03.09.2016Fachbeitrag

Chinas Einkaufstour geht weiter – Eine Chance sowohl für internationale Konzerne als auch den deutschen Mittelstand

Der deutsche Mittelstand ist bereits seit langem in der Volksrepublik China auch im Rahmen von Unternehmenskäufen aktiv. In den letzten Jahren sind jedoch vermehrt ebenso Schlagzeilen zu lesen wie „Chinesische Investoren heiß auf deutsche Mittelständler“ - immer häufiger erwerben Chinesen deutsche Unternehmen.

Die Gründe für den Anstieg dieser Transaktionen sind vielfältig: Chinesische Investoren möchten hierdurch v.a. Zugang zu Märkten in Deutschland und Europa erlangen und gleichzeitig neue Technologien erwerben. Deutsche Unternehmen andererseits sehen in chinesischen Erwerbern Kapitalgeber, in einigen Fällen – v.a. bei einem Exit im Rahmen einer Private Equity Transaktion – schlicht den Höchstbietenden, versprechen sich Zugang zum chinesischen Markt oder finden in einem chinesischen Unternehmen einen geeigneten Nachfolger, etwa bei Familienunternehmen, die nicht innerhalb der Familie übernommen werden.

Große Transaktionen und Transaktionen im deutschen Mittelstand

Neben den großen Akquisitionen, z.B. EEW, KraussMaffei oder Kuka, gibt es bereits zahlreiche Beispiele für den Erwerb mittelständischer Unternehmen durch Chinesen, wie bspw. den Gabelstaplerhersteller Kion.

Während in vielen Fällen chinesische Unternehmen 100% der deutschen Zielgesellschaft erwerben, gibt es einige Beispiele, bei denen Chinesen zunächst eine Minderheits- oder Mehrheitsbeteiligung erworben haben, um diese dann später ggf. aufzustocken, wie etwa bei Kuka.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die in China geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Auslandsinvestitionen chinesischer Unternehmen sind noch immer von Bürokratie geprägt, wurden allerdings in den letzten Jahren bereits erheblich vereinfacht. Voraussichtlich werden sie parallel zur Konvertibilität des RMB zeitnah weiter abgebaut.

Registrierung als wesentliche bürokratische Voraussetzung in China

Vor den jüngsten Reformen mussten Investoren die Genehmigung mehrerer Behörden einholen, während nunmehr eine solche Genehmigung lediglich noch bei Transaktionen in sensiblen Branchen erforderlich ist oder solchen, die 1 Mrd. US$ überschreiten – ein Schwelle, die selten überschritten wird. Demnach ist von chinesischer Seite eine bloße Registrierung die wesentliche bürokratische Voraussetzung.

Herausforderungen

Während diese vereinfachten Rahmenbedingungen chinesische Investoren ermutigt haben im Ausland zu investieren, verbleiben andere Herausforderungen für erfolgreiche deutsch/chinesische Transaktionen – ein geeignetes Erwerbsobjekt zu finden etwa oder die Unterschiede zwischen Deutschland und China in Bezug auf Wirtschaft, Rechtssystem und Kultur.

Transaktionsprozess

Zudem kann der Transaktionsprozess selbst eine Herausforderung darstellen: Unternehmenskäufe folgen in Deutschland einem bestimmten Ablauf, der einen effizienten und professionellen Prozess sichert. Chinesische Käufer haben oft wenig Erfahrung hiermit. Um diesen Stolperstein zu vermeiden sind international erfahrene Transaktionsteams auf beiden Seiten hilfreich, die um die Unterschiede wissen und beide Parteien entsprechend an die Hand nehmen.

In einem ersten Schritt dieses Transaktionsprozesses ist eine geeignete Zielgesellschaft zu identifizieren und anhand der Strategie und der Transaktionsziele zu analysieren. Danach geht der Erwerber üblicherweise auf die Zielgesellschaft zu und erste Gespräche beginnen, denen die Unterzeichnung einer Geheimhaltungsvereinbarung, eines Letter of  Intent und einer sorgfältigen Due Diligence folgen.

Vorbehalte und kulturelle Unterschiede

Vorbehalte und kulturelle, wirtschaftliche sowie rechtliche Unterschiede müssen im Rahmen dieses Prozesses adäquat berücksichtigt werden, v.a. aber auch bei den darauffolgenden Schritten – der Verhandlung des Kaufvertrages und der Post Merger Integration (PMI). Häufig sind in diesem Zusammenhang folgende Themen abzuarbeiten:

  • Deutsche Unternehmen legen nur zurückhaltend wesentliche Dokumente offen aus Furcht vor Ausspionieren
  • Die Verhandlungen werden durch unterschiedliche “Verhandlungskulturen” beeinflusst
  • Deutsche Arbeitnehmer befürchten die Verlagerung von Arbeitsplätzen nach China
  • Die Unternehmenskultur des chinesischen Erwerbers ist hierarchischer geprägt als die der deutschen Zielgesellschaft
  • Chinesen kommunizieren auf indirektere Art und Weise als Deutsche
  • Der chinesische Erwerber hat wenig Erfahrung mit dem Wirtschafts- und dem Rechtssystem in Deutschland.

Umgang mit diesen Herausforderungen

Der Erfolg einer deutsch-chinesischen Transaktion und die Erfüllung der mit der Transaktion jeweils verfolgten Ziele hängen entscheidend vom Umgang mit diesen Herausforderungen ab.

Der wichtigste Punkt hierbei ist es, sich diese bewusst zu machen und sie bei der Planung der Transaktion und v.a. der Kommunikation mit der anderen Partei und den deutschen Arbeitnehmern zu berücksichtigen, damit eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens entstehen kann. Dies ist besonders wichtig beim Verkauf eines Familienunternehmens, da der Verkäufer eines Familienunternehmens besonders viel Wert darauf legt, dass dieses „in gute Hände gerät“.

Von rechtlicher Seite etwa kann eine Zwei-Phasen-Due Diligence, bei der sensible Daten erst zu einem späteren Zeitpunkt offengelegt werden, wenn die Transaktion überwiegend wahrscheinlich geworden ist, Befürchtungen der Ausspionierung beseitigen. Im Falle von Kuka wurden zudem Arbeitsplatz und Standortzusicherungen abgegeben. Wesentliche Daten sollen vor dem chinesischen Investor abgeschirmt werden.

Noch fehlende Erfahrung mit kulturellen, wirtschaftlichen und rechtlichen Besonderheiten kann durch Schulung der Mitarbeiter und entsprechend erfahrene Transaktionsteams ausgeglichen werden.

Ein positives Beispiel der Post-Merger-Integration ist in der Übernahme des deutschen Maschinenbauers Waldrich Coburg durch Beijing No. 1 Machine Tool Plant 2005 zu sehen, einer der ersten Erwerbe eines deutschen Unternehmens durch Chinesen. Hier entschied das chinesische Unternehmen die Zielgesellschaft so unverändert wie möglich zu belassen. Es führte diese als fast vollständig eigenständige Gesellschaft weiter, einschließlich des Managements und der Marke.

Fazit

Mit der steigenden Anzahl der Erwerbe deutscher Unternehmen durch Chinesen sind mehr und mehr deutsch/chinesische Erfolgsgeschichten zu sehen. Bei Beachtung einiger Besonderheiten stellt dieses “Go West” eine große Chance für chinesische und deutsche Unternehmen dar – sowohl für internationale Großkonzerne als auch den deutschen Mittelstand.

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