29.08.2025 Fachbeitrag

Der neue Trend der alkoholfreien Produkte – was ist als Anbieter zu beachten?

Update IP, Media & Technology Nr. 127

Alkoholfreie Getränke werden nicht nur immer beliebter, sondern entwickeln sich auch insbesondere in ihrer Vielfalt. Das frühere Nischenprodukt, das alkoholfreie Bier, ist mittlerweile sogar zum Wochenendklassiker geworden. Auch immer mehr Weingüter stocken ihr Repertoire mit einer alkoholfreien Variante auf. Insbesondere junge Leute interessieren sich für die alkoholfreien Varianten von ausgefallenen Mischgetränken, die bisher zumeist nur alkoholhaltig zur Verfügung standen. Der Markt entspricht der Nachfrage und das Angebot steigt.

Aktuelle Gerichtsurteile zeigen allerdings, dass die Anbieter alkoholfreier Getränke wie beispielsweise alkoholfreier Weine, Biere oder alkoholfreier Aperitif einige Themen im Blick behalten sollten. Insbesondere stehen folgende Fragen im Raum: Mit welchen Aussagen darf für alkoholfreie Getränke geworben werden und wann kann einem alkoholfreien Getränk dieselbe Bezeichnung gegeben werden, wie der alkoholhaltigen Variante.  
Im Folgenden werden die einzelnen Fragen detaillierter ausgeführt und mit kurzen Praxistipps beantwortet.

I. Darf ein Produkt die Bezeichnung alkoholfreier Gin, Rum oder Vodka tragen, obwohl es alkoholfrei ist?

Viele Anbieter bieten heutzutage zunehmend alkoholfreie Varianten geschützter Spirituosenkategorien an. Den Schutz finden die Getränkekategorien durch die sog. Spirituosenverordnung (VO (EU) 2019/787). In Anhang I der Verordnung werden die Voraussetzungen für die einzelnen Spirituosenkategorien genannt. Beispielsweise Gin muss, um in der Tat als „Gin“ bezeichnet zu werden, eine Mindestalkoholgehalt von 37,5 Volumenprozent haben. Daraus ergibt sich schon, dass ein alkoholfreies Produkt, dementsprechend mit 0,00 Volumenprozent, nicht die gleiche Bezeichnung tragen darf. 

Damit lässt sich diese Frage bisher und im Rahmen der aktuellen Rechtslage mit einem „Nein“ beantworten. So sieht es auch, dass LG Braunschweig in seiner Entscheidung vom 16. Oktober 2024 (Az.: 22 O 2566/23). Es führt aus:

„Entgegen der Auffassung der Beklagten findet die Spirituosenverordnung gem. Art. 1 Abs. 1 3. Spiegelstrich auf den streitgegenständlichen Sachverhalt Anwendung, weil die Verordnung Vorschriften und Kennzeichnung mit Geltung auch für andere Lebensmittel als Spirituosen enthält.“

Gleichzeitig zeigt sich jedoch, dass eine mögliche Verletzung des Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union durch die Spirituosenverordnung in Erwägung gezogen wird. Das Verbot der Bezeichnung alkoholfreier Produkte als bestimmte Spirituosenkategorien seien unverhältnismäßig. So sieht es zumindest das LG Potsdam, welches sein Verfahren ausgesetzt hat und dem EuGH diesbezügliche Fragen vorgelegt hat (vgl. LG Potsdam Beschl. v. 6. August 2024 – 52 O 40/23). 

In der Praxis ist Vorsicht und Geduld geboten. Bevor der EuGH sich zu dem Thema nicht geäußert hat, erscheint empfehlenswert, die Bezeichnung alkoholfreier Produkte als alkoholfreie Varianten bestimmter und geschützter Spirituosen zu unterlassen. 

II. Kann mit dem Wort „gesund“ für alkoholfreie Getränke geworben werden?

Mit dem Werbeslogan „Alkoholfreier Wein ist der ideale Begleiter für alle, die gesund genießen“ musste sich zuletzt das LG Schweinfurt in seiner Entscheidung vom 19. März 2025 (Az.: 5 HK O 23/24) beschäftigen. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg warf einem Anbieter alkoholfreier Weine die Verwendung unzulässiger gesundheitsbezogener Angaben im Sinne der Health-Claims-Verordnung vor. Das LG Schweinfurt gab der Verbraucherzentrale recht. Es handele sich tatsächlich um eine gesundheitsbezogene Angabe gem. Art 2 Abs. 2 VO (EG) 1924/2006, die nach Art. 10 Abs. 1 VO (EG) 1924/2006 verboten ist. Nach der Rechtsprechung des BGH handele es sich nämlich auch um eine gesundheitsbezogene Angabe, wenn mit einer Aussage zum Ausdruck gebracht werde, dass für Gesundheit negative oder schädliche Auswirkungen, die in anderen Fällen mit einem Verzehr eines Lebensmittels einhergehen oder sich ihm anschließen, fehlen oder geringer ausfallen (vgl. BGH Urt. v. 17. Mai 2018 – I ZR 252/16). Der Grundsatz des BGH wird vom LG Schweinfurt dahingehend auf den streitgegenständlichen Slogan übertragen, dass der Werbeslogan impliziere, dass beim Verzehr des alkoholfreien Weins des Anbieters schädliche oder negative gesundheitliche Auswirkungen wegfallen oder zumindest geringer ausfallen würden, die mit dem Verzehr alkoholhaltigen Weins einhergehen.

Für Anbieter alkoholfreier Produkte ergibt sich daher, dass das Werben mit gesundheitsbezogenen Werbeslogans zu vermeiden ist, insbesondere wenn sich aus den Slogans ein Vergleich zu den gesundheitlichen Auswirkungen alkoholhaltiger Produkte ergibt.

III. Ausblick

Das vom LG Potsdam eingeleitete Vorabentscheidungsersuchen ist zu begrüßen. Sollte das Ergebnis lauten, dass die Bezeichnung als „alkoholfreier Gin“ zulässig ist, kann davon ausgegangen werden, dass Entsprechendes für andere Spirituosen wie Whisky, Vodka, Rum etc. gelten wird. Es bleibt daher zunächst abzuwarten.

In Bezug auf gesundheitsbezogene Angaben ist zunächst nicht zu erwarten, dass sich die Grundsätze des BGH ändern werden. Vielmehr sind die eigenen Werbekampagnen zu überdenken und gesundheitsbezogene Angaben im Sinne der Health-Claims-Verordnung zu vermeiden.

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