27.10.2016Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht Oktober 2016

BGH stärkt Informationsrechte von Kommanditisten

BGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 – II ZB 10/15

In einem neuen Grundsatzurteil hat der BGH die außerordentlichen Informationsrechte von Kommanditisten gestärkt und diese auf Auskünfte über einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen des Komplementärs erstreckt.

Nach dem gesetzlichen Leitbild sind Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft (KG) von der Geschäftsführung ausgeschlossen (§ 164 HGB). Sie sind daher im Normalfall lediglich über ihre Kapitalbeteiligung mit der KG, an der sie Kommanditanteile halten, verbunden. Aus diesem Grund ist für Kommanditisten das jedem Gesellschafter einer Gesellschaft zustehende mitgliedschaftliche Informationsrecht von besonderer Bedeutung, bildet es doch eine wichtige Grundlage, sich über den Geschäftsverlauf und die Entwicklung der Gesellschaft zu informieren.

Welche Informationen ein Kommanditist von der Geschäftsführung der KG verlangen kann, ist häufig ein Streitpunkt. Vor diesem Hintergrund ist das neue Grundsatzurteil des BGH von großer Bedeutung für Kommanditisten, die sich genauer über einzelne Geschäftsvorfälle oder andere Einzelheiten bezüglich ihrer Gesellschaft informieren möchten.

Informationsrecht bezüglich Jahresabschlüssen, § 166 Abs. 1 HGB

Relativ klar umrissen ist das Informationsrecht eines Kommanditisten in Bezug auf diejenigen Informationen, die direkten Einfluss auf den Jahresabschluss haben. Für diesen Fall regelt § 166 Abs. 1 HGB, dass der Kommanditist berechtigt ist, nicht nur die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen, sondern er darf auch Einsicht in die Bücher und Papiere der Gesellschaft nehmen, um den Jahresabschluss überprüfen zu können.

Eigenständiges Informationsrecht aus § 166 Abs. 3 HGB: Auch für einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen

Was ist jedoch mit Geschäftsführungsmaßnahmen, die für den Kommanditisten relevant sein können, die aber (noch) nicht Eingang in den Jahresabschluss gefunden haben bzw. nicht finden werden? Einen weiteren Informationsanspruch statuiert das Gesetz in § 166 Abs. 3 HGB: Danach kann auf Antrag eines Kommanditisten ein Gericht „wenn wichtige Gründe vorliegen, die Mitteilung einer Bilanz und eines Jahresabschlusses oder sonstiger Aufklärungen sowie die Vorlegung der Bücher und Papiere jederzeit anordnen.“

Lange wurde diese Vorschrift wegen der Einleitung des zitierten Gesetzestextes so verstanden, dass die begehrten Informationen wiederum mit dem Jahresabschluss oder einer Bilanz in Verbindung stehen müssten. Die Regelung wurde häufig folglich als reine Verfahrensvorschrift angesehen, die nur die nähere Ausgestaltung des Informationsanspruches nach § 166 Abs. 1 HGB regelt.

Demgegenüber hat der BGH jedoch überzeugend dargelegt, dass gerade die – etwas antiquiert wirkende – Formulierung „sonstiger Aufklärungen“ unmissverständlich macht, dass auch andere Informationen verlangt werden können als nur solche, die sich auf den Jahresabschluss beziehen. Auch gibt es in § 166 Abs. 3 HGB keinen Verweis auf § 166 Abs. 1 HGB, so dass man von einem eigenständigen Informationsanspruch ausgehen muss. Dieser kann prozessual auch gleichzeitig neben einem Anspruch aus § 166 Abs. 1 HGB geltend gemacht werden, auch wenn für den Anspruch aus § 166 Abs. 3 HGB ein Verfahren nach den Regeln der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzustrengen ist und nicht nach den allgemeinen zivilprozessualen Regeln wie bei § 166 Abs. 1 HGB.

Informationsanspruch nur bei „wichtigem Grund“

Allerdings ist der Informationsanspruch des Kommanditisten aus § 166 Abs. 3 HGB auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt. Die Regelung begründet damit keinen allgemeinen Auskunftsanspruch, sondern die begehrte Information muss zur Durchsetzung gesellschaftsvertraglicher Rechte bzw. zur Wahrung berechtigter Interessen des Kommanditisten geeignet und angemessen erscheinen. Der Informationsanspruch kann dabei zugleich aber auch der Kontrolle der Geschäftsführung dienen. Dies war zunächst nur für stille Gesellschaften anerkannt, aber wurde jetzt vom BGH auch explizit für das Informationsrecht des Kommanditisten festgestellt.

Anforderungen an wichtigen Grund: Misstrauen gegen Geschäftsführung reicht

Ein wichtiger Grund liegt jedenfalls dann vor, wenn, so der BGH, „die Belange des Kommanditisten durch das vertragliche oder aus § 166 Abs. 1 HGB folgende Einsichtsrecht nicht hinreichend gewahrt sind und darüber hinaus die Gefahr einer Schädigung besteht“. Dies ist insbesondere der Fall, wenn „die Überwachung der Geschäftsführung im Interesse des Kommanditisten geboten ist, z. B. bei drohender Schädigung von Gesellschaft oder Kommanditist“. Allerdings ist der Kommanditist darlegungspflichtig für die konkreten Umstände, aus denen die begehrten Informationen für ihn erforderlich sind und welche Bedeutung sie haben. Ein begründetes Misstrauen gegen die Geschäftsführung soll aber bereits ausreichen.

Abwägung im Einzelfall: Informationsbedürfnis des Kommanditisten vs. Interessen der Gesellschaft

Somit läuft es im Ergebnis immer auf eine Einzelfallabwägung hinaus, ob die begehrte Information geeignet ist, die Rechte des Kommanditisten zu sichern, ob ihre Erteilung dafür erforderlich ist und welchen Umfang sie vor dem Hintergrund der, eventuell gegenläufigen Interessen der Gesellschaft, haben muss.

Fazit: Durch das neue Grundsatzurteil des BGH ist höchstrichterlich entschieden, dass ein Kommanditist einer KG bzw. GmbH & Co. KG auch Auskunft über einzelne Geschäftsführungsmaßnahmen des Komplementärs sowie Einsicht in damit im Zusammenhang stehende Unterlagen der Gesellschaft verlangen kann. Früher wurde dagegen vielfach angenommen, Auskünfte könnten nur dann verlangt werden, wenn dies zur Prüfung oder zum Verständnis des Jahresabschlusses der Gesellschaft erforderlich sei. Ein Kommanditist kann sich somit nunmehr bei Vorliegen eines wichtigen Grundes über so gut wie alle einzelnen Geschäftsvorfälle der Kommanditgesellschaft informieren und die Geschäftsführung darf sein Auskunftsverlangen nicht mehr mit dem Argument ablehnen, die begehrte Information müsse nicht erteilt werden, weil keine Auswirkungen auf den Jahresabschluss bestünden. Ein wichtiger Grund kann bereits im begründeten Misstrauen gegenüber der Geschäftsführung bestehen.

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