Patent Mediation and Arbitration Centre (PMAC) – Alternative Streitbeilegung im Patentrecht
Update IP, Media & Technology Nr. 128
Zusätzliche Optionen für die Streitbeilegung in Patentsachen: Das Patent Mediation and Arbitration Centre wird Anfang 2026 in Ljubljana und Lissabon seine Tätigkeit aufnehmen.
Das PMAC ergänzt den Unified Patent Court (UPC) mit Hauptsitz in Paris um alternative Streitbeilegungsverfahren. Ziel ist es, schnelle, vertrauliche und kosteneffiziente Lösungen für komplexe und grenzüberschreitende Patentkonflikte anzubieten.
Typische Anwendungsbereiche werden voraussichtlich Patentlizenzkonflikte, grenzüberschreitende Verletzungsklagen sowie Patentstreitigkeiten in Verbundprojekten oder Joint Ventures sein.
Struktur und Verfahrenstypen
Das PMAC stellt zwei spezialisierte Formen der alternativen Streitbeilegung (ADR) für Patentstreitigkeiten zur Verfügung: Mediation und Schiedsgerichtsbarkeit.
Das Mediationsverfahren folgt einem stark parteiautonomen Ansatz. Die Parteien einigen sich auf einen Mediator oder mehrere Mediatoren. Hierbei können sie aus einer Liste erfahrener Patentjuristen und Technikspezialisten wählen oder eigene geeignete Personen auswählen. Das Verfahren beginnt mit der Unterzeichnung einer Mediationsvereinbarung, die den Streitgegenstand, das Ziel (z. B. weltweite Vergleichs-/Lizenzstruktur) und Vertraulichkeitsstandards festlegt. Erfolgt eine Einigung, kann diese auf Antrag durch den UPC als vollstreckbarer Vergleich niedergelegt werden.
Das Schiedsverfahren orientiert sich an internationalen Standards. Die Parteien können Einzelschiedsrichter oder ein Dreier-Schiedsgericht bestellen. Auch hier haben die Parteien Einfluss auf die Auswahl der Schiedsrichter, indem sie bei einem Dreier-Schiedsgericht jeweils frei einen Beisitzer benennen dürfen. Das Verfahren ist flexibel gestaltbar, etwa hinsichtlich Sprache oder Schiedsort. Grundsätzlich ergeht ein endgültiger Schiedsspruch, der wie ein staatliches Urteil vollstreckt werden kann. Bei ausdrücklicher Parteiabrede kann indes auch nur eine Empfehlung ohne Rechtskraft ergehen. Ein Schiedsverfahren unterliegt zudem weitergehenden Vertraulichkeitsregelungen als staatliche Gerichtsverfahren.
Eine finale Mediations- und Schiedsordnung ist vom PMAC noch nicht erlassen bzw. veröffentlicht worden, bis Ende Juli wurden jedoch Stellungnahmen zu veröffentlichten Entwürfen gesammelt.
Vollstreckbarkeit
Ein durch das PMAC administriertes Schiedsverfahren bietet gegenüber vielen anderen ADR-Verfahren einen erheblichen Vorteil. Erstens wird ein in allen Vertragsstaaten vollstreckbarer Schiedsspruch gewährleistet. Basis hierfür ist die wechselseitige Verweisung im Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht sowie die Anwendbarkeit des New-Yorker Übereinkommens . Damit schließt das PMAC eine Lücke zwischen außergerichtlichen Vergleichsgesprächen und gerichtlicher Rechtsdurchsetzung – mit dem Effekt, dass Parteien schnellere und zugleich rechtlich abgesicherte Lösungen erzielen können.
Anwendungsbereich und Entscheidungsumfang
Das PMAC verfügt über einen bemerkenswert breiten Anwendungsbereich. Das PMAC ist nicht exklusiv für Fälle reserviert, die bereits beim UPC anhängig sind. Grundsätzlich können sämtliche Streitigkeiten im Zusammenhang mit europäischen Bündelpatenten oder Einheitspatenten sowie wissens- und technologiebezogene Nebenstreitigkeiten (z. B. Lizenzgebühren, FRAND, F&E-Kooperationen) vor einen Mediator oder ein Schiedsgericht nach den Regeln des PMAC gebracht werden.
Ein häufig kontrovers diskutiertes Thema ist die Einbeziehung von Nichtigkeitsfragen. Grundsätzlich kann ein Schiedsgericht nach den Regeln des PMAC keine Patente für nichtig erklären. Gleichwohl eröffnet das PMAC praxisrelevante Möglichkeiten. Parteien können im Mediations- oder Schiedsverfahren rechtsverbindlich vereinbaren, den Patentanspruch zu beschränken oder das Patent ganz aufzugeben. Durch diese Mechanismen bleibt das PMAC zwar innerhalb des vertraglich zulässigen Rahmens, ermöglicht aber trotzdem eine ganzheitliche Konfliktlösung, einschließlich Klärung der Validitätsfragen.
Strategie
Für In-House-Counsel stellt sich die strategische Frage, für welche Fälle das PMAC besonders geeignet und anderen Verfahren vorzuziehen ist. Zum einen empfiehlt sich ein Mediations- oder Schiedsverfahren nach den Regeln des PMAC für komplexe Lizenz- und FRAND-Konstellationen, in denen wirtschaftliche Interessen moduliert werden sollen und wo die öffentliche Entscheidung eines Spruchkörpers beispielsweise aus Wettbewerbs- oder PR-Gründen unerwünscht ist. Zum anderen eignet sich das PMAC insbesondere für „global settlements“, bei denen parallele US-, asiatische und europäische Verfahren im Paket erledigt werden.
Unsere Praxistipps
- Strategische Nutzung im Vorfeld von Streitigkeiten: Unternehmen sollten ein Mediationsverfahren nach den Regeln des PMAC frühzeitig in Betracht ziehen, insbesondere wenn komplexe Lizenzbeziehungen oder FRAND-Verhandlungen anstehen. Eine einvernehmliche Lösung in einem Mediationsverfahren nach den Regeln des PMAC kann langwierige und kostenintensive Prozesse vermeiden.
- Schutz von Geschäftsgeheimnissen: Die Vertraulichkeit der Verfahren macht das PMAC besonders geeignet für Fälle, in denen sensible technische oder wirtschaftliche Informationen betroffen sind.
- Einbindung in Vertragsgestaltung: Es empfiehlt sich, bereits in Lizenz- oder Forschungskooperationsverträgen Schiedsklauseln zugunsten der Schiedsordnung des PMAC vorzusehen. Dadurch wird ein klarer Streitbeilegungsmechanismus etabliert, der den Parteien im Konfliktfall Sicherheit gibt.
Wir werden die Tätigkeit des PMAC weiter beobachten. Bei HEUKING beraten Sie unsere Experten für Patentrecht und Dispute Resolution gerne zu allen Fragen rund um das neue Mediations- und Schiedszentrum für Patentsachen.
Dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter Philipp Wiese erstellt.