03.04.2014Fachbeitrag

Update Compliance 168

Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung

Die Diskussion um die strafbefreiende Selbstanzeige hat durch den Fall Hoeneß noch einmal an Stärke gewonnen. Nun ist klar: Die Bundesrepublik wird die Möglichkeit der Selbstanzeige nicht abschaffen – und das ist gut so. Der sich selbst Anzeigende muss die hinterzogenen Steuern nebst Zuschlägen (Zinsen, Sanktionszuschlag) zahlen und wird dadurch wirtschaftlich nicht besser gestellt als der redliche Steuerzahler. Zusätzlich wird in einigen Fällen ein Sanktionszuschlag fällig. Nur bestraft werden kann er nicht mehr – das ist aber gerade der Anreiz, der dem Steuerhinterzieher den Weg zurück in die Legalität attraktiv macht. Auf diese Weise vermindert der Staat den Schaden, der durch Steuerhinterziehung entsteht.

Steuerhinterziehung ist kein Bagatelldelikt. Doch das Instrument der Selbstanzeige hat seine Berechtigung. Der Staat sollte dieses Instrument nicht zu sehr schwächen, indem er die Voraussetzungen der Straflosigkeit zu hoch ansetzt. Schon heute sind die Anforderungen streng. Weitere Schärfungen würden das Gegenteil dessen bewirken, was mit der Selbstanzeige beabsichtigt ist: Ein Entgegenkommen des Staates auf strafrechtlicher Ebene zur Sicherung des Steueraufkommens. Man darf auf die ersten Gesetzesentwürfe gespannt sein.

Und auch auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung ist der Gesetzgeber tätig: Ein Kompromiss der Regierungsparteien mit einem Teil der Opposition sieht die Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung vor. Deutschland wird im Falle der Umsetzung dieser Änderung das seit Jahren von der Mehrheit der Weltgemeinschaft bereits umgesetzte UN-Übereinkommen über die Korruptionsbekämpfung ratifizieren können – derzeit hat Deutschland dies nicht getan. Genauso wie Japan, Syrien, Nordkorea und der Sudan. Dies ist Thema unseres Updates Nr. 168.

Der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung soll erweitert werden. Ist derzeit lediglich der sog. „Stimmenkauf“ strafbar, soll zukünftig jegliches konkrete Handeln oder Unterlassen mit Bezug zum Mandat, das durch einen Vorteil „erkauft“ wird, unter Strafe stehen. Tritt das Gesetz in Kraft, müssen Unternehmen ihre Compliance-Richtlinien anpassen.

Der Bundesrat hat am 14. März 2014 den Gesetzesentwurf des Bundestages gebilligt, mit dem der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung erweitert werden soll.

Deutschland stand jahrelang in der internationalen Kritik, weil es sich geweigert hatte, die UN-Konvention gegen Korruption und das Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarates zu ratifizieren. Dort ist jeweils die Bestrafung der Bestechung von Mandatsträgern vorgesehen, die in Deutschland nur sehr eingeschränkt besteht: In der derzeitigen Fassung steht nur der sog. „Stimmenkauf“, also das Abkaufen eines bestimmten Abstimmungsverhaltens des Abgeordneten, unter Strafe.

Im Übrigen unterfallen Abgeordnete – hierzu gehören neben Bundes- und Landtagsabgeordneten z. B. auch Mitglieder von Stadträten – nicht den Korruptionsvorschriften, die für Beamte im öffentlichen Dienst gelten. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Abgeordnete neben seinem Mandat Verwaltungstätigkeit ausübt. Als Beispiel wird hier die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat eines kommunalen Unternehmen (z. B. Stadtwerk) genannt. Die Einzelheiten sind umstritten.

Das soll nun anders werden. Der jetzt vom Bundesrat gebilligte Entwurf sieht vor, dass Mandatsträger mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden, wenn sie einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten dafür fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, dass sie bei der Wahrnehmung ihres Mandats eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehmen oder unterlassen. Im Unterschied zur bisherigen Regelung ist damit nicht nur der „Stimmenkauf“ erfasst, sondern der „Kauf“ jeglichen bestimmten Verhaltens im Zusammenhang mit dem Mandat. Spiegelbildlich wird auch derjenige bestraft, der dem Mandatsträger den Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt.

Unter den Mandatsträgerbegriff fallen nicht nur Abgeordnete des Bundes- und der Landtage, sondern u.a. auch Ratsmitglieder, Mitglieder der Bundesversammlung, des Europäischen Parlaments und der Gesetzgebungsorgane ausländischer Staaten.

Unter den Vorteilsbegriff sollen – entgegen  ursprünglicher Fassungen – offenbar nicht nur materielle, sondern auch immaterielle Vorteile fallen. Insoweit bestünde kein Unterschied zu den Korruptionstatbeständen für Amtsträger. Ein „ungerechtfertigter“ Vorteil soll dem Entwurf zufolge allerdings dann nicht vorliegen, wenn die Annahme des Vorteils im Einklang mit den für die Rechtsstellung des Mandatsträgers maßgeblichen Vorschriften steht. Nicht unter den Straftatbestand sollen ausdrücklich fallen

- die Verschaffung bzw. die Annahme eines politischen Mandats oder einer politischen Funktion sowie

- eine nach dem Parteiengesetz oder entsprechenden Gesetzes zulässige Spende.

Die Tat soll zudem in den Vortatenkatalog der Geldwäsche (§ 261 StGB) aufgenommen werden. Zuständig für die strafgerichtliche Verfolgung der Bestechung von Mandatsträgern sollen im ersten Rechtszug die Oberlandesgerichte der Länder sein.

Praxishinweis

Mit der Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung entfällt die Privilegierung von Mandatsträgern gegenüber Amtsträgern im deutschen Korruptionsrecht weitgehend. Das wird dem Rechtsanwender mehr Sicherheit geben; andererseits ist damit eine Erweiterung des Anwendungsbereiches des deutschen Korruptionsstrafrechts verbunden. Unternehmen sollten ihre internen Richtlinien zur Einladungs- und Geschenkepolitik nach Inkrafttreten des Gesetzes überarbeiten und auf die angepasste Stellung von Ratsmitgliedern hinweisen. Die beizeiten vertretene These, Abgeordnete dürfe man einladen, Amtsträger dagegen nicht, wird durch die Gesetzesänderung endgültig falsch.

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