deutschland unmittelbar. Es hat sich aber immer wieder gezeigt, dass es bei der Umsetzung der EU-Sanktionen Probleme gibt. Eine Durchsetzung der Sanktionen scheiterte oftmals an fehlenden Zuständigkeitsregelungen, einer unzureichenden digitalen Vernetzung der zuständigen Behörden sowie fehlenden Eingriffsbefugnissen. Beispielsweise fehlte bei Sachverhalten mit Sanktions- und Embargobezug bislang die Möglichkeit, Vermögen zu ermitteln und Vermögensgegenstände bis zur Aufklärung der Eigentumsverhältnisse sicherzustellen. Ferner konnten sanktionierte Personen ihre wirtschaftlichen Ressourcen wie etwa Immobilien und Fahrzeuge weiterhin nutzen. Lediglich ihre Gelder wurden „eingefroren“.

Hier soll das SDG I Abhilfe verschaffen. Für den wirkungsstarken operativen Vollzug der Sanktionen auf nationaler Ebene ist nicht nur die Expertise verschiedener Behörden und Stellen auf Bundes- und Länderebene erforderlich, sondern auch deren Zusammenarbeit. Die im SDG I getroffenen Regelungen sind kurzfristig umsetzbar und dienen der Schließung von Regelungslücken.

Maßnahmen 

Das SDG I, mit dem das Außenwirtschaftsgesetz, das Geldwäschegesetz, das Kreditwesengesetz, das Wertpapierhandels-gesetz und das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz geändert werden, sieht folgende wesentliche Änderungen vor:

  • Gemäß § 9a AWG sollen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), die Deutsche Bundesbank sowie zahlreiche Bundesministerien, u.a. das Bundesministerium der Finanzen die Befugnis erhalten, zur Ermittlung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen sowie von Eigentumsverhältnissen an diesen 
    • Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen zu verlangen,
    • Zeugen vorzuladen und zu vernehmen,
    • Beweismittel sicherzustellen,
    • Geschäfts- und Betriebsräume während der üblichen Geschäfts- und Betriebszeiten zu betreten,
    • Wohnungen sowie Geschäfts- und Betriebsräume unter Beachtung der geltenden Regeln zu durchsuchen und
    • Einsicht in Grundbücher und andere öffentliche Register zu nehmen.
  • Darüber hinaus dürfen gemäß §§ 9b, 9c AWG die zuständigen Behörden künftig Gelder und wirtschaftliche Ressourcen, bei denen mindestens die begründete Vermutung besteht, dass sie einer Verfügungsbeschränkung unterfallen, (vorläufig) sicherstellen und in Ausnahmefällen sogar verwerten.
  • § 18 Abs. 1 AWG stellt klar, dass auch Verstöße gegen Sende-, Übertragungs-, Verbreitungs- oder sonstige Dienstleistungsverbote als Straftaten zu qualifizieren sind und mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren sanktioniert werden.
  • Gemäß § 23a AWG sind sanktionierte Personen verpflichtet, ihre Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen gegenüber der Deutschen Bundesbank bzw. dem BAFA unverzüglich anzuzeigen. Zuwiderhandlungen werden mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet. Straffrei bleibt, wer eine solche Anzeige freiwillig und vollständig in der vorgeschriebenen Weise nachholt, wenn die Tat zu diesem Zeitpunkt noch nicht entdeckt war (sog. freiwillige Selbstanzeige). Die Anzeigepflicht gilt auch für Logistikdienstleister i.S. der §§ 453 und 467 HGB, wobei hier eine Zuwiderhandlung wegen des überschaubaren Unrechtsgehaltes lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellt.
  • Unter Einhaltung der datenschutzrechtlichen Zweckbestimmungen dürfen sanktionsrelevante Informationen zwischen Behörden ausgetauscht und verarbeitet werden, vgl. §§ 9d, 24 AWG. Dies betrifft auch personenbezogene Daten.
  • Weitere Behörden erhalten gemäß § 26a GWG zusätzlich die Möglichkeit, Daten aus dem Transparenzregister, in dem die wirtschaftlich Berechtigten erfasst werden, abzurufen, inklusive sog. Rückwärtssuchen. Zugleich wird der Zugang zu Kontoabfragen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf zusätzliche Sanktionsbehörden erweitert.
  • Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) soll gemäß § 28 GWG u.a. bei der Vermögensfeststellung mitwirken und erhält die Befugnis, Transaktionen mit Sanktions- oder Embargobezug zu untersagen.
  • Die BaFin darf gemäß § 14a WpHG gegenüber jedermann Handelsverbote bei Sanktionsbezug anordnen.

Ausblick

Die Bundesregierung hat bereits angekündigt, dass in absehbarer Zeit das Zweite Sanktionsdurchsetzungsgesetz (SDG II) folgen wird. Aus Regierungskreisen heißt es, dass durch das SDG II ein nationales Register für Vermögen unklarer Herkunft und sanktionierte Vermögenswerte eingerichtet werden soll. Darüber hinaus soll ein eigenständiges Verwaltungsverfahren zur Aufklärung von Vermögen unklarer Herkunft eingeführt werden. Auch eine zentrale Hinweisgeberstelle ist vorgesehen.  

Praxishinweis

Das SDG I dient in erster Linie der Durchsetzung der von der EU gegen Russland und Belarus erlassenen Sanktionspakete. Es findet aber ebenso bei allen anderen von der EU erlassenen Sanktionen Anwendung.

Den Aufwand für die Wirtschaft ordnet das SDG I als gering ein. Etwas Anderes kann jedoch für die von der Auskunftspflicht betroffenen Logistikunternehmer gelten. Hinzu kommt, dass einer Vielzahl von Behörden weitreichende Befugnisse zur Ermittlung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen sowie von Eigentumsverhältnissen eingeräumt werden. Für die von den Ermittlungsmaßnahmen Betroffenen, wie beispielsweise (ehemalige) Vertragspartner von sanktionierten Personen/Unternehmen bedeutet dies, dass sie ihre Mitarbeiter auf den „Ernstfall“ (Durchsuchungen, Zeugenvernehmungen, Anfrage von Dokumenten) vorbereiten müssen.

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