13.01.2016Fachbeitrag

Update Energie 008

Neuerungen im Energierecht – das bringt das Jahr 2016!

Das Energierecht kommt nicht zur Ruhe: Schon jetzt ist absehbar, dass das Jahr 2016 umfangreiche Rechtsänderungen im Bereich der Strom- und Gasversorgung bringen wird. Dabei stehen die Themen Energiewende und Versorgungssicherheit im Mittelpunkt der gesetzgeberischen Aktivitäten.

I. Strommarktgesetz

Das ambitionierteste energierechtliche Projekt der Bundesregierung im Jahr 2016 wird sicherlich das Strommarktgesetz, welches die ausreichende Vorhaltung von konventionellen Kraftwerken in den kommenden Jahren gewährleisten soll. Das Mantelgesetz sieht umfangreiche Änderungen für das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sowie die Reservekraftwerksverordnung vor.

Mit dem Gesetz soll ein neuer Ordnungsrahmen geschaffen werden, um die erneuerbaren Energien in den Strommarkt zu integrieren und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Nach jahrelangen kontroversen Diskussionen in Politik und Wirtschaft hat sich die Bundesregierung damit gegen die Einführung von Kapazitätsmärkten (mit allgemeinen Prämien für die Vorhaltung von Kraftwerksleistung) entschieden. Stattdessen sollen nun verschiedene Einzelmaßnahmen den bestehenden sog. Energy-only-Markt (in dem grundsätzlich nur die Lieferung von elektrischer Arbeit vergütet wird) stärken. Ein Weißbuch des BMWi erläutert den Hintergrund dieser Entscheidung.

Der Kabinettbeschluss vom 4. November 2015 sieht u.a. folgende Maßnahmen vor:

1. Konventionelle Erzeugungsreserven

  • Die Einführung einer Kapazitätsreserve, um die Versorgungssicherheit auch bei nicht vorhersehbaren Ereignissen zu gewährleisten. Die Kraftwerke werden außerhalb der Strommärkte vorgehalten und von den Übertragungsnetzbetreibern nur eingesetzt, wenn sämtliche marktbasierte Optionen im Stromhandel ausgeschöpft worden sind;
  • Sicherheitsbereitschaft von Braunkohlekraftwerken: Ein Teil der deutschen Braunkohlekraftwerke wird ab dem Jahr 2016 schrittweise aus dem Markt genommen und vorläufig stillgelegt; diese Anlagen stehen danach vier Jahre als zusätzliche Absicherung der Stromversorgung bereit. Erst danach werden sie endgültig stillgelegt;
  • Verlängerung der Netzreserve über 2017 hinaus, um Netzengpässe auszugleichen;

2. Strommarkt

  • Gesetzliche Verankerung eines Grundsatzes der freien Preisbildung am Strommarkt;
  • Höhere, verursachungsgerechte Kosten für Bilanzkreisabweichungen: Stromversorger und -händler sowie andere Bilanzkreisverantwortliche sollen angehalten werden, zeit- und bedarfsgerecht Strom einzukaufen;

3. Netze

  • Abschaffung der Vergütung für vermiedene Netzentgelte für ab 2021 neu errichtete Erzeugungsanlagen;
  • Geringerer Netzausbau für erneuerbare Energien; künftig müssen die Netze nicht mehr für die Erzeugungsspitzen aus Wind- und PV-Anlagen („letzte Kilowattstunde“) erweitert werden;

4. Überwachung

  •  Einführung einer nationalen Informationsplattform sowie eines zentralen Marktstammdatenregisters und
  • ein verstärktes Monitoring der Versorgungssicherheit unter Berücksichtigung des europäischen Binnenmarktes.

Das Gesetzgebungsverfahren für das Strommarktgesetz soll im Frühjahr 2016 abgeschlossen werden.

II. Messstellenbetriebsgesetz

Eng verbunden mit dem Strommarktgesetz ist das Artikelgesetz zur Digitalisierung der Energiewende, welches u.a. die Messzugangsverordnung durch das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) ersetzt. Geregelt wird hierdurch:

  • die Vorgabe technischer Mindestanforderungen an den Einsatz intelligenter Messsysteme („Smart Meter“);
  • die Regelung der zulässigen Datenkommunikation zur Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit in den Energienetzen und
  • die Regelung des Betriebs und der Ausstattung von Messstellen.

Zu dem Gesetz liegt ein Regierungsentwurf vom 4. November 2015 vor. Die Bundesregierung will das Gesetzgebungsverfahren im Mai 2016 beenden.

