10.10.2019Fachbeitrag

Update IP Nr. 20

Facebook kann verpflichtet werden rechtswidrige Inhalte weltweit zu suchen und zu löschen

Der EuGH hat nach Vorlage des österreichischen Obersten Gerichtshofs mit Urteil vom 3. Oktober 2019 (Az.: C-18/18) entschieden, dass Hosting-Anbietern, hier Facebook, gerichtlich eine Such- und Löschpflicht von Inhalten auferlegt werden kann, welche wortgleich oder unter bestimmten Umständen auch sinngleich zu schon zuvor für rechtswidrig erklärten Informationen sind. Mit Blick auf das relevante internationale Recht könne sich diese Pflicht auch auf Inhalte weltweit erstrecken.

Der Fall

Die frühere Chefin der österreichischen Grünen, Eva Glawischnig-Piesczek, hatte infolge eines Hass-Postings, in welchem sie unter anderem als „miese Volksverräterin“ bezeichnet wurde, gegen Facebook Irland geklagt. Sie beantragte im einstweiligen Verfahren Facebook zu verpflichten, besagten Beitrag und wortgleiche und bzw. oder sinngleiche Kommentare zu löschen. Der Fall kam vor den österreichischen Obersten Gerichtshof, welcher feststellte, dass der Beitrag Glawischnig-Piesczek in ihrer Ehre verletzt und beleidigt. Die Frage, ob Facebook dazu verpflichtet werden kann rechtswidrige wort- oder sinngleiche Kommentare darüber hinaus zu suchen und zu löschen, hat der Oberste Gerichtshof mit Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (RL 2000/31/EG) dem EuGH vorgelegt.

Das Urteil

Grundsätzlich geht auch der EuGH entsprechend den Vorgaben der Richtlinie davon aus, dass Hosting-Anbieter nicht gerichtlich verpflichtet werden können, die allgemein von ihnen gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv rechtswidrige Sachverhalte zu erforschen. Denn Hosting-Anbieter sind nicht für gespeicherte Informationen verantwortlich, wenn keine Kenntnis der Rechtswidrigkeit besteht oder bei Kenntniserlangung unverzüglich gehandelt wird.

Anders verhält es sich bei zuvor für rechtswidrig erklärten Informationen. Hosting-Anbieter sollen in diesem Fall von nationalen Gerichten verpflichtet werden können zu rechtswidrig erklärten Informationen wortgleiche Inhalte zu entfernen. Eine Verpflichtung zur Löschung von sinngleichen Inhalten, wie die zuvor für rechtswidrig erklärten Informationen, können nationale Gerichte nach Ansicht des EuGH unter bestimmten Umständen ebenfalls auferlegen. Dabei sei die Nachforschung darauf beschränkt, dass betroffene Informationen eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Vergleich zu den für rechtswidrig erklärten Informationen im Wesentlichen unverändert geblieben ist. Die Formulierung des sinngleichen Inhalts soll dabei nicht derart abweichen, dass eine autonome Beurteilung des Inhalts zwingend wäre. Damit soll für Hosting-Anbieter ein Rückgriff auf automatisierte Techniken und Mittel zur Nachforschung gewährleistet werden.

Die Berücksichtigung des einschlägigen internationalen Rechts sei Sache der Mitgliedstaaten, weshalb die gerichtliche Verpflichtung des Hosting-Anbieters auch die Umsetzung bezüglich der Nachforschung und Löschung weltweiter betroffener Informationen umfassen könne.

Ausblick

Der EuGH hat in seinem Urteil einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den Interessen desjenigen, der in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt ist, und den Geschäftsinteressen der Hosting-Anbieter geschaffen. Zwar dürfen Hosting-Anbietern gerichtlich weiterhin keine aktiven Such- und Löschpflichten mit Blick auf rechtswidrige Inhalte auferlegt werden. Die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr steht der Auferlegung solcher gerichtlicher Pflichten aber nicht entgegen, soweit Informationen für rechtswidrig erklärt wurden. Dann ist die Pflicht zur Nachforschung und Löschung beschränkt auf wortgleiche und unter Umständen sinngleiche Informationen, wodurch eine Nachforschung mittels automatisierter Techniken möglich ist und dementsprechend für Hosting-Anbieter angemessen erscheint. Die Ausweitung der Verpflichtung auf weltweite Inhalte hat der EuGH unter Berücksichtigung des internationalen Rechts bestätigt.

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