Untersagung von Werbung mit den Begriffen „umweltfreundlich“ und „klimafreundlich“: Rechtmäßigkeit einer lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanordnung auf Ersuchen einer Behörde aus einem EU-Mitgliedstaat
Update IP, Media & Technology 118, Update ESG 2/2025
BGH, Beschl. v. 20.2.2025 – I ZB 26/24
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 20. Februar 2025 (I ZB 26/24) die Untersagung von Werbung für Fernbusreisen mit den Begriffen „umweltfreundlich“ und „klimafreundlich“ durch das Umweltbundesamt aufrechterhalten. Bemerkenswert an der Entscheidung ist, dass sie die Werbemaßnahme eines deutschen Unternehmens im EU-Ausland betrifft.
Sachverhalt
Ein in Deutschland ansässiges Fernbusunternehmen hatte auf seiner belgischen Internetseite seine Fernbusreisen mit den Begriffen „milieuvriendelijk“ (umweltfreundlich) und „klimaatvriendelijk“ (klimafreundlich) und den Fernbus als das „umweltfreundlichste Verkehrsmittel“ beworben. Zudem wurde im Buchungsvorgang eine CO2-Kompensationszahlung ohne Angabe des zugrunde liegenden Emissionswertes angeboten.
Die belgische Generaldirektion Wirtschaftsinspektion ADEI sah hierin eine Irreführung der Verbraucher und somit einen Verstoß gegen belgische Vorschriften, die Art. 6 I b bzw. Art. 7 I, IV a der UPG-Richtlinie (RL 2005/29/EG) umsetzen. In Anwendung der CPC-Verordnung (EU Nr. 2017/2394) ersuchte die ADEI aufgrund des Sitzes des Unternehmens in Deutschland das zuständige Umweltbundesamt. Dieses untersagte dem Fernbusunternehmen die Verwendung der Begriffe „umweltfreundlich“, „klimafreundlich“ sowie die Bewerbung des Fernbusses als „umweltfreundlichstes Verkehrsmittel“ und ordnete an, den fehlenden Emissionswert auf der Website anzugeben. Das Unternehmen legte hiergegen Beschwerde beim zuständigen Landgericht ein, die zurückgewiesen wurde. Über diese Zurückweisung hatte nun der BGH zu entscheiden.
Entscheidung des BGH
Der BGH sah die Rechtsbeschwerde als unbegründet an und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Unterlassungsanordnung. Die wesentlichen Aspekte der Entscheidung sind folgende:
- Die Befugnisse der ersuchten Behörde (hier Umweltbundesamt) ergeben sich unmittelbar aus den Bestimmungen der CPC-Verordnung. Eine zusätzliche, nationale Ermächtigungsgrundlage ist nicht erforderlich.
- Die Rechtmäßigkeit der Untersagungsanordnung der ersuchten Behörde setzt zudem nicht voraus, dass die ersuchende Behörde (hier ADEI) eine dem belgischen Recht genügende „Grundverfügung“ getroffen hat.
- Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Feststellung des Beschwerdegerichts bezüglich des Bestehens und des Inhalts des materiellen ausländischen Rechts gebunden. Nur mit der Behauptung, das ausländische Recht sei unzureichend oder fehlerhaft ermittelt worden (Maßstab des § 293 ZPO), können diese Feststellungen gerügt werden.
- Die Anforderungen an die Ermittlungspflicht des deutschen Tatgerichts bezüglich des ausländischen Rechts steigen, je komplexer oder fremder das ausländische Recht ist. In Fällen wie dem vorliegenden, in dem eine Norm des ausländischen Rechts mit einer Vorschrift des inländischen Rechts aufgrund einer unionsrechtlichen Harmonisierung übereinstimmt, liegt es nicht selten nah, dem Rechtssatz dieselbe Bedeutung wie der entsprechenden inländischen Vorschrift beizumessen.
- Bezüglich der Irreführung ist es ausreichend, wenn das Tatgericht die Anschauung des deutschen Durchschnittsverbraucher feststellt und feststellt, dass sich die Anschauung des Durchschnittsverbrauchers in dem anderen Mitgliedstaat von dieser nicht entscheidungserheblich unterscheidet.
Einordnung der Entscheidung und Praxishinweise
Die Entscheidung zeigt das Potenzial der CPC-Verordnung. In Deutschland erfolgt die Ahndung von Verstößen gegen den Verbraucherschutz – im Gegensatz zu manchen Teilen des europäischen Auslandes - traditionell durch Mitbewerber oder Verbände und nicht durch Behörden. Eine Möglichkeit zu behördlichem Einschreiten bietet jedoch die CPC-Verordnung. Die Besonderheit hier ist zudem, dass Verstöße eines deutschen Unternehmens im EU-Ausland gegen dort geltende verbraucherschützende Normen durch eine deutsche Behörde verfolgt und von einem deutschen Gericht untersagt werden können.
Auch unter diesem Gesichtspunkt ist es für Unternehmen zunehmend wichtiger, ihre Werbeaussagen EU-weit sorgfältig zu prüfen. Die EU hat es sich zum Ziel gesetzt, sog. Greenwashing effektiv zu bekämpfen. Die bereits in Kraft getretene EmpCo-Richtlinie (2024/825/EU), sowie die geplante Green Claims Richtlinie stellen strenge Anforderungen an die Verwendung von Umweltaussagen (siehe auch unser Update dazu hier: Neuer EU-Richtlinienvorschlag zum Green Marketing). Verstöße gegen die EmpCo-Richtline, die in allen EU-Staaten umzusetzen ist, können wiederum im Rahmen der CPC-Verordnung grenzüberschreitend geahndet werden. Bezüglich der Green Claims Richtlinie ist eine solche Möglichkeit ebenfalls vorgesehen.