EU GMP-Leitlinien: Anstehende Aktualisierungen durch die Europäische Kommission
Update Health Care & Life Sciences 7/2025
Die Herstellung von Arzneimitteln unterliegt strengen Bestimmungen, um die Qualität und Wirksamkeit der Produkte zu gewährleisten. Neben generellen Anforderungen aus dem Arzneimittelgesetz, insbesondere dem Erfordernis einer Herstellungserlaubnis, bestimmt sich die Qualitätssicherung der Arzneimittelherstellung nach den Leitlinien der Guten Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice – „GMP-Leitlinien“) der Europäischen Kommission.
Die seit vielen Jahren bestehenden GMP-Leitlinien werden derzeit von der Europäischen Kommission überarbeitet, um sie an internationale Best Practices sowie an technologische Entwicklungen in der Branche anzupassen. Die Überarbeitung soll den Anwendern der GMP-Leitlinien insbesondere klare Vorgaben zum Umgang mit neuen technologischen Verfahren in der Arzneimittelherstellung geben, um Rechtssicherheit zu schaffen sowie die Qualität und Verfügbarkeit von Arzneimitteln sicherzustellen.
Stakeholder können in zwei Konsultationen zu den vorgeschlagenen Änderungen Stellung beziehen. Die Anpassungen betreffen insbesondere das Pharmazeutische Qualitätssystem und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
Aktualisierung von Kapitel 1 der GMP-Leitlinien: Update der Vorgaben zum Pharmazeutischen Qualitätssystem
Ein Teil der Überarbeitung der GMP-Leitlinien betreffen das von Arzneimittelherstellern zu haltende Pharmazeutische Qualitätssystem, geregelt in Kapitel 1 der GMP-Leitlinien, welches seit dem 31. Januar 2013 in Kraft ist. Die Überarbeitung soll die aktualisierten ICH-Guidelines zum Qualitätsrisikomanagement ICH Q9(R1) widerspiegeln und Schwankungen in Qualitätsergebnissen reduzieren.
Der Schwerpunkt der Änderungen liegt auf den folgenden Aspekten:
- Einbettung risikobasierter Entscheidungsfindung und Betonung wissenschaftlicher Begründungen und Verhältnismäßigkeit bei der Risikobewertung.
- Betonung der proaktiven Identifizierung von Herstellungsrisiken, um Engpässe zu vermeiden und Schwachstellen in der Lieferkette zu mindern.
- Präzisierung der Anforderungen an die Überprüfung der Produktqualität, insbesondere in Bezug auf Produktgruppierungen und Situationen, in denen während des Überprüfungszeitraums nur eine begrenzte Anzahl von Chargen hergestellt wurde.
Eine Stellungnahme zum vorläufigen Entwurf ist noch bis zum 3. Dezember 2025 möglich.
Aktualisierung von Kapitel 4 der GMP-Leitlinien: Update der Vorgaben zu Dokumentation, Computer-gestützte Systeme und dem Einsatz Künstlicher Intelligenz
In einem parallelen Prozess arbeitet die Europäische Kommission an einer Anpassung von Kapitel 4 (Dokumentation), Annex 11 (Computer-gestützte Systeme) sowie an der Einführung eines neuen Annexes 22 zur Künstlichen Intelligenz („KI“).
Die Aktualisierung dieser Teile der GMP-Leitlinien spiegeln den Fortschritt digitaler Technologien wider, insbesondere der zunehmenden Implementierung von KI-Systemen im Rahmen der Arzneimittelherstellung. Die Änderungen zielen darauf ab, Innovationen in der Arzneimittelherstellung zu unterstützen und Rechtsvorschriften zu harmonisieren.
Aktualisierung von Kapitel 4 der GMP-Leitlinien – Dokumentation
Der vorläufige Entwurf des neuen Kapitel 4 der GMP-Leitlinien hebt die Bedeutung der Dokumentation für die Einhaltung der GMP-Vorgaben hervor und unterstützt den Einsatz neuer Technologien, hybrider Lösungen und neuer Dienste für das Dokumentenmanagement.
Risikomanagementprinzipien werden in das Datenverwaltungssystem integriert, um die Genauigkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Lesbarkeit von Dokumenten in allen Formaten sicherzustellen. Die Unterlagen müssen unabhängig von ihrer Formatierung während ihres gesamten Lebenszyklus vollständig und lesbar bleiben. Auch die Anforderungen an die Verwaltung elektronischer Aufzeichnungen, Signaturen und der Datenintegrität werden präzisiert.
Aktualisierung von Annex 11 der GMP-Leitlinien – Computer-gestützte Systeme
Der vorläufige Entwurf von Annex 11 der GMP-Leitlinien verschärft die Anforderungen an das Management von Computer-gestützten Systemen und schreibt die umfassende Anwendung der Grundsätze des Qualitätsrisikomanagements in allen Phasen vor. Insbesondere sind strengere Bestimmungen für folgende Bereiche vorgesehen:
- Definition und laufende Pflege von Systemanforderungen.
- Überwachung von Lieferanten und externen Dienstleistern.
- Kontrollen in Bezug auf die Gewährleistung der Datenintegrität, Prüfpfade, elektronische Signaturen und die Systemsicherheit.
Neuer Annex 22 der GMP-Leitlinien – Künstliche Intelligenz
Ein neuer Annex 22 der GMP-Leitlinien soll den Einsatz von KI bei der Herstellung von Wirkstoffen und Arzneimitteln regeln, insbesondere soweit es die Auswahl, Schulung und Validierung von KI-Modellen betrifft.
Der neue Annex 22 soll insbesondere die folgenden Qualitätsaspekte von KI-Systemen umfassen:
- Definition und Dokumentation des Verwendungszwecks des verwendeten KI-Modells.
- Festlegung von Prüfkennzahlen und Akzeptanzkriterien zur Überwachung der Leistung des KI-Modells.
- Angemessene Auswahl von Modelltrainingsdaten.
- Überwachung von KI-Systemen.
Die anstehenden Änderungen der GMP-Leitlinien sind ein notwendiger Schritt, um den rasanten technischen Wandel in der Arzneimittelherstellung unter Qualitätsaspekten zu regulieren. Wie die vorgeschlagenen Anpassungen von den Anwendern im Detail aufgenommen werden, bleibt abzuwarten, sodass Änderungen der besprochenen Entwürfe im Verlauf des Konsultationsprozesses möglich und auch zu erwarten sind. Dennoch sollten sich die Anwender der GMP-Leitlinien bereits jetzt intensiv mit den geplanten Änderungen vertraut machen, um ihre Prozesse auf die Umstellung frühzeitig vorbereiten zu können.