22.04.2022Fachbeitrag

Update IP, Media & Technology Nr. 67

LG Frankfurt a. M.: Facebook muss inhaltsgleiche Rechtsverletzungen ohne erneuten Hinweis löschen

Urteil vom 8. April 2022 - 2-03 O 188/21

Memes – eine Kombination aus Wort- und Bildelementen – sind in dem heutigen Zeitalter der Social-Media-Plattformen allgegenwärtig und ein zentrales Ausdrucksmedium einer Vielzahl von Usern. In der Regel werden hierfür Bilder von bekannten Persönlichkeiten oder Szenen aus Filmen/Serien verwendet und diese mit einem entsprechenden Zitat an die zu übermittelnde Aussage anpasst.

Doch wie verhält es sich nun, wenn ein solches Meme viral geht und dabei ein Falschzitat verwendet. Muss in diesem Fall der durch das Meme Betroffene den Betreiber der Social-Media-Plattform, auf welcher das Meme veröffentlicht wurde, über jeden einzelnen Post in Kenntnis setzen? Oder genügt bei inhaltsgleichen Rechtsverletzungen bereits ein einmaliger Hinweis?

Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Frankfurt in seiner jüngsten Entscheidung auseinander zu setzen.

I. Der Fall:

Ausgangspunkt dieses Falls war ein auf Facebook veröffentlichtes Meme der Klägerin, einer bekannten deutschen Politikerin, welchem das folgende Zitat beigefügt worden war: „Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher erstmal türkisch lernen!“ Tatsächlich hatte die Klägerin einen solchen Ausspruch nie getätigt, mit der Folge, dass sie nunmehr von dem Betreiber der Social-Media-Plattform die Lösung des Eintrages verlangte.

Darüber hinaus wurde der Post in verschiedenen Varianten veröffentlicht, etwa durch Erweiterung oder Weglassen von Textinhalten, durch Tippfehler, mit einem abgeänderten Layout oder durch Veränderung von für das Auge nicht wahrnehmbarer Pixel. Sämtliche dieser Varianten haben eine andere URL als das ursprünglich von der Klägerin beanstandete Meme. Aus diesem Grund weigerte sich der Betreiber der Social-Media-Plattform ohne einen erneuten Hinweis auf deren Rechtswidrigkeit die veröffentlichten Varianten zu löschen. In Folge dessen klagte die Klägerin vor dem Landgericht (LG) Frankfurt am Main darauf, dass der Betreiber der Social-Media-Plattform es unterlässt, Memes mit kerngleichem Inhalt auf Facebook öffentlich zugänglich zu machen.

II. Die Entscheidung des LG Frankfurt am Main:

Mit Urteil vom 8. April 2022 hat das LG Frankfurt der Klage der Klägerin stattgegeben und den Betreiber sowohl zur Unterlassung der Veröffentlichung von inhaltsgleichen Posts auf Facebook, als auch zu einer Zahlung von insgesamt 10.000 EUR Geldentschädigung verurteilt. Bei seiner Entscheidung ließ sich das LG Frankfurt insbesondere von den folgenden Erwägungen leiten:

  1. Eine Pflicht zur eigenen Überprüfung auf kerngleiche Inhalte besteht bereits nach dem ersten Hinweis

    Das Gericht bejahte vorliegend die Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Klägerin durch das Falschzitat. Zudem müsse ein Diensteanbieter grundsätzlich nicht ohne einen Hinweis alle auf seiner Plattform veröffentlichten Beiträge auf eine eventuelle Rechtsverletzung prüfen. Etwas Anderes gilt jedoch, so das LG Frankfurt, dann, wenn der Betreiber bereits konkret darauf hingewiesen worden ist, dass es sich bei dem angegriffenen Post um ein falsches Zitat handelt. In diesem Fall muss ein solcher Hinweis nicht für jeden weiteren Rechtsverstoß unter Angabe der URL wiederholt werden. „Denn für die Beklagte ist unschwer erkennbar, dass es sich bei Varianten mit kerngleichem Inhalt um Falschzitate handelt.“ So der Vorsitzende der Kammer in der Urteilsbegründung. Weiter stellte das Gericht fest, dass das deutsche Recht jedem Verpflichteten eines Unterlassungsanspruchs zumutet selbst festzustellen, ob in einer Abwandlung das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt und damit kerngleich ist. Dies sei vorliegend der Fall.
     
  2. Die Lösch- und Überprüfungspflicht entfällt nur bei einer technischen oder wirtschaftlichen Unzumutbarkeit

    Die Kammer stellte darüber hinaus fest, dass der Betreiber nicht dargetan hat, dass es ihm technisch und wirtschaftlich nicht zumutbar ist, ohne konkrete Bezeichnung der URL identische oder ähnliche Beiträge zu erkennen und zwar auch, wenn die Beurteilung eines abgewandelten Textes in einem Eintrag eine menschliche Moderationsentscheidung notwendig wird.

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass das Urteil des LG Frankfurt von zentraler Bedeutung ist. Es verpflichtet zu Recht den Betreiber von Social-Media-Plattformen, welche über die dazu nötigen technischen Werkzeuge verfügen, bei Kenntnis von Rechtsverletzungen diese umfassend zu entfernen. Somit stellt es bereits jetzt ein wirksames Mittel zu Bekämpfung von viralen Rechtsverstößen da. Der Vollständigkeit halber bleibt jedoch zu erwähnen, dass das Urteil mit Stand des heutigen Datums noch nicht rechtskräftig ist. Ob hiergegen eine Berufung bei dem Oberlandesgericht Frankfurt eingereicht wird, bleibt abzuwarten.

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