III. Maßnahmen zur Sicherheit der Gasversorgung

Das BMWi plant in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur und den Marktgebietsverantwortlichen Maßnahmen zur Steigerung der Sicherheit der Gasversorgung:

  • Marktgebietsverantwortlichen soll die Möglichkeit gegeben werden, zur Absicherung der Versorgungssicherheit ein höheres Volumen an langfristigen Regelenergieprodukten (als Stufe „MOL 4“ der Merit Order Liste) zu kontrahieren.
  • In den Versorgungsszenarien sollen ab 2016 regionale Extremszenarien – wie extreme Kälte zum Ende des Winters bei gleichzeitigen niedrigen Speicherfüllständen – stärker berücksichtigt werden.
  • Gleichzeitig soll großen Endverbrauchern die Möglichkeit gegeben werden, im Rahmen eines Demand-Side-Managements am Regelenergiemarkt teilzunehmen. Hierzu soll ein spezielles langfristiges Regelenergieprodukt ohne Vorhalteprämien eingeführt werden, welches nur im Falle eines Einsatzes vergütet wird.

Die Umsetzung soll ohne Gesetzesänderungen erfolgen. Nähere Informationen enthält ein Eckpunktepapier vom 16. Dezember 2015.

IV. EEG-Novelle 2016

Die EEG-Novelle 2016 soll die Ausschreibungen für Windenergieanlagen an Land und auf See (Offshore) sowie größere Solaranlagen regeln. Ab 2017 sollen die Fördersätze für neu in Betrieb genommene Erneuerbare-Energien-Anlagen grundsätzlich in einem wettbewerblichen Ausschreibungsverfahren ermittelt werden; Übergangsregelungen für die einzelnen Technologien werden gegenwärtig diskutiert. Grundlage für die Gesetzesänderung ist der im letzten Jahr begonnene Pilotversuch für Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Mit dem EEG 2016 befasst sich ein Eckpunktepapier vom 8. Dezember 2015.

V. Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes

Die Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) ist bereits am 1. Januar 2016 in Kraft getreten, das EU-Beihilfeverfahren soll Anfang 2016 abgeschlossen werden. Das neue KWKG erhöht das Fördervolumen für Kraft-Wärme-Kopplung und ändert die Fördersystematik grundlegend: Gefördert werden jetzt nur noch neue, modernisierte oder nachgerüstete KWK-Anlagen. Kohlebasierte Anlagen erhalten grundsätzlich keine Förderung mehr; für von Kohle- auf Gasbefeuerung umgestellte Kraftwerke ist hingegen ein Förderbonus vorgesehen. Des Weiteren sind Anlagen ab 100 kW installierter Leistung künftig zur Direktvermarktung des erzeugten Stroms verpflichtet.

VI. Energiedienstleistungsgesetz

Noch einmal hinzuweisen ist auf die bereits im letzten Jahr in § 8 ff. Energiedienstleistungsgesetz eingeführte Verpflichtung für Unternehmen (anwendbare Schwellenwerte ergeben sich aus der Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003) zur Durchführung von Energieaudits oder zur Umsetzung eines Energiemanagementsystems. Von der bußgeldbewährten Verpflichtung ausgenommen sind lediglich kleine und mittlere Unternehmen . Unternehmen mussten bereits bis zum 5. Dezember 2015 ein Energieaudit durchführen (bzw. mit der Einrichtung eines Energie- und Umweltmanagementsystems beginnen). Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) will die Einhaltung stichprobenartig überprüfen. Nähere Informationen zu der Verpflichtung enthält ein Merkblatt der BAFA

VII. Sonstige Änderungen

Folgende weitere Änderungen gibt es in den Bereichen Strom, Gas und Energieeffizienz:

1. Strom
Beim Netzausbau gilt künftig für die neu zu errichtenden „Stromautobahnen“ ein Vorrang der Erdverkabelung. Die Netzentwicklungspläne der Übertragungsnetzbetreiber und der Fernleitungsnetzbetreiber sind künftig nur noch alle zwei Jahre (statt bisher jährlich) zu erstellen. Dies regelt ein am 4. Dezember 2015 beschlossenes Gesetz.

2. Gas
Erwartet wird im nächsten Jahr die Festlegung für eine horizontale Kostenwälzung zwischen den Fernleitungsnetzbetreibern (HoKoWä), mit der eine neue Systematik für die Bestimmung von Ein- und Ausspeiseentgelten an den Entry/Exit-Punkten eingeführt wird. Ein Entwurf der Festlegung wurde im April 2015 veröffentlicht. Es wird mit einer weiteren Konsultation in diesem Jahr gerechnet.

3. Energieeffizienz
Anfang 2016 treten verschiedene Gesetzesänderungen in den Bereichen effiziente Gebäude und effiziente Produkte und Dienstleistungen in Kraft, die in einer Übersicht des BMWi zusammengefasst sind.

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