Standortförderungsgesetz (StoFöG): Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Neuerungen
Am 19. Dezember 2025 hat der Bundestag das StoFöG verabschiedet. Das Gesetz bedarf zwar noch der Zustimmung des Bundesrats, diese soll jedoch planmäßig am 30. Januar 2026 erteilt werden. Das Gesetz enthält diverse praxisrelevante aktien- und kapitalmarktrechtliche Neuerungen, u. a. in Umsetzung des sogenannten EU Listing Acts (dazu etwa: Update Kapitalmarktrecht Nr. 60, 61).
Einführung der 1-Cent-Aktie
Gesellschaften können künftig Aktien mit einem (rechnerischen) Nennbetrag von weniger als 1 EUR ausgeben bis herunter zu 1-Cent. Hiermit soll im Vergleich der Rechtsformen mit anderen Ländern ein in der Praxis teilweise relevanter Nachteil der deutschen AG behoben werden. Das wirkt sich beispielsweise in der Gestaltung bei Restrukturierungen oder von Finanzierungsinstrumenten für Wachstumsunternehmen aus. So erfordert etwa die Ausgabe von Optionen an Risikokapitalgeber oder Mitarbeiter derzeit die Einzahlung von wenigstens 1 EUR je Aktie, was u. U. einen erheblichen Kapitaleinsatz erfordern kann, während dies bei einer 1 Cent je Aktie anders aussieht. Auch wird bei Unternehmen mit Börsenkursen von weniger als 1 EUR bei einer Herabsenkung des Nennbetrags je Aktie die Kapitalbeschaffung faktisch wieder umsetzbar, ohne dass gleichzeitig die Zusammenlegung von Aktien erfolgt.
Neustrukturierung des Delisting-Regimes
Das StoFöG ordnet zudem das Delisting-Regime neu. Der Wechsel vom regulierten Markt in ein KMU-Wachstumssegment (und das heißt in Deutschland faktisch Scale) ist künftig ohne Durchführung eines Delisting-Erwerbsangebots zulässig. Weiterhin werden Delistings aus einem KMU-Wachstumsmarkt den Delistings aus regulierten Märkten gleichgestellt und erfordern ein von der BaFin geprüftes Erwerbsangebot, das Anlegern ein Ausscheiden gegen Abfindung ermöglicht. Uplistings in den regulierten Markt bleiben hingegen angebotspflichtfrei.
Manche Unternehmen im regulierten Markt denken vor dem Hintergrund derzeit über einen Wechsel zu Scale nach, um das regulatorische Korsett zu reduzieren. Die Motive können vielfältig sein. Ein typisches Beispiel ist, der – auch im europäischen Vergleich – unverhältnismäßige Sanktionspraxis der BaFin zu entgehen. Kleine Vergehen, die am Ende niemanden wirklich interessieren, werden oft mit hohen Bußgeldern belegt. Hieran setzt der Gesetzgeber leider nicht an – das zu ändern wäre „Standortförderung“ gewesen. Andere Motive können sein, Vorgaben des Übernahmerechts künftig zu umgehen. Hier wäre ein Downlisting mit anschließender Übernahme ohne die Regularien des WpÜG und anschließend ein bis zwei Jahre später ein Delisting künftig ein Weg, um etwa die Mindestpreisregeln des WpÜG ganz legal zu vermeiden.
Prospektrechtliche Erleichterungen
Prospektfreie Angebote werden künftig erheblich erleichtert. Ab 5. Juni 2026 sind innerhalb von 12 Monaten prospektfreie Angebote von Wertpapieren (insbesondere Aktien und Anleihen) im Volumen von bis zu 12 Mio. EUR (bisher 8 Mio. EUR) möglich. Allerdings galt das bislang pro Gattung während das künftig pro Emittent gilt. Bisher konnte man also etwa eine Wandelanleihe von EUR 8 Mio und eine Kapitalerhöhung von EUR 8 Mio prospektfrei durchführen, das sind künftig in Summe EUR 12 mio.
Ganz wichtig für die Praxis ist auch die Streichung, wonach diese prospektfreien Angebote der bisherigen EUR 8 Mio. und künftig EUR 12 Mio. zwingend über ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Rahmen der Anlageberatung und -vermittlung erfolgen müssen. Dadurch waren bislang etwa Anleiheemissionen von Unternehmen außerhalb des Finanzsektors als Eigenemission unter diesen Ausnahmen in vielen Fällen nicht sinnvoll umsetzbar. Die ist künftig anders. Zu beachten ist aber: Es gelten unverändert die Aufklärungspflichten der Rechtsprechung wonach trotzdem „prospektähnliche“ Kern-Informationen verfügbar sein müssen.
Im Zuge der Umsetzung des EU-Listing-Act werden zudem die Haftungsvorschriften des WpPG auf das neue Anhang-IX-Dokument ausgeweitet. Dieses Dokument ersetzt in bestimmten Fällen den Prospekt und enthält komprimierte Basisinformationen. In unserer Praxis hat das Anhang-IX-Dokument bereits erhebliche Bedeutung erlangt.
Fazit
Man sieht also in Bezug auf die hier zusammengefassten Themen haben sich im Gesetzgebungsverfahren wenig Änderungen ergeben. Anfang 2026 wird aller Voraussicht nach das StoFöG in Kraft treten. Praxisrelevant wird vor allem die 1-Cent-Aktie sowie das angepasste Delisting-Regime sein. Begrüßenswert sind zudem die prospektrechtlichen und wertpapierhandelsrechtlichen Erleichterungen.