26.03.2020FachbeitragCorona

Sondernewsletter Corona-Virus

Corona, Pandemien und die Auswirkungen auf die Emission von Wertpapieren

Sofern ein Emittent derzeit Wertpapiere überhaupt noch emittiert bzw. ein Angebot für Wertpapiere noch nicht geschlossen ist, sind die prospektrechtlichen Regelungen zu beachten. Aber auch zukünftig werden sich die Emittenten und begleitenden Berater Gedanken machen, welche Auswirkungen eine Pandemie auf ein Unternehmen haben kann. Inzwischen haben wir gelernt, dass dies ungeahnte Ausmaße haben und alle Bereiche des Lebens treffen kann.

1. Veröffentlichungspflichten bei laufenden Angeboten für Wertpapiere

Haben Emittenten bereits einen Wertpapierprospekt veröffentlicht und das Angebot ist noch nicht beendet, ist eventuell nach Art. 23 der seit dem 21. Juli 2019 geltenden EU-Prospektverordnung (Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 – „Prospektverordnung“) ein Nachtrag zu erstellen. Dazu besteht nach Art. 23 Abs. 1 der Prospektverordnung eine Pflicht, wenn nach der Billigung ein wichtiger neuer Umstand, eine wesentliche Unrichtigkeit oder wesentliche Ungenauigkeit in Bezug auf die in einem Prospekt enthaltenen Angaben, die die Bewertung der Wertpapiere beeinflussen können, eingetreten ist. Übrigens sind auch positive Veränderungen nachzutragen. Ein Nachtrag ist ebenfalls von der zuständigen Aufsichtsbehörde zu billigen. Dies geschieht in der Regel recht zügig.

Die Nachtragspflicht, also die Pflicht zur Aktualisierung, bezieht sich damit nicht nur auf die Risiken, sondern auch die sonstigen Darstellungen im Prospekt wie Aussichten für die Geschäftstätigkeit, Lieferketten, Produkte, Rechtsstreitigkeiten, Angaben zur Geschäfts- und Finanzlage (MD&A) etc. Diese Themen sind zu aktualisieren, wenn die möglichen Auswirkungen des Corona-Virus auf den Emittenten die Anlageentscheidung eines verständigen Anlegers möglicherweise beeinflussen könnte. Dies ist für jeden Emittenten einzelfallbezogen zu prüfen.

Eine Aktualisierung kann aber auch für die Dokumentation in einem Private Placement angebracht sein, da dort zumindest regelmäßig Risikofaktoren und andere den Prospekten vergleichbare Dokumente und Informationen potentiellen Investoren zugänglich gemacht werden.

Wird ein Nachtrag nach der Prospektverordnung in Bezug auf ein öffentliches Angebot von Wertpapieren veröffentlicht, so haben Anleger, die den Erwerb oder die Zeichnung der Wertpapiere bereits vor Veröffentlichung des Nachtrags zugesagt haben, nach Art. 23 der Prospektverordnung ein Rücktrittsrecht, vorausgesetzt, dass der wichtige neue Umstand, die wesentliche Unrichtigkeit oder die wesentliche Ungenauigkeit vor dem Ende des Angebots oder — falls früher — der Lieferung der Wertpapiere eingetreten ist oder festgestellt wurde.

Zu beachten ist, dass das Unterlassen eines Nachtrags eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 Abs. 3 Ziffer 17 WpPG begründet. Ebenso sind eventuelle Prospekthaftungen zu beachten. Finanzvermittler müssen nach Art. 23 Abs. 3 der Prospektverordnung zudem die Anleger über einen Nachtrag am Tag seiner Veröffentlichung informieren und ihnen anbieten, bei der Ausübung des Widerrufsrechts behilflich zu sein.

Ein Nachtrag ist aber wohl nur solange notwendig und möglich, bis das öffentliche Angebot beendet ist.

Sofern die kapitalmarktrechtlichen Pflichten der MAR bereits gelten, also der Handel bereits aufgenommen ist oder der Antrag auf Zulassung bzw. Einbeziehung gestellt wurde, kann parallel eine Adhoc-Mitteilung nach Art. 17 MAR notwendig sein.

2. Risiko von Pandemien in zukünftigen Emissionsunterlagen

In der nächsten Zeit - wenn es wieder Emissionen gibt - werden wir Diskussionen über und Ausführungen zu Pandemien sehen. Im Prospekt können diese insbesondere als Risikofaktor, aber auch in weiteren Teilen des Prospekts relevant sein.

Für die Aufnahme von Risikofaktoren in einen Prospekt sind nach der Prospektverordnung strenge Anforderungen zu erfüllen. Entgegen dem alten, vor dem 21. Juli 2019 geltenden Recht können keine allgemeinen, generischen Risiken aufgenommen werden. Vielmehr müssen die Risiken für den Emittenten wesentlich und spezifisch für die Wertpapiere sein. Die Aufsichtsbehörden legen auf diese Wesentlichkeit und Spezifizität auch ein besonderes Augenmerk bei der Prüfung der Prospekte und insbesondere der Risiken.

Ein solcher Risikohinweis ist damit nur möglich, wenn eine Pandemie vergleichbar des Corona-Virus konkrete Auswirkungen auf den Emittenten bzw. die Wertpapiere hat. Sofern damit ein Risikofaktor aufgenommen wird, ist dieses auch im weiteren Prospekt, also der Darstellung des Geschäfts, den Aussichten und ähnlichen Ausführungen zu spiegeln.

Die Risiken sind zudem bestimmten Kategorien zuzuordnen und das wesentlichste Risiko an erster Stelle zu nennen. Ob eine Pandemie wie der Corona-Virus damit wesentlich und spezifisch ist, in welcher Rubrik und mit welcher Bedeutung er zu nennen ist, hängt vom Einzelfall ab. Aspekte sind dabei u.a. die Unterbrechung von Lieferketten, Fehlen der Mitarbeiter, fehlende Kunden, behördliche Schließungen oder Einschränkungen von Öffnungszeiten wie derzeit von Läden, Restaurants, Hotels und anderen touristischen Orten, Schließungen von Unternehmen, Schadensersatzrisiken. Relevant sind auch Beeinträchtigungen der Finanzierung, Covenant-Verstöße, insbesondere von Finanzkennzahlen, bei Finanzierungen. Dabei müssen sowohl das Risiko als auch die Auswirkungen konkret für den Emittenten beschrieben werden. 

Das Risiko und die Auswirkungen sind, wie bereits erwähnt, auch im übrigen Prospekt zu spiegeln. Dies kann insbesondere in folgenden Bereichen relevant sein: Trends und Ausblicke, Geschäftstätigkeit des Emittenten, Lieferbeziehungen, Mitarbeiter, Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit einer Pandemie absehbar sind, Darstellung der Geschäfts- und Finanzlage (MD&A).

FAZIT

Bei aktuellen Emissionen muss geprüft werden, ob Anpassungen des Prospekts oder sonstiger Emissionsunterlagen erfolgen müssen. Nach der Prospektverordnung können Anleger dann Rücktrittsrechte geltend machen, wenn die Änderung bei ihrer Zeichnung bereits vorlag und nicht mitgeteilt war. Adhoc-Mitteilungspflichten sind ebenfalls dringend zu beachten. Ebenso werden mögliche Pandemien bei zukünftigen Prospekten und Emissionsunterlagen diskutiert werden und sind – sofern relevant – konkret bezogen auf den Emittenten und sein Geschäft darzustellen.

Auf unserer Themenseite finden Sie weitere, täglich aktualisierte Hinweise zur Corona-Krise.

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