Vorstandshaftung – gut gemeint ist das Gegenteil von gut: Ehrenamt und böses Erwachen
Häufig wird die Tätigkeit in Gremien einer Stiftung als Gefälligkeit dem Stifter gegenüber neben einer Hauptbeschäftigung – oft unentgeltlich oder gegen geringen Auslagenersatz übernommen. Dabei wird übersehen, dass das Mitglied eines Organs bei der Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers einzuhalten hat, § 84 BGB. Der Stiftungsvorstand haftet damit letztlich wie ein GmbH-Geschäftsführer oder der Vorstand einer AG. Verletzt ein Vorstand gesetzliche und satzungsgemäße Vorgaben, ist er gegenüber der Stiftung zu Schadenersatz verpflichtet und haftet mit seinem privaten Vermögen. Diese Haftung besteht unabhängig davon, ob der Stifter selbst oder ein Dritter das Vorstandsamt übernimmt. Trotz der Haftungserleichterungen bei einer nur geringen Vergütung, haftet der Vorstand bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit.
Eine die Haftung auslösende Pflichtverletzung kann schneller vorliegen, als man gemeinhin annehmen würde. Beispiele aus unserer Praxis:
Klingt so einfach: Erhalt des Grundstockvermögens
Der juristische Laie wird annehmen, er würde die vorgenannte Verpflichtung einhalten, wenn die Jahresabschlüsse der Stiftung über Jahre das Grundstockvermögen in ursprünglicher Höhe ausweisen. Dies ist ein weit verbreiteter Irrtum, da Stiftungssatzungen in der Regel nicht auf das Nominalwertprinzip abstellen, sondern vorsehen, dass das Grundstockvermögen in seinem realen Wert zu erhalten ist. Aus dem Realwertprinzip folgt, dass die Inflationsrate ausgeglichen werden muss.Der Stifter sollte durch Vorgaben in der Stiftungssatzung festlegen, ob das Grundstockvermögen nominal oder real zu erhalten ist.
Vorstand in der Zwickmühle: Ertrag vs. Risiko
Der Vorstand sieht sich einem Zielkonflikt ausgesetzt: Zunächst ist er gehalten, für nachhaltige Erträge zu sorgen, aus denen der Zweck verwirklicht werden kann. In der Regel wird er aus mündelsicheren Anlagen nicht die notwendigen Erträge generieren können. Investiert er hingegen in risikoreichere Anlagen, wie z. B. Aktien, sieht er sich dem Risiko ausgesetzt, sich schadenersatzpflichtig zu machen.Abhilfe kann hier unter Umständen durch Anlagerichtlinien geschaffen werden, die idealerweise bereits vom Stifter stammen.
Und wenn der Brunnen versiegt…
Haftungsrelevant kann für den Vorstand auch sein, wenn die Erträge aus dem Grundstockvermögen nicht ausreichen, die laufenden Kosten (z.B. Prüfungskosten der Jahresrechnung) zu decken. Diese Thematik stellt sich insbesondere bei schon länger bestehenden Stiftungen, bei deren Gründung die Stiftungsbehörden eine geringere Kapitalausstattung forderten. Dieses Problem kann sich aber auch ergeben, wenn das ursprüngliche Finanzierungskonzept (z. B. Museum übernimmt die Kosten einer Kunstsammlung, die ausgestellt wird) scheitert. Der Vorstand darf dem nicht tatenlos zusehen - er muss vorausschauend Vorkehrungen treffen.Mögliche Lösungsansätze können hier je nach Einzelfall die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung oder der Weg über eine Zustiftung sein.
Die Rechtsprechung legt strenge Maßstäbe an. So kann sich der Vorstand nicht auf die Mitschuld eines anderen Organs (z. B. Beirat) berufen. Auch haften die Vorstandsmitglieder gesamtschuldnerisch, ohne dass es auf die Ressortzuständigkeit ankommt. Pflichtverletzungen unter den Tisch zu kehren funktioniert nicht: Denn die Stiftungsaufsicht ist gehalten, auf etwaige Pflichtverletzungen hinzuweisen. Geschieht dies, ist der Beirat in der Pflicht, Ansprüche der Stiftung gegenüber dem Vorstand geltend zu machen, andernfalls macht er sich selbst haftbar.
Handlungsempfehlung: Wie vermeidet man schlaflose Nächte des Vorstands?
- Treffen Sie als Stifter die Entscheidung, ob das Grundstockvermögen real oder nominal zu erhalten ist und bringen Sie dies in der Satzung eindeutig zum Ausdruck.
- Die Satzung sollte Regelungen zum Haftungsmaßstab des Vorstands und ggfs. Haftungserleichterungen vorsehen.
- Zur Eröffnung von Handlungsspielraum, sollte die Möglichkeit einer Verbrauchs- oder Zustiftung in der Satzung vorgesehen werden – ggfs. unter sehr strengen Voraussetzungen.
- Der Stifter kann durch Richtlinien einen Rahmen für spätere Anlageentscheidungen vorgeben. Dies kann auch durch die zuständigen Gremien nachgeholt werden.
- Zur Absicherung des Vorstands bietet sich der Abschluss einer D&O-Versicherung an, deren Kosten von der Stiftung übernommen werden sollten.
Egal, ob die Stiftung bereits besteht oder noch errichtet wird, es empfiehlt sich, zum Schutz des Vorstands geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Dabei unterstützen wir Sie gerne!