13.11.2018Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht / M&A November 2018

Haftung des Liquidators einer GmbH

BGH, Urteil vom 13.3.2018 – II ZR 158/16

Der BGH hat kürzlich klargestellt, dass der Liquidator einer GmbH, der bei der Verteilung des Gesellschaftsvermögens an die Gesellschafter eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Gläubiger unberücksichtigt lässt, diesem gegenüber unmittelbar haftet.

Sachverhalt

Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhallt zugrunde: Der Beklagte war Liquidator und Alleingesellschafter sowie Geschäftsführer einer GmbH. Die Klägerin erbrachte im Jahr 2010 für die in Liquidation befindliche Gesellschaft verschiedene Steuerberaterleistungen. Mitte 2010 beschloss der Beklagte die Auflösung der Gesellschaft. Kurz darauf wurde die Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister eingetragen. Die Löschung erfolgte Anfang 2011. Die Klägerin stellte der aufgelösten Gesellschaft im Juni 2012 einen noch ausstehenden Betrag für erbrachte Leistungen in Rechnung. Dieser war bei der Liquidation und vor Verteilung des Vermögens der GmbH unberücksichtigt geblieben.

Prozessgeschichte

Mangels Forderungsbegleichung klagte die Klägerin erfolgreich die Bezahlung der ausstehenden Forderung vor dem AG Waldshut-Tiengen ein. Die gegen das bestätigende Berufungsurteil (LG Waldshut-Tiengen, Urteil vom 17. Mai 2016) beim BGH eingelegte Revision hatte keinen Erfolg. Der BGH hat den Zahlungsanspruch der Klägerin ausdrücklich bestätigt.

Kein Schutzgesetzcharakter des § 73 Abs. 3 GmbHG

Der BGH stellt zunächst klar, dass der Liquidator unmittelbar den Gläubigern gegenüber nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 73 Abs. 3 GmbHG haftet. Gegen eine Qualifizierung des § 73 Abs. 3 GmbHG als Schutzgesetz spricht nach Ansicht des BGH sowohl der Wille des historischen Gesetzgebers, als auch der Gesetzeszweck der Norm. Denn diese Haftungsnorm sei ausdrücklich als reine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft – vergleichbar mit den Kapitalerhaltungsvorschriften in §§ 30, 31 GmbHG – ausgestaltet.

Analoge Anwendung der §§ 268 Abs. 2, 93 Abs. 5 AktG

Der BGH führt sodann aus, dass Gläubiger einer bereits aufgelösten Gesellschaft gleichwohl nicht recht- bzw. schutzlos gestellt seien. Denn eine Haftung des Liquidators ergebe sich aus einer analogen Anwendung der aktienrechtlichen Kapitalschutzvorschriften in §§ 268 Abs. 2, 93 Abs. 5 AktG. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung dieser Norm sind nach Auffassung des BGH vollständig gegeben.

Planwidrige Regelungslücke

  • Eine planwidrige Regelungslücke liege insofern vor, als das GmbHG keine gesetzliche Anspruchsgrundlage für eine unmittelbare Haftung eines Liquidators gegenüber den Gläubigern enthalte.

Vergleichbare Interessenlage

  • Eine vergleichbare Interessenlage bestehe ebenfalls, da kein Grund für ein unterschiedliches Schutzniveau von Gläubigern einer AG einerseits und einer GmbH andererseits ersichtlich sei.

Vereinfachte Gläubigerbefriedigung

Der BGH stellt klar, dass der Direktanspruch der Gläubiger gegen den Liquidator jedenfalls dann nicht subsidiär hinter der Innenhaftung nach § 73 Abs. 3 GmbH zurücktrete, wenn die Löschung der GmbH aus dem Handelsregister bereits erfolgt sei. Denn dies würde der seitens des BGH beabsichtigten vereinfachten Gläubigerbefriedigung widersprechen. Aus denselben Erwägungen könne der jeweilige Gläubiger auch unmittelbar Zahlung an sich selbst verlangen. Er sei nicht darauf beschränkt Zahlung zunächst an die Gesellschaft zu fordern.

Fazit

Die Gewährung eines eigenen Anspruchs der Gläubiger analog §§ 268 Abs. 2, 93 Abs. 5 GmbHG hat eine vereinfachte Gläubigerbefriedigung auch im Recht der GmbH zum Ziel. Sie sichert einen effektiven Rechtsschutz nach erfolgter Löschung einer GmbH aus dem Handelsregister. Ziel eines solchen Direktklagerechts ist nach Auffassung des BGH die Befriedigung des ursprünglich gegen die Gesellschaft gerichteten Anspruchs. Die Gläubiger sollen auf diese Weise so gestellt werden, als hätten sie bereits einen Titel gegen die Gesellschaft erwirkt und den Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Liquidator nach § 73 Abs. 3 GmbH bereits gepfändet und zur Einziehung überwiesen bekommen. Dies wäre auch ohne analoge Anwendung der aktienrechtlichen Kapitalschutzvorschriften erforderlich.

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