09.09.2025 Fachbeitrag

Verschärfung des Unternehmensstrafrechts: Großbritannien stellt unterlassene Betrugsprävention unter Strafe

Update Compliance 10/2025

Seit dem 1. September 2025 sieht das britische Recht strafrechtliche Sanktionen für Unternehmen vor, die keine angemessenen Maßnahmen zur Betrugsprävention ergriffen haben. Auch für deutsche Unternehmen mit UK-Bezug besteht ein Sanktionsrisiko. Unternehmen können diesem Risiko jedoch durch angemessene Compliance-Maßnahmen begegnen. Durch den Nachweis angemessener Maßnahmen kann sich ein Unternehmen enthaften. Die britische Regierung veröffentlichte dazu einen Leitfaden mit konkreten Anforderungen an die Compliance-Organisation.

Der neue Straftatbestand

Der neue Unternehmensstraftatbestand wurde in Section 199 des britischen Gesetzes über Wirtschaftskriminalität und Unternehmenstransparenz (Economic Crime and Corporate Transparency Act 2023, ECCTA) eingeführt: Wegen „Unterlassens der Betrugsprävention“ (Failure to prevent fraud) macht sich ein Unternehmen strafbar, wenn verbundene Personen zugunsten des Unternehmens bestimmte Wirtschaftsstraftaten begehen und keine angemessenen Präventionsmaßnahmen bestehen. Erfasst sind über den klassischen Betrug hinaus Straftaten wie Untreue, Unterschlagung, falsche Buchführung, Geldwäsche und ähnliche Straftaten.

Betroffene Unternehmen

Der Tatbestand richtet sich an große Unternehmen (large organisations). Darunter fallen Unternehmen, die zwei der folgenden Kriterien erfüllen:

  • mehr als 250 Beschäftigte
  • über 36 Mio. Pfund (ca. 41,5 Mio. EUR) Jahresumsatz
  • Bilanzsumme von mehr als 18 Mio. Pfund (ca. 20,7 Mio. EUR).

Die Kriterien gelten für das gesamte Unternehmen einschließlich der Tochtergesellschaften und unabhängig von ihrer Ansässigkeit. Die Schwellenwerte werden oftmals schon von mittelständischen Unternehmen erreicht. Daher sollten sich sowohl große als auch kleinere Unternehmen mit der britischen Neuregelung auseinandersetzen.

Bedeutung für deutsche Unternehmen

Der neue Straftatbestand gilt nicht nur für Unternehmen mit Sitz in UK. Ausreichend ist, dass die Straftat einen UK-Bezug hat. Daran werden keine hohen Anforderungen gestellt. Nach den Leitlinien der britischen Regierung liegt ein UK-Bezug vor, wenn

  • die Tat in UK begangen wird oder
  • Gewinn oder Verlust in UK entstanden ist.

Straftaten von Mitarbeitern des Unternehmens oder der Tochtergesellschaften, aber auch von verbundenen Personen wie Dienstleister oder Handelsvertreter begründen ein Sanktionsrisiko. Deutsche Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen in UK – sei es nur durch Kunden oder Lieferanten in UK – sollten die neuen Compliance-Vorgaben beachten.

Folgen bei Verstößen

Bei Verstößen drohen Geldstrafen in unbegrenzter Höhe sowie die Abschöpfung von Erträgen. Darüber hinaus entstehen regelmäßig außerstrafrechtliche Folgen wie etwa ein Reputationsverlust.

Praxishinweis

Unternehmen mit UK-Bezug sollten ihre Compliance-Strukturen insbesondere im Hinblick auf die Betrugsprävention auf den Prüfstand stellen und an aktuelle Anforderungen anpassen. Nur durch den Nachweis angemessener Compliance-Maßnahmen lässt sich der Vorwurf einer unterlassenen Betrugsprävention abwehren.

Die britische Regierung stellt in ihrem Leitfaden sechs Grundsätze zur Orientierung auf:

  1. Engagement auf höchster Ebene (top level commitment)
  2. Risikoanalyse (risk assessment)
  3. Angemessene risikobasierte Präventionsverfahren (proportionate risk-based prevention procedures)
  4. Sorgfaltspflichten (Due Diligence)
  5. Kommunikation und Schulungen (communication)
  6. Überwachung und Weiterentwicklung (monitoring and review)

…und in Deutschland?

Diese Kriterien gelten allgemein für Compliance Management-Systeme, und auch Unternehmen ohne UK-Bezug ist anzuraten, sie zu beachten. Denn auch nach deutschem Unternehmenssanktionsrecht können Unternehmen bebußt werden, wenn sie durch mangelnde Aufsicht betriebsbezogene Straftaten ermöglichen oder erleichtern. Anders als im UK-Recht ist die Unternehmensgeldbuße zwar auf 10 Millionen Euro pro Straftat begrenzt, allerdings können Erträge aus den Straftaten unbegrenzt abgeschöpft werden.

Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter Jakob Döllner erstellt.

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