Ankauf von Steuer-Daten: NRW erwirbt riesigen Datensatz zu Offshore-Strukturen – Einleitung von Steuerstrafverfahren erwartet
Update Compliance 17/2025
Das Land Nordrhein-Westfalen hat einen umfangreichen Datenträger mit Informationen zu mutmaßlichen Offshore-Strukturen angekauft. Laut Medienberichten handelt es sich um einen mehr als ein Terabyte großen Datensatz, der Beteiligungen auch deutscher Steuerpflichtiger an Gesellschaften in Steueroasen enthält und Steuerhinterziehung „im großen Stil“ betreffen soll. Das Finanzministerium in Düsseldorf informierte Bund und Länder aufgrund der bundesweiten Relevanz der Fälle. Es ist mit der Einleitung zahlreicher Steuerstrafverfahren zu rechnen.
Der Rheinischen Post zufolge hat das nordrhein-westfälische Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität den Datenträger über einen Hinweisgeber erworben. Enthalten sein sollen Kundeninformationen von Dienstleistern mit Sitzen unter anderem in den Vereinigten Arabischen Emiraten, auf den Cayman Islands, in Hongkong, Mauritius, Panama, Singapur und Zypern. Die zuständigen Stellen erwarten Hinweise auf Konstruktionen, die der Verschleierung von Vermögenswerten dienen. Zur Größe der mutmaßlich unversteuerten Geldflüsse liegen noch keine verlässlichen Erkenntnisse vor.
Schwerpunkt „digitale Wirtschaft“: Fokus auf Influencer und internationale Gestaltungen
Zuletzt hatte eine Taskforce des Landesamts zur Bekämpfung der Finanzkriminalität durch Verfahren im Bereich der Creator- und Influencer-Ökonomie aufhorchen lassen (siehe Update Compliance 8/2025). Vor dem Hintergrund grenzüberschreitender Zahlungsströme und plattformbasierter Einnahmen liegt ein besonderes Augenmerk auf der zutreffenden Erfassung, Zuordnung und Versteuerung von Umsätzen sowie der Nutzung ausländischer Gesellschaften. Die nun angekauften Daten können in diesen Segmenten zusätzliche Ermittlungsansätze eröffnen.
Ausblick: Prüf- und Ermittlungsdruck steigt – auch ohne konkreten Anfangsverdacht
Datenankäufe haben in der Praxis regelmäßig zu flächendeckenden Auskunftsersuchen, Kontrollmitteilungen und Außenprüfungen geführt. Steuerpflichtige mit Auslandsbezug – insbesondere mit Strukturen in Offshore-Jurisdiktionen – müssen damit rechnen, dass bereits formale Auffälligkeiten (fehlende Substanz, fehlende Dokumentation, ungeklärte Zahlungsströme) zu vertieften Prüfungen führen. Unternehmen und Privatpersonen sollten ihre internationalen Strukturen, Zahlungswege und Erklärungspflichten kurzfristig intern überprüfen und dokumentarisch belastbar machen.
Praxishinweis
Es ist zu erwarten, dass die Finanzbehörden – u. U. in Zusammenarbeit mit Staatsanwaltschaften – nach Datenauswertung zahlreiche Strafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung einleiten. Steuerhinterziehung ist strafbar nach § 370 AO. Ein besonders schwerer Fall liegt unter anderem bei einem Steuerschaden ab 50.000 Euro vor, was regelmäßig eine deutlich verschärfte Strafzumessung nach sich zieht.
In geeigneten Fällen kommt eine strafbefreiende Selbstanzeige gemäß § 371 AO in Betracht. Dafür ist erforderlich, dass die Taten bei Abgabe der Selbstanzeige noch nicht entdeckt sind, alle unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart vollständig und zutreffend offengelegt werden und die hinterzogenen Steuern nebst Zinsen unverzüglich nachentrichtet werden.
Ergeht eine Mitteilung über die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens, sollten Betroffene unverzüglich einen spezialisierten Steuerstrafverteidiger beauftragen, Akteneinsicht beantragen lassen und die Verteidigungsstrategie abstimmen. Kommt es zu einer Durchsuchung, gilt: sofort Verteidiger verständigen, keine spontanen Einlassungen, nur erforderliche Angaben zur Person machen. Idealerweise ist man vorbereitet, etwa durch eine Notfallkarte mit der Handynummer des Anwalts und klare interne Notfallanweisungen für Empfang, IT und Management